Verkorkste Kommunikation der Stadt: Das Problem mit der getrennten Inzidenz
Kaum eine Statistik findet derzeit so viel Anklang wie die wöchentlich veröffentlichte Sieben-Tage-Inzidenz differenziert nach Impfstatus. Das Ergebnis ist immer gleich: Die Ungeimpften tragen mit astronomischen Werten zur Pandemie bei, die Geimpften kommen auf nicht einmal dreistellige Werte – doch sie sind eigentlich nicht wirklich belastbar.
Auf den ersten Blick sind die Zahlen heftig: Zuletzt betrug die Sieben-Tage-Inzidenz bei Ungeimpften 898,2, während sie für Geimpfte lediglich mit 24,0 von der Sozialbehörde ausgewiesen wurde. Auch die MOPO publiziert die Zahlen regelmäßig. Dabei gibt es methodisch aber ein Problem.
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Kaum eine Statistik findet derzeit so viel Anklang wie die wöchentlich veröffentlichte Sieben-Tage-Inzidenz differenziert nach Impfstatus. Das Ergebnis ist immer gleich: Die Ungeimpften tragen mit astronomischen Werten zur Pandemie bei, die Geimpften kommen auf nicht einmal dreistellige Werte – doch sie sind eigentlich nicht wirklich belastbar.
Auf den ersten Blick sind die Zahlen heftig: Zuletzt betrug die Sieben-Tage-Inzidenz bei Ungeimpften 898,2, während sie für Geimpfte lediglich mit 24,0 von der Sozialbehörde ausgewiesen wurde. Auch die MOPO publiziert die Zahlen regelmäßig. Dabei gibt es methodisch aber ein Problem.
Getrennte Inzidenz methodisch fragwürdig
In die Statistik der Ungeimpften wird auch jede Person mit eingerechnet, bei der der Impfstatus gar nicht bekannt ist. Auf MOPO-Nachfrage heißt es aus der Sozialbehörde: „Zuletzt wurden in der KW 46 von den Gesundheitsämtern 4.090 Neuinfektionen erfasst. 719 Personen davon waren vollständig geimpft und daher der Gruppe der geimpften Personen zugeordnet. Der übrige Teil wird den Nicht-Impfdurchbrüchen zugerechnet – dazu gehören nicht geimpft, nicht vollständig geimpft, Impfstatus nicht erhoben oder nicht ermittelbar.“
Sozialbehörde will transparent gewesen sein – und ist es nicht
Aufzuschlüsseln, wie hoch der Anteil der Fälle ist bei denen die Behörde gar nicht weiß, ob eine Impfung vorliegt oder nicht, ist laut der Sprecherin Anja Segert nicht möglich – beziehungsweise die Zahlen lägen dafür nicht vor. „Die Gesundheitsämter sind aber in erster Linie auf die Mitwirkung der jeweils infizierten Person angewiesen“, wenn es darum ginge, zu erfahren, welchen Impfstatus der oder die Infizierte hat. Man weise aber immer transparent im Corona-Briefing darauf hin, wie in der veröffentlichten Statistik kategorisiert werde.
Das ist unwahr, dafür muss man nur das vergangene Corona-Briefing der Sozialbehörde lesen. Dort heißt es lediglich: „Unter den Ungeimpften bzw. nicht vollständig Geimpften liegt die Inzidenz bei 898,2”. Dass also dort auch jeder Fall mit eingerechnet wird, bei dem der Impfstatus überhaupt nicht geklärt wurde, steht dort mit keinem Wort.
Getrennte Inzidenz sorgte schon einmal für Diskussionen
Bereits im Sommer hatte es um die Berechnungsmethode der getrennten Inzidenz Diskussionen gegeben, als auch mit den Zahlen die Einführung des 2G-Optionsmodells begründet wurde. Damals ging es aber darum, welche Rechenmethode verwendet wird, um auf verlässliche Zahlen zu kommen.
Ebenfalls bemängelt wird, dass sich Geimpfte deutlich weniger testen lassen, so dass hier die Infizierten-Dunkelziffer höher liegt als bei Ungeimpften.
Geimpfte infizieren sich weniger als Ungeimpfte
Dass die Zahlen aber überhaupt nicht stimmen, ist ziemlich unwahrscheinlich – und das ist eigentlich das größte Ärgernis an der verkorksten Kommunikation der Stadt. Selbstverständlich schützt die Impfung merklich vor einer Infektion. Bislang kann zwar nicht genau quantifiziert werden wie sehr die Virusübertragung verhindert wird, die Impfung wirkt aber laut Studien signifikant.
„Darüber hinaus ist die Virusausscheidung bei Personen, die trotz Impfung eine SARS-CoV-2-Infektion haben, kürzer als bei ungeimpften Personen mit SARS-CoV-2-Infektion“, heißt es zudem vom RKI. Und spätestens auf der Intensivstation trennt sich dann der Geimpfte vom Ungeimpften. Erster landet dort meist nämlich gar nicht.