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Christian Olearius Warburg Bank
  • Christian Olearius (Archivbild von 2008).
  • Foto: picture alliance / dpa | Holger Hollemann

Hamburgs Cum-Ex-Banker gewinnt gegen „Süddeutsche Zeitung“

Im Zusammenhang mit dem „Cum-Ex“-Skandal beschäftigen Treffen führender SPD-Politiker mit einem Mitinhaber der Warburg-Bank die Öffentlichkeit. Die Gespräche wurden durch Medienberichte publik. Ein Gericht bemängelt die Berichterstattung jetzt erneut.

Im Rechtsstreit mit einem Miteigentümer der in den „Cum-Ex“-Skandal verwickelten Hamburger Warburg-Bank hat die „Süddeutsche Zeitung“ eine Niederlage vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht erlitten. Die in München erscheinende Zeitung hatte in ihrer Berichterstattung über den Finanzskandal Auszüge aus privaten Tagebüchern des Warburg-Mitinhabers Christian Olearius veröffentlicht. Dies war nicht rechtens, die Berufung der Zeitung gegen das erstinstanzliche Urteil werde weitgehend zurückgewiesen, erklärte der Vorsitzende des OLG-Senats, Claus Meyer, am Dienstag.

Cum-Ex-Skandal: Tagebuch-Zitate verboten

Die Tagebücher waren im März 2018 bei einer Durchsuchung von Privaträumen des Bankiers beschlagnahmt worden. Durch die Aufzeichnungen waren Treffen des damaligen Hamburger Bürgermeisters und heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) 2016 und 2017 mit dem Bankier bekannt geworden. Olearius hatte seine Persönlichkeitsrechte verletzt gesehen und gegen die Veröffentlichung geklagt. Das Landgericht Hamburg war dieser Ansicht im März vergangenen Jahres in erster Instanz gefolgt und hatte die Veröffentlichung von nicht freigegebenen Tagebuch-Passagen untersagt. Dagegen war die Zeitung in Berufung gegangen.


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„Bei den Tagebüchern des Klägers handelt es sich um amtliche Dokumente in einem Strafverfahren“, erklärte Richter Meyer. Aus diesen dürfe nicht wörtlich zitiert werden. Die Zeitung hätte dem öffentlichen Informationsinteresse auch ohne die Zitate genügen können. Etwas anderes gelte für jene Tagebuch-Passagen, die bereits öffentlich im Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft erörtert worden seien. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen ließ das OLG die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Die „Süddeutsche Zeitung“ will das Urteil nicht akzeptieren und in Revision gehen, kündigte ihr Prozessbevollmächtigter Martin Schippan an. Die veröffentlichten Tagebuchauszüge hätten nur am Rande etwas mit dem Strafverfahren gegen Olearius zu tun. Es sei der Zeitung darum gegangen, die mögliche Einflussnahme der Politik aufzudecken.

Sozialsphäre von Olearius wird geschützt

Er verwies ferner darauf, dass Olearius selbst der „Bild“-Zeitung einen Tagebuchauszug zur Veröffentlichung gegeben habe. „Dann muss er es auch hinnehmen, dass andere Auszüge, die ihm nicht genehm sind, veröffentlicht werden“, sagte Schippan. „Wir halten es für erforderlich, dass die veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen einen Bezug zu den gegenüber Herrn Olearius erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen haben müssen.“

Ein Gerichtssprecher erläuterte, der OLG-Senat habe festgestellt, dass die Persönlichkeitsrechte des Bankiers in diesem Fall verstärkt würden durch das Verbot, aus Strafakten wörtlich zu zitieren. Durch die Beschlagnahmung seien die Tagebücher zu amtlichen Dokumenten geworden. Das Verbot, aus noch nicht veröffentlichten Akten zu zitieren, diene der Funktionsfähigkeit der Justiz. Es schütze in diesem Fall aber auch die Sozialsphäre von Olearius.

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Zum Zeitpunkt der Treffen mit Scholz in den Jahren 2016 und 2017 war bereits gegen Olearius im Zusammenhang mit „Cum-Ex“-Geschäften ermittelt worden. Später hatte das Finanzamt mit Ablauf der Verjährungsfrist zunächst auf die Rückforderungen von zu Unrecht erstatteten Steuern in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Warburg-Bank verzichtet. Eine zweite Rückforderung in Höhe von 43 Millionen Euro war 2017 erst kurz vor Eintritt der Verjährung auf Anweisung des Bundesfinanzministeriums erhoben worden.

Christian Olearius verklagt Zeitungen

Bei „Cum-Ex“-Geschäften verschoben Finanzakteure große Aktienpakete rund um den Dividenden-Stichtag in einem schwer durchschaubaren System und ließen sich dann Steuern erstatten, die nie gezahlt wurden.

Erst kürzlich hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Scholz abgelehnt. Der Hamburger Strafrechtler Gerhard Strate hatte Anzeige gegen den Kanzler erstattet. Nach Ansicht der Anklagebehörde mangelt es an einem Anfangsverdacht. Der Vorwurf zur Beihilfe zur Steuerhinterziehung sei bereits ausermittelt worden, hieß es in einem Schreiben der Anklagebehörde an Strate.

Auch das NDR-Magazin „Panorama“ und „Zeit Online“ hatten im Februar 2020 Auszüge aus den Tagebüchern veröffentlicht. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ seien auch sie von Olearius verklagt worden und in erster Instanz unterlegen, erklärte ein Gerichtssprecher. Auch hier stünden Berufungsverfahren an; Termine dafür gebe es aber noch nicht, wie der Sprecher am Dienstag sagte. (dpa/se)

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