Versuchter Mord nach Bade-Unfall – Beschuldigter: „Tat es für meinen Bruder”
Im Juni vergangenen Jahres verunglückte ein 15-Jähriger in der Elbe am Falkensteiner Ufer in Blankenese. Einen Tag später verletzte der Bruder des Ertrunkenen einen Freund (16), der ebenfalls beinahe vom Wasser mitgerissen wurde, mit Messerstichen in Harburg lebensgefährlich. Zum Prozessauftakt am Hamburger Landgericht gibt der 19 Jahre alte Beschuldigte an: „Ich wusste, was ich tat. Ich tat es für meinen Bruder.“ Er spricht von Blutrache.
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Im Juni vergangenen Jahres verunglückte ein 15-Jähriger in der Elbe am Falkensteiner Ufer in Blankenese. Einen Tag später verletzte der Bruder des Ertrunkenen einen Freund (16), der ebenfalls beinahe vom Wasser mitgerissen wurde, mit Messerstichen in Harburg lebensgefährlich. Zum Prozessauftakt am Hamburger Landgericht gibt der 19 Jahre alte Beschuldigte an: „Ich wusste, was ich tat. Ich tat es für meinen Bruder.“ Er spricht von Blutrache.
Selciuc S. – weißes T-Shirt, graue Hose – beteuert, dass er nicht krank sei und auch keine Stimmen während der Tat gehört habe, die ihm irgendwas befohlen hätten. „Diese Stimmen kamen erst danach. Im Gefängnis.“
Er habe Gedanken gehabt, sich das Leben zu nehmen. „Ich will nicht in eine Psychiatrie.“ Dann sagt er zum Richter: „Sie müssen mir glauben, dass ich ihn nicht töten wollte.“
Er schildert den Tattag, den 18. Juni 2021, so: Er habe in einem Internetcafé einen Anruf von seinem Vater bekommen, dass sein Bruder weg sei. Am gleichen Abend sei der Freund des Bruders zur Elternwohnung gekommen und hätte zuerst abgestritten, etwas über das Unglück am Falkensteiner Ufer zu wissen.
Hamburg: Versuchter Mord nach Bade-Unfall – Prozessauftakt
„Später kam er noch mal wieder, entschuldigte sich und sagte mir, er hätte ihn nicht retten können.“ Sein Bruder sei von der Flut einfach mitgerissen worden. Sie hätten sich nur abkühlen wollen. Am nächsten Morgen habe er einen Joint geraucht, erklärt der junge Beschuldigte, ein Messer genommen und sei zum Kalischerplatz in Harburg, wo er auf den 16-Jährigen Freund seines Bruders traf.
Der Jugendliche habe auf einer Bank gesessen, einen Döner gegessen und nicht trauernd gewirkt.
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Von hinten habe er dann zugestochen: „Ich dachte, ich hätte ihn nur einmal getroffen. Ich wollte ihn verletzen, nicht umbringen.“ Selciuc S. spricht von Blutrache und einer Tradition, die ihm das Recht gegeben hätte, sich für den Unfall seines Bruder zu rächen.
„Finden Sie, dass Sie das Richtige getan haben?“, fragt der Richter. „Damals dachte ich das, ja. Aber in Haft hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Ich weiß, dass es falsch war. Es tut mir leid.“
Unfall in Hamburg: 15-Jähriger ertrinkt in der Elbe
Die Staatsanwaltschaft wirft Selciuc S. versuchten Mord vor, geht aber davon aus, dass er wegen einer diagnostizierten Schizophrenie schuldunfähig war. Urteil Ende März.
Vor Verhandlungsbeginn war es zu einem ungewöhnlichem Hin und Her zwischen der Verteidigung und dem Vorsitzenden Richter gekommen, der Anträge auf Ausschluss der Öffentlichkeit abgelehnt hatte. Begründung: Über den Fall sei bereits überwiegend und überregional berichtet worden. Eine Stigmatisierung des Beschuldigten, auch im Falle einer Resozialisierung, sehe er nicht. Die Verteidigung wollte Zuschauer und Presse zumindest für die Teile seiner Einlassung ausschließen lassen, weil auch psychologische Aspekte offenbart würden.