„Unsinn!“, „Unverschämtheit!“: Hitziger Anwohner-Streit um Parkplätze
Seit der Bezirkschef von Hamburg-Nord, Michael Werner-Boelz (Grüne), im vergangenen September Umbaupläne für zwei Straßen in Eppendorf und Hoheluft-Ost verkündete, reißen die Streitigkeiten nicht ab. Wie in vielen Innenstadtvierteln üblich, parken die Autos dort größtenteils quer zur Fahrbahn. Damit soll bald Schluss sein. Am Montagabend kochte die Stimmung so richtig hoch, es war laut, emotional und die Diskussion zwischen Anwohnern und Politiker dauerte bis spät in die Nacht. Es wurde sogar sehr persönlich.
Seit der Bezirkschef von Hamburg-Nord, Michael Werner-Boelz (Grüne), im vergangenen September Umbaupläne für zwei Straßen in Eppendorf und Hoheluft-Ost verkündete, reißen die Streitigkeiten nicht ab. Wie in vielen Innenstadtvierteln üblich, parken die Autos dort größtenteils quer zur Fahrbahn. Damit soll bald Schluss sein. Am Montagabend kochte die Stimmung so richtig hoch, es war laut, emotional und die Diskussion zwischen Anwohnern und Politiker dauerte bis spät in die Nacht. Es wurde sogar sehr persönlich.
Schon lange vor Beginn der Veranstaltung war der Große Sitzungssaal des Bezirksamtes bis auf den letzten Stuhl belegt, viele der circa 100 Besucher setzten sich notgedrungen auf den Boden. Stefan Riesle, Grünen-Politiker in Hamburg-Nord und Vorsitzender des an diesem Abend öffentlichen Regionalausschusses Eppendorf-Winterhude, musste die aufgeregte Meute öfter zur Ruhe rufen, ermahnte geduldig, wurde aber auch an einigen Stellen knallhart.
Husumer Straße: Hier soll nur noch längs geparkt werden
Auslöser dieser Sondersitzung? Die Zukunft des Abendrothswegs und der Husumer Straße. Letztere ist zu jeder Tageszeit von parkenden Autos geprägt. Mal in zweiter Reihe, mal direkt unter Halteverbotsschildern und oft auf dem Gehweg.
Damit soll – geht es nach dem Bezirk – bald Schluss sein: Die Autos, die derzeit quer zur Fahrbahn stehen – auch Senkrechtparken genannt –, sollen alternativ längs parken. Statt 259 Parkplätzen soll es nur noch 140 Stück geben. Denn das Senkrechtparken ist in der Husumer Straße gar nicht erlaubt – hat sich aber so durchgesetzt.
Ruhig und sachlich verliest Philip Engler, Mobilitätskoordinator des Bezirks, den derzeitigen Stand: Seit den ersten Planungen im September habe man noch einiges angepasst. Zum Beispiel sollen mehr Fahrradbügel und Poller gesetzt, sowie einige Sitzbänke aufgestellt werden.
Debatte um die Husumer Straße wird ziemlich hitzig
„Warum treffen wir uns heute Abend überhaupt?“, fragt Oliver Sender, der eine Petition gegen die Pläne gestartet hat, verständnislos. „Es wurde nichts geändert an den Parkplänen, die ja der Kern unserer Kritik sind!“ Nein, daran sei nichts geändert worden, bestätigt Engler. „Wir haben mehrere Möglichkeiten geprüft, darunter eine Einbahnstraße. Aber dadurch würde der Verkehr in andere Straßen umgeleitet und die Autos fahren ohne Gegenverkehr schneller.“
Vor allem Menschen mit Rollstuhl, mit Krücken oder Blindenhund hätten derzeit schlicht keinen Platz auf den Gehwegen. „Das ist Unsinn“, schwadroniert ein Anwohner. „Ich helfe Menschen im Rollstuhl immer gerne, mache Platz und schiebe sie auch, wo sie hin möchten. Aber deswegen müssen wir doch nicht alles umkrempeln.“ Joachim Becker von „Barrierefreies Hamburg“ erwidert, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun habe. „Menschen mit Mobilitätseinschränkung wollen sich auch frei bewegen können“, betont er.
Diskussionsbeiträge in der Sitzung werden absurder
Besonderes Aufsehen erreichte ausgerechnet der ehemalige Altonaer Bezirksamtsleiter Hinnerk Fock (FDP), der als Anwohner im Publikum saß. Mehrmals versuchte er, ans Mikrofon zu gehen und zu reden, bevor er aufgerufen wurde, immer wieder musste Riesle ihn zurückpfeifen. „So dürfen die Bürger nicht behandelt werden! Das ist eine Unverschämtheit!“, rief er aufgebracht, „wir fühlen uns wohl, wir kommen überall durch und wir sehen keinerlei Bedarf!“ „Typisch alter weißer Mann“, rief eine Frau zurück, worauf der Saal in Empörungsstürme ausbrach. „Diskriminierung!“, schallte es von den oberen Rängen.
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Dazu wurden die Diskussionsbeiträge mit fortgeschrittener Uhrzeit zunehmend absurder. Ein Anwohner klagte, dass wenn jetzt viele gezwungen seien, ihr Auto zu verkaufen und sich kein E-Auto zulegen wollten, ihr Geld lieber in Flugreisen steckten. „Das schadet dem Klima ja viel mehr!“, sagte er. Ungläubiges Kopfschütteln in den Reihen.
Anwohner beklagen: Die Mehrheit sei gegen das Projekt
Veränderung ja – aber bitte nicht so! Sie seien nicht ausreichend gehört worden, beklagen die Anwesenden. Die Mehrheit sei gegen das Projekt. „Sie sind vielleicht am lautesten, aber ob Sie die Mehrheit sind, wage ich zu bezweifeln“, kontert Werner-Boelz. „Ich bin für das Gemeinwohl verantwortlich, da gehören auch die Schwächsten dazu, auf die man Rücksicht zu nehmen hat.“

Eins wird klar: Einig wird sich hier so schnell keiner. Am Ende stimmt der Ausschuss noch über die Anträge der CDU ab, die einmal eine Alternative und einmal den generellen Stopp der Pläne fordern. Beide werden abgelehnt. Ein Antrag der SPD, das Querparken von der Innenbehörde prüfen zu lassen, findet hingegen Zustimmung.
Was heißt das jetzt? Der Umbau ist weiterhin für das erste Quartal 2023 geplant – und das begrüßen auch einige der Anwohner. „Ich denke, dass sich meine Lebensqualität dann eindeutig verbessert“, sagt eine junge Frau im Publikum. „Ich kann verstehen, dass viele erstmal abgeschreckt sind, aber wir müssen nun einmal an unseren Gewohnheiten etwas ändern.“