Und dann ließ er den sterbenden Biker einfach liegen
Der 29. März 2021, gegen 16 Uhr in Hamburg-Neugraben: Ein Autofahrer (67) und ein Motorradfahrer (62) sollen sich ein illegales Rennen geliefert haben. Die Geschwindigkeit: doppelt so schnell wie erlaubt. An einer Engstelle kommt es beinahe zur Kollision, der Autofahrer drängt den Biker offenbar ab. Der verliert die Kontrolle, prallt gegen einen Baum und einen Lichtmast. Was dann passiert, wird aktuell vor Gericht verhandelt – denn was die Staatsanwaltschaft dem Autofahrer konkret vorwirft, macht fassungslos.
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Der 29. März 2021, gegen 16 Uhr in Hamburg-Neugraben: Ein Autofahrer (67) und ein Motorradfahrer (62) sollen sich ein illegales Rennen geliefert haben. Die Geschwindigkeit: doppelt so schnell wie erlaubt. An einer Engstelle kommt es beinahe zur Kollision, der Autofahrer drängt den Biker offenbar ab. Der verliert die Kontrolle, prallt gegen einen Baum und einen Lichtmast. Was dann passiert, wird aktuell vor Gericht verhandelt – denn was die Staatsanwaltschaft dem Autofahrer konkret vorwirft, macht fassungslos.
Janusch B. trägt ein dunkles Hemd, eine schwarze Maske, die seinen Vollbart bedeckt, und Brille. Er sitzt die meiste Zeit gebeugt auf der Anklagebank. Als ihn der Staatsanwaltschaft fragt, ob er alles verstehe, antwortet er deutlich: „Ja, ich verstehe alles.“
Hamburg: Tödlicher Unfall am Süderelbebogen
Der 29. März 2021, gegen 16 Uhr: Laut Anklage fahren Autofahrer Janusch B. und der Motorradfahrer in den Süderelbebogen. Ein Video, das vor Gericht gezeigt wird, bestätigt das. Darauf zu sehen: Das Auto von Janosch B., ein Nissan Note, ist vor dem Abbiegen noch vor dem Motorrad. Dann soll der 62-Jährige beschleunigt und das Auto passiert haben. Auch B. beschleunigte offenbar; den weiteren Angaben nach sollen beide mehr als 100 km/h gefahren sein. Erlaubt waren dort 50.
Zeugen, die an diesem Dienstag vor Gericht gehört werden, berichten davon, dass sie gesehen haben wollen, wie der Motorradfahrer „ein gutes Stück, ungefähr eine Fahrzeuglänge“ vor dem Auto war, nur wenige Meter vor der Verengung, die zu dem Kreisel führt, an dem der tödliche Unfall geschah.
B. soll unmittelbar vor der Verengung beschleunigt haben und mit seinem Auto auf die rechte Spur, also auf die des Bikers, gefahren sein. Der 62-Jährige verlor die Kontrolle und prallte mit seiner Maschine gegen einen Baum und einen Lichtmast. B. soll nur kurz angehalten haben, dann um den am Boden liegenden und sterbenden Motorradfahrer herumgefahren und geflüchtet sein.
„Ich sah noch, wie der Biker kurz vor der Verengung einen Schulterblick gemacht hat“, sagt ein Zeuge aus. „In dem Moment gab aber auch der Autofahrer Gas.“ Besonders schnell sahen die Fahrzeuge für den Mann nicht aus – „trotzdem war die Situation gefährlich, weil kurz danach die Verengung kam“. Dazu heulten beide Motoren laut auf, erinnert er sich.
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Er könne nicht verstehen, so der Zeuge, wieso man einen Überholvorgang erzwingt. „Wenn ich sehe, dass jemand vor mir ist, lasse ich ihn einfach fahren.“ Er und seine Freundin hielten an, als sie es hinter sich krachten hörten. „Ich sah im Rückspiegel Teile durch die Luft fliegen. Dann hörte ich Schreie.“
Der Angeklagte bleibt still, nur sein Verteidiger stellt Fragen. Die Meinung und das Urteil eines Gutachters werden nicht – wie eigentlich angekündigt – gehört beziehungsweise verlesen. Der Richter entschuldigt den Gutachter und bezweifelt ohnehin, dass sein persönliches Erscheinen nötig sein wird. Der Prozess wird Anfang Oktober fortgesetzt.