Voll Bock statt Burnout: Dieser Hamburger ist seit einem halben Jahrhundert Lehrer
Seine Liebe gilt den Vulkanen und er selbst strotzt ebenso vor Energie: Wolfgang Fraedrich ist seit fast 50 Jahren Lehrer. Viele Pädagogen schimpfen über Problemfälle und nervige Eltern und einige müssen frühzeitig mit Burnout aussteigen – solche Sorgen kannte Fraedrich nie. „Um es im Jargon meiner Schüler zu sagen: Ich hab einfach Bock auf den Job.“ Der Geologe hat sein ganz eigenes Erfolgsgeheimnis.
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Seine Liebe gilt den Vulkanen und er selbst strotzt ebenso vor Energie: Wolfgang Fraedrich ist seit fast 50 Jahren Lehrer. Viele Pädagogen schimpfen über Problemfälle und nervige Eltern und einige müssen frühzeitig mit Burnout aussteigen – solche Sorgen kannte Fraedrich nie. „Um es im Jargon meiner Schüler zu sagen: Ich hab einfach Bock auf den Job.“ Der Geologe hat sein ganz eigenes Erfolgsgeheimnis.
Gerade kommt Wolfgang Fraedrich mit seinem Geografie-Kurs von einer Malta-Reise zurück. Die 13 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Heidberg will er im nächsten Jahr erfolgreich zum Abitur führen. Mehr Jugendliche unterrichtet er aktuell aber nicht mehr. Fraedrich ist heute über einen Lehrauftrag an seiner Schule beschäftigt und damit einer von den Pensionären, die von ihren Einrichtungen bekniet werden, nicht völlig aufzuhören. „Und solange meine Schüler mich nicht als Fossil betrachten, passt das für mich.“
Wolfgang Fraedrich: Hamburger ist Lehrer seit 1974
Doch was ist das Geheimnis seines Erfolges? „Entscheidend ist, dass du mit der Zeit gehst. Du kannst nicht 35 bis 40 Jahre lang das gleiche Programm abspulen“, sagt der Gesteins-Liebhaber. „Und du must einfach Lust haben, dich mit deinen Schülern auseinanderzusetzen.“ Wer aber fachlich unsicher sei oder bei wem sich Schüler ungerecht behandelt fühlten, der habe es schwer. „Früher kamen nette Beschwerdeanrufe von Eltern, heute wenden sich Eltern auch gern sofort an die Schulleitung.“
Ein Vorteil ist sicherlich Routine. Und die hat Fraedrich, der 1974 als Student im 5. Semester mit einem Lehrauftrag am Gymnasium Lerchenfeld angefangen hat. „Jung musst du dir viel erarbeiten. Aber so nach fünf bis zehn Jahren gewinnst du Raum, um dich auch mit den Schülern selbst intensiver zu beschäftigen.“ Man werde einfach auch gelassener, „nur Trott darf nicht sein“, betont Fraedrich „du musst dich immer neu erfinden“.
Gymnasium Heidberg: Sie wollten den Pensionär behalten
Warum er von allen so geschätzt wird, liegt aber natürlich vor allem an seiner großen Fachkompetenz. Denn Fraedrich ist selbst von seiner „Materie“ nach wie vor am meisten begeistert. Geologie und Geografie sind absolut sein Ding. Der Vater von vier erwachsenen Töchtern und Söhnen hat schon Vulkane auf der ganzen Welt bereist und zum Teil auch erwandert und publiziert eine Fachzeitschrift namens „Geografie heute“.
Vor einigen Monaten hatte er für eine Schülergruppe Gelder im Rahmen eines Erasmus-Programms an Land gezogen und war mit ihnen in Island. Sie forschten zu Vulkanausbrüchen, dem Leben in heißen Quellen und zu Geothermie. Die gesamte Reise wurde über Fördermittel finanziert, so dass niemand zu Hause bleiben musste, weil in der Familie das Geld fehlt. Andere Lehrer und Lehrerinnen sind oft froh, wenn sie nach dem Unterricht nichts mehr von ihren Schülern und deren Eltern hören, das ging Fraedrich nie so. Deshalb macht er auch so gern Kursfahrten. Für manch anderen Pädagogen ein Horror.
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„Ich liebe alles, was man durch Reisen erfahren kann“, sagt der Weltenbummler, der schon auf Hawaii war, im Yellowstone Nationalpark (USA), aber auch in der Eifel und auf Helgoland. Über die deutsche Hochseeinsel hat er gerade ein Buch geschrieben (Felseninsel Helgoland) und wurde gebeten, dort demnächst auch Exkursionen zu leiten und Abendvorträge zu halten. Was Fraedrich gern macht, wenn er die Zeit findet. Denn er ist gerade auch Geschäftsführer des Schülerforschungszentrums (SFZ, Grindelallee) – eine Elternzeitvertretung.
Schulkarriere und mehr Geld haben den Lehrer nie gereizt
Schulkarriere und höheres Gehalt haben den Niendorfer nie gelockt. Obwohl er fast sein ganzes Berufsleben am Gymnasium Heidberg gearbeitet hat, ist er immer einfach Lehrer geblieben. „Ich konnte dort über die Jahre trotzdem viel bewegen“, sagt er. Ein Aufstieg auf der Karriereleiter hätte bedeutet, immer weniger Zeit für Unterricht und Schüler zu haben.
Zu seinen Zukunftsplänen nach der Schule gefragt, betont der passionierte Pädagoge nur eins: „Ich denke noch gar nicht übers Aufhören nach. Ich bin gesund und bleibe an der Schule und am SFZ, so lange es mir Spaß macht und die anderen nicht genervt von mir sind.“ Was soll man sagen: Der Mann ist einfach ein Vulkan!