Verbrauchertäuschung? Gericht verdonnert Beiersdorf zu mehr Transparenz
Es ist nur ein winziger Aufdruck. Doch er sorgte für Zoff. „100 % klimaneutralisiert“ heißt es auf drei Nivea-Produkten der Firma Beiersdorf. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sah das als Verbrauchertäuschung an – und zog vor Gericht. Jetzt kam es zum Vergleich. Und Beiersdorf muss nachbessern.
Es ist nur ein winziger Aufdruck. Doch er sorgte für Zoff. „100 % klimaneutralisiert“ heißt es auf drei Nivea-Produkten der Firma Beiersdorf. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sah das als Verbrauchertäuschung an – und zog vor Gericht. Jetzt kam es zum Vergleich. Und Beiersdorf muss nachbessern.
Der Aufkleber mit der umstrittenen Angabe klebt oben am Deckel des Nivea Duschgels Lemongrass & Oil. Auch auf dem Geschenkset Nivea Designbox Duscherlebnis und auf der Verpackung von Nivea Natural Balance Regenerierende Nachtpflege ist der Hinweis „100 % klimaneutralisiert“ zu lesen.
Klimaneutral? Deutsche Umwelthilfe leitet 21 Verfahren wegen „Irreführung“ ein
Für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist das eine klare Irreführung, da es sich nur um ein „vermeintlich klimaneutrales Produkt“ handelt. Beiersdorf sieht das anders. Schließlich verwende man gar nicht den Ausdruck „klimaneutral“, sondern „klimaneutralisiert“.

Den kleinen aber feinen Unterschied erklärt Sprecher Peter Stopfer so: „Klimaneutralisiert bedeutet, dass das Produkt nicht komplett emissionsfrei hergestellt wurde, sondern dass ein gewisser CO2-Fußabdruck bleibt“, so Stopfer. Dieser werde jedoch durch das Engagement von Beiersdorf für verschiedene Klimaschutzprojekte ausgeglichen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) brachte diese Spitzfindigkeit vor Gericht. Auch um Klarheit zu schaffen. Seit Mai 2022 hat die Organisation gegen insgesamt 21 Unternehmen juristische Verfahren eingeleitet und sie nach eigenen Angaben „aus verschiedenen Gründen zum Ausstieg aus der Werbung mit vermeintlicher ,Klimaneutralität‘ aufgefordert“.
Drogeriekette dm unterzeichnet Unterlassungserklärung
Dazu gehörte auch die Drogeriemarktkette dm, die am Mittwoch vor dem Landgericht Karlsruhe eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen der Nutzung des Begriffs „klimaneutral“ abgab und versprach, künftig auf die Bezeichnung zu verzichten.
Im Fall von Beiersdorf beanstandete das Gericht die unzureichende Auffindbarkeit von Informationen zu den Klimaschutzprojekten und forderte den Hamburger Konzern dazu auf, diese für die Verbraucher besser zugänglich zu machen. Beiersdorf unterzeichnete ebenfalls eine Unterlassungserklärung und versprach, in Zukunft durch Internetlinks und/oder QR-Codes unmittelbar auf Seiten zu verweisen, die Auskunft über die zur Kompensation verwendeten Projekte geben.
Laut Beiersdorf-Sprecher Peter Stopfer ist der Prozess längst im Gange. Man arbeite bereits seit 2022 daran, mehr Transparenz für die Verbraucher hinsichtlich des CO2-Fußabdrucks der Produkte herzustellen. Den Ausgang des Verfahrens wertet Beiersdorf als Erfolg. „Beiersdorf begrüßt die Einschätzung des Landgerichts Hamburg“, heißt es in einem Statement. Die Vorwürfe „der aktiven Irreführung von Seiten der Deutschen Umwelthilfe e.V. wurden vom Gericht klar zurückgewiesen“. Den Begriff „klimaneutralisiert“ werde man weiter verwenden.
Deutsche Umwelthilfe sieht Ausgang des Verfahrens als „Erfolg“
Die DUH wiederum wertet den Vergleich ebenso wie den mit dm ebenfalls als Erfolg: „Unsere Klagen wegen irreführender Klimaneutralitätsversprechen zeigen Wirkung: Noch während der Verhandlung haben sich sowohl Beiersdorf als auch dm dazu entschieden, Unterlassungserklärungen abzugeben“, erklärte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Während Beiersdorf nun bis Ende August seine Produktlabels ändern und sicherstellen müsse, dass die Verbraucher umfassend über die für die Klimakompensation verwendeten Projekte informiert werden, wolle dm komplett auf das Klimaneutralitätsversprechen verzichten.
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Resch forderte auch die Bundesregierung dazu auf, sich mehr für den Schutz von Verbrauchern einzusetzen. „EU-Kommission und EU-Parlament haben strengere Vorgaben zum Schutz vor Greenwashing mit vermeintlicher Klimaneutralität vorgeschlagen, denen die Bundesregierung im Rat folgen sollte“, so Resch. Bisher würden die zuständigen Ministerien nicht erkennen lassen, dass sie diese Ziele ernst nähmen.