Verkehrswende auf Pump? Mega-Minus bei Hochbahn und HVV
Die Hochbahn rutscht immer weiter ins Minus: Über 300 Millionen Euro erwartet das Unternehmen dieses Jahr als Defizit – vor vier Jahren waren es „nur“ 51 Millionen Euro gewesen. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Dachverband, dem Hamburger Verkehrsverbund. An allen Ecken und Enden fehlt Geld, trotzdem erfordert die geplante Mobilitätswende in Hamburg weitere Investitionen – ist das Mammut-Projekt von Verkehrssenator Anjes Tjarks in Gefahr?
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Die Hochbahn rutscht immer weiter ins Minus: Über 300 Millionen Euro erwartet das Unternehmen dieses Jahr als Defizit – vor vier Jahren waren es „nur“ 51 Millionen Euro. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Dachverband, dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV), bei dem vor allem das geplante 49-Euro-Ticket, aber auch die Corona-Krise in Millionenhöhe zu Buche schlagen. Geld fehlt an allen Ecken und Enden, trotzdem erfordert die geplante Mobilitätswende in Hamburg weitere Investitionen – ist das Mammut-Projekt von Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) in Gefahr?
Mitte November legte die Hochbahn eben diese Zahlen bei einer internen Sitzung auf den Tisch mit der Bitte um einen entsprechenden Finanzausgleich der Stadt. Ja, über diesen Punkt gebe es noch Gespräche, sagt Finanzbehörden-Sprecherin Imme Mäder der MOPO.
Das sind die Gründe für das Hochbahn Rekord-Defizit
Den Grund für das Rekord-Defizit nannte Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum bereits: Der Hamburg-Takt. Dieser sieht vor, dass allen Hamburgern bis 2030 innerhalb von fünf Minuten ein Verkehrsangebot zur Verfügung steht. Das bedeutet nicht nur mehr Buslinien, sondern auch eine höhere Taktung der U-Bahn. Letztere soll künftig auf den Linien U2 und U4 alle 100 Sekunden fahren, dazu braucht es neue Betriebssysteme. „Es ist ein politischer Beschluss, dass wir dafür mehr investieren“, sagte Kreienbaum damals zur MOPO.
Dazu kommen die E-Busse: Bis 2030 will das Unternehmen – genauso wie die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein – mit allen 1100 Bussen emissionsfrei unterwegs sein, bis jetzt wurden circa 120 Stück davon angeschafft. Dieses Ziel dürfte allerdings nicht gefährdet sein, immerhin übergab Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) Hamburg dafür im März den symbolischen Scheck vom Bund in Höhe von 160 Millionen Euro. „Das ist die bislang umfangreichste Förderung in Deutschland für den Ausbau der Elektromobilität im Nahverkehr“, hieß es.
So will die Hochbahn Mobilitätsprojekte finanzieren
Und die Hochbahn ist inzwischen auch ganz neue Wege gegangen, um sich Geld für zukünftige Mobilitätsprojekte zu sichern. Als erstes Verkehrsunternehmen in Deutschland gab sie im vergangenen Jahr einen „Green Bond“ heraus. Mit dieser Unternehmensanleihe hat sich die Hochbahn 500 Millionen Euro auf dem „grünen“ Kapitalmarkt von Anlegern beschafft. Das Interesse war groß, kein Wunder: Immerhin ist ein Unternehmen, hinter dem eine große Institution, wie hier die Stadt Hamburg, steht, sehr attraktiv.
Tiefer treffen die Verkehrsunternehmen sowohl die Folgen des Ukraine-Kriegs, der für erhöhte Energie- und Spritpreise sorgt, als auch die Corona-Krise. Verkehrssenator Tjarks kündigte an, dass die Hansestadt insgesamt 137 Millionen Euro an Corona-Ausgleich aufbringen muss, weil immer noch weniger Fahrgäste im HVV unterwegs sind. Dazu kommt das geplante 49-Euro-Ticket, das nicht nur der Bund, sondern auch die Länder mitfinanzieren müssen. Voraussichtlich wird Hamburg 86 Millionen Euro vom Bund bekommen, der Hamburger Anteil wird wohl höher sein.
Betonte Einigkeit in der Verkehrs- und Finanzbehörde
Gegenüber der MOPO geben sich Finanz- und Verkehrsbehörde betont einig: Es gebe gute, konstruktive Gespräche, um der Hochbahn zunächst für 2023 und anschließend für die Folgejahre einen verlässlichen Budgetrahmen zu geben. Die Rahmenbedingungen blieben herausfordernd, aber „im Ziel sind wir uns einig und wir werden auch einen guten Weg finden, um den Menschen weiterhin ein gutes und verlässliches ÖPNV-Angebot bieten zu können“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und Verkehrssenator Anjes Tjarks. Wie man sich dann tatsächlich einigen kann, wird wahrscheinlich Thema der nächsten Sondersitzung des Hochbahn-Finanzausschusses am 1. Dezember sein.