Nazi-Zentrale, US-Konsulat, Ladenhüter: Warum keiner dieses Prachtstück kaufen will
Die Lage ist top, der herrliche Alsterblick unverbaubar und das Gebäude nun wirklich repräsentativ: Gemeint ist das ehemalige US-Generalkonsulat am Alsterufer 27 in Rotherbaum. Seit einem halben Jahr wird die Immobilie nun schon von der US-Regierung angeboten. Doch niemand möchte das „Kleine Weiße Haus“ kaufen. Vielleicht liegt es am stolzen Preis ...
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Die Lage ist top, der herrliche Alsterblick unverbaubar und das Gebäude nun wirklich repräsentativ: Gemeint ist das ehemalige US-Generalkonsulat am Alsterufer 27 in Rotherbaum. Seit einem halben Jahr wird die Immobilie nun schon von der US-Regierung angeboten. Doch niemand möchte das „Kleine Weiße Haus“ kaufen. Vielleicht liegt es am stolzen Preis: Die Rede ist von 15 bis 20 Millionen Euro.
1950 hatte die amerikanische Regierung die Immobilie bezogen und von 1951 bis 1955 um- und ausgebaut. Seitdem wurde nach MOPO-Informationen nicht allzu viel in den Unterhalt des Gebäudes gesteckt. Bis 2021 diente die Villa den Amerikanern als Generalkonsulat für Norddeutschland.
US-Außenministerium will Gebäude am Alsterufer verkaufen
Seit 2022 befindet sich die diplomatische Vertretung der USA in Hamburg im Hanseatic Trade Center an der Straße Kehrwieder in der HafenCity. Nach dem Umzug entschied sich das US-Außenministerium, das Gebäude am Alsterufer zu veräußern. Das „Department of State“ fährt seit Langem einen harten Sparkurs, schließt weltweit konsularische Vertretungen und veräußert Immobilien.
In Hamburg verläuft der geplante Verkauf nun sehr zäh, obwohl die US-Diplomaten das große Maklerbüro „Cushman & Wakefield“ eingeschaltet haben. Die Makler preisen die Immobilie wortreich an, sprechen davon, dass das Gebäude „im Inneren eine ganz besondere Atmosphäre atmet“. Das mag sein, aber insgesamt befindet sich das Objekt in einem mäßigen Zustand. Die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen wie Zäune und Wachhäuschen werden zwar von der Stadt entfernt, doch in die Immobilie selbst müssten laut Experten mindestens zehn Millionen Euro investiert werden.
Und auch wenn alles saniert ist, wird die Nutzung schwierig. Es gibt kaum Parkplätze auf dem 3600-Quadratmeter-Grundstück und einen Interessenten für eine gigantische Nutzfläche von rund 5200 Quadratmetern zu begeistern, ist auch nicht so einfach. Ein Privathaus dürfte wohl ausscheiden, für ein Luxushotel, welches sich rechnen soll, ist der Bau zu klein. Einem Ausbau setzt der Denkmalschutz enge Grenzen. Dazu kommt die aktuelle Immobilienkrise: Selbst Superreiche halten jetzt ihr Geld zusammen und scheuen jedes Risiko bei Investitionen.
Grüne wollen Dokumentationszentrum über NS-Diktatur
Dass die Stadt sich die Immobilie sichert, ist unwahrscheinlich. Die Grünen im Bezirk Eimsbüttel hatten das gefordert und vorgeschlagen, ein Dokumentationszentrum über die NS-Diktatur zu schaffen. Das würde historisch allerdings sehr gut passen, denn das Gebäude hat eine düstere Geschichte.
Das Objekt bestand ursprünglich aus zwei Villen. Hausnummer Alsterufer 27 wurde 1882 für den Kaufmann Gustav Michaelsen errichtet und Nummer 28 für den Geschäftsmann Julius Ree. Beide Gebäude waren durch einen Torbogen verbunden. Nach der Machtergreifung 1933 hatten die Nazis schnell ein Auge auf die Villen geworfen. Sie ließen beide Häuser baulich vereinigen und richteten hier 1934 das „Gauhaus“ als Sitz des Gauleiters Karl Kaufmann ein.
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Den Krieg überstand das Nazi-Hauptquartier ohne größere Schäden. Doch bei den Umbauarbeiten durch die Amerikaner wurde 1955 Brisantes entdeckt. Bauarbeiter legten sechs Betonsockel frei und diese enthielten je eine 30-Kilogramm-Sprengladung, die über Fernzünder hätte in die Luft gejagt werden können.