Umweltverbände empört: Hamburg will Hafen-Modder vor Insel abladen
Das wird Ärger geben: Die Hamburger Hafenbehörde HPA hat am Dienstag eine Lösung für das heiß umkämpfte Schlick-Problem präsentiert. In einem 621 Seiten starken Papier wird die Verklappung des Modders aus der Elbe in die Nordsee vor Scharhörn als unbedenklich verteidigt. Die Umweltverbände laufen Sturm.
Bis zu vier Millionen Kubikmeter Schlick werden jedes Jahr aus der Elbe gebaggert, damit der Fluss für die großen Containerschiffe befahrbar bleibt. Die jüngste Elbvertiefung hat das Problem noch einmal verschärft. Bisher wurde der Matsch zur Insel Neßsand an der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein gebracht. Ein ziemlich nutzloses Unterfangen, denn die Flut spült die Massen binnen vier Wochen wieder zurück. Und die neuen Pläne der Stadt sind höchst umstritten.
Das wird Ärger geben: Die Hamburger Hafenbehörde HPA hat am Dienstag eine Lösung für das heiß umkämpfte Schlick-Problem präsentiert. In einem 621 Seiten starken Papier wird die Verklappung des Modders aus der Elbe in die Nordsee vor Scharhörn als unbedenklich verteidigt. Die Umweltverbände laufen Sturm. Folgt auf den Kampf um die Elbvertiefung jetzt der Schlick-Streit?
Bis zu vier Millionen Kubikmeter Schlick werden jedes Jahr aus der Elbe gebaggert, damit der Fluss für die großen Containerschiffe befahrbar bleibt. Die jüngste Elbvertiefung hat das Problem noch einmal verschärft. Bisher wurde der Matsch zur Insel Neßsand an der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein gebracht. Ein ziemlich nutzloses Unterfangen, denn die Flut spült die Massen binnen vier Wochen wieder zurück.
Hamburg will Hafenschlick vor Scharhörn verklappen
Auch die zweite Abladestation an der Tonne E3 in der Nordsee vor Helgoland ist keine Lösung, weil hier nur 1,5 Millionen Tonnen erlaubt sind. Zudem läuft der Vertrag mit Schleswig-Holstein Ende des Jahres aus und muss neu verhandelt werden.
Hamburg hat deshalb schon lange seinen unbewohnten Außenposten Scharhörn in der Deutschen Bucht im Visier. Sowohl der Bund als auch Niedersachsen hatten dagegen Bedenken geäußert. Mit der Vorlage des Untersuchungsberichts zur Eignung von Scharhörn als zusätzliche Abladestelle von maximal einer Million Tonnen Schlick will die HPA nun alle Zweifel aus dem Weg räumen.
HPA erklärt Abladestelle nahe des Wattenmeers für „ökologisch unbedenklich“
Scharhörn sei als „Verbringstelle ebenso sinnvoll, wie auch ökologisch unbedenklich“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung. Alle Prüfungen hätten gezeigt, „dass erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umweltschutzgüter, die Nationalparke Wattenmeer – aber auch auf Fischerei und Tourismus – sicher ausgeschlossen werden können“. Es seien keine spürbaren Auswirkungen auf die Wattflächen und die Fahrrinnen zur Insel Neuwerk zu erwarten.
In dem Ergebnisbericht wird zudem darauf hingewiesen, dass die untersuchte Stelle vor Scharhörn, die den Namen „Hamburger Außenelbe“ trägt, außerhalb des Nationalparks Wattenmeer und außerhalb der UNESCO-Welterbestätte liegt. Sie liege zudem fern von Vogelschutzgebieten oder geschützten Bereichen für Flora und Fauna. Durch die Strömung und damit verbundenen Umlagerungen seien „keine erheblichen Beeinträchtigungen“ zu erwarten.
Umweltverbände reagieren empört auf die Pläne
Die Behörde weist darauf hin, dass die Nachbarländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein informiert würden, die Maßnahme bedürfe jedoch keiner Genehmigung, da sie dem Bundeswasserstraßengesetz entspreche. Den Umweltverbänden wird vier Wochen Zeit gegeben, den Plänen zuzustimmen oder zu widersprechen. Danach könnte es schon losgehen. Auf einen genauen Zeitpunkt wollte sich die Behörde nicht festlegen.
Das „Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe“, zu dem BUND, NABU und WWF gehören, reagierte empört auf die Bekanntmachung. Das Bündnis forderte den Senat auf, die Pläne zur Schlickverklappung auf Eis zu legen.
„Das politische Urteil gegen das Wattenmeer scheint bereits gesprochen. Die Beteiligung kann nur noch eine Farce sein, denn eine rechtlich saubere Prüfung der Einwendungen mit einwandfreier Abwägung der Umweltbelange ist in dieser engen Vertaktung nicht möglich. Dort wo Seehunde und Schweinswale sowie Dutzende Fisch- und Vogelarten leben und zum Teil sehr seltene Tiere und Pflanzen zu Hause sind, will Hamburg seinen Baggerabfall ins Meer kippen“, heißt es in einer Stellungnahme der Umweltverbände.
Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe erwägt rechtliche Schritte
Aus Sicht der Verbände sind die Pläne für den Nationalpark eine Katastrophe. Hamburg nehme für seine Hafenwirtschaft nach der Elbvertiefung und den damit verbundenen Schäden für das Ökosystem der Tideelbe nun auch noch die „Gefährdung des Weltnaturerbes Wattenmeer billigend in Kauf“.
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Das Bündnis erklärte, den Plänen keinesfalls zustimmen zu wollen. Man wollte die wenn auch kurze Frist nutzen, um den Bericht der HPA sowohl fachlich als auch juristisch genau zu überprüfen und gegebenenfalls gerichtlich gegen die Pläne vorgehen. Zugleich rief das Bündnis Schleswig-Holstein und Niedersachsen zum Widerstand gegen die Verklappungspläne auf.
Naturschutzverein Jordsand sieht Gefahr für Insel Neuwerk
Auch der Naturschutzverein Jordsand kritisiert die HPA. „Durch das jahrzehntelange Umweltmonitoring an den bisherigen Verklappungsstellen von Elbschlick weiß man, dass die darin enthaltenen Schwebstoffe und Umweltgifte bereits für Bestandsrückgänge bei ohnehin schon vom Aussterben bedrohten Fischen und Seevögeln wie Stint und Flussseeschwalbe geführt haben und die Zugänglichkeit des Wattenmeers für den Naturtourismus erschweren“, erklärte Geschäftsführer Steffen Gruber. Zudem werde die Erreichbarkeit der Insel Neuwerk durch die Schlick-Verklappung akut gefährdet. Hamburg nehme die Schädigung von Natur und Menschen „billigend in Kauf“.
Tanja Schlampp von der Initiative „Wattenmeer-Schutz Cuxhaven“ erklärte: „Die Verklappungen unmittelbar am Weltnaturerbe Wattenmeer sind in Zeiten zunehmenden Umweltbewusstseins und europäischer Umweltgesetze in keinster Weise zu rechtfertigen.“
Die SPD-Fraktion in Hamburg dagegen begrüßte die Scharhörn-Option: „Für die Schifffahrt auf der Elbe ist ein sicheres Sedimentmanagement von allergrößter Bedeutung“, so der hafenpolitische Sprecher Markus Schreiber. „Die unökologische Sisyphusarbeit der Kreislaufbaggerei zwischen Hamburgs Hafen und Neßsand kommt damit zum Erliegen.“
Für die Grünen hat das Projekt „einen bitteren Beigeschmack“, wie die hafenpolitische Sprecherin Miriam Putz betonte. Die oppositionelle FDP mahnt zur Kooperation mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein: „Die HPA wäre gut beraten, sich an den Bund und die Nachbarländer zu wenden und mit ihnen eine gemeinsame Sedimentstrategie zu erarbeiten“, so der Landesvorsitzende Michael Kruse. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Götz Wiese, forderte, Senat und HPA müssten das Schlickproblem „endlich lösen“.