Umstrittene Hafenautobahn: Hamburger Grüne mit plötzlicher Kehrtwende
Es ist eins der größten, aber auch gleichzeitig eins der umstrittensten Verkehrsprojekte Hamburgs: Die A26-Ost, besser bekannt als „Hafenpassage“. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und den Grünen wurde die neue Trasse von der A7 zur A1 eigentlich fest vereinbart, doch jetzt stellen die Grünen das Projekt doch wieder in Frage und kritisieren das, was Hamburgs Umweltschützer bereits seit Jahren auf Zinne bringt. Welche Alternativvorschläge gibt es und könnte der Bau der Autobahn noch gestoppt werden?
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Es ist eins der größten, aber auch gleichzeitig eins der umstrittensten Verkehrsprojekte Hamburgs: Die A26-Ost, besser bekannt als „Hafenpassage“. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und den Grünen wurde die neue Trasse von der A7 zur A1 eigentlich fest vereinbart, doch jetzt stellen die Grünen das Projekt doch wieder in Frage und kritisieren das, was Hamburgs Umweltschützer bereits seit Jahren auf Zinne bringt. Welche Alternativvorschläge gibt es und könnte der Bau der Autobahn noch gestoppt werden?
„Als der Bau der Hafenpassage beschlossen wurde, war die Situation eine vollkommen andere als heute. Damals hoffte man auf eine Vervielfachung des Container- und Kfz-Verkehrs“, schreibt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dominik Lorenzen auf Facebook.
Ersteres sei nicht eingetroffen und das Mobilitätsverhalten der Menschen ändere sich. „Deshalb haben andere Projekte, wie der Ausbau der Hafenbahn und Haupthafenroute mit dem Köhlbrandtunnel, Priorität.“
A26-Ost: Grünen-Chef fordert Überprüfung der Autobahn-Pläne
Letzterer soll die marode Köhlbrandbrücke ersetzen und entsteht nur wenige Kilometer nördlich der A26. Kostenpunkt: drei bis vier Millionen Euro, die sich Hamburg und der Bund jeweils zur Hälfte teilen. „Für mich ist ganz klar: In diesen Zeiten darf nicht dogmatisch an überholten Konzepten festgehalten werden. Was wir brauchen, sind pragmatische Lösungen!“, fordert Lorenzen. Heißt so viel wie: Braucht es mit diesem Tunnel die A26-Ost überhaupt noch?
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Verläuft alles nach Plan, soll die 9,7 Kilometer lange Autobahn eine Querverbindung zwischen A1 und der A7 schaffen, um die Anbindung an den Hafen zu verbessern und den Schwerlastverkehr – vor allem auf der B73 – zu entlasten. Gegliedert wird die A26-Ost in drei Abschnitte: Der erste ist Moorburg, der zweite der Hafen und der dritte Wilhelmsburg.
Die Hamburger Umweltverbände Nabu und BUND setzen sich seit Jahren gegen den Bau ein. „Menschen nutzen Infrastruktur, die vorhanden ist. Wenn wir weiter Autobahnen neu- oder ausbauen, zementieren wir auf Jahrzehnte die Abhängigkeit vom Auto“, sagt BUND-Verkehrsreferentin Sabine Sommer. Zustimmung beim Nabu-Vorsitzenden Malte Siegert: „Wir brauchen eine echte Zeiten- und Verkehrswende und fordern, den Aus- und Neubau deutscher Fernstraßen umgehend zu stoppen.“
A26-Ost wurde im Koalitionsvertrag fest vereinbart
Die sogenannte Hafenquerspange war bei den Hamburger Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen im Jahr 2020 ein riesiger Streitpunkt. Die Grünen waren ursprünglich dagegen, einigten sich dann aber doch auf den Autobahn-Neubau.
Dass der Konflikt jetzt wieder hochkocht, liegt an einem neuen Beschluss der Bundes-Grünen, die sich über Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ärgern. Er lasse die Verkehrswende aus ihrer Sicht stocken. Die Partei pocht auf die Vereinbarungen im Ampel-Koalitionsvertrag und will „die bis 2030 vorgesehenen Ausbauten von Autobahnen und Bundesfernstraßen deutlich reduzieren.“
„Wir haben in der Ampel-Koalition vereinbart, den Bundesverkehrswegeplan nach Klima-Kriterien zu überarbeiten“, sagt der Hamburger Bundestagsabgeordnete Till Steffen (Grüne) der MOPO. Die A26-Ost sei der Bau, der pro Kilometer am meisten Geld koste und CO2 verursache. „Wir sollten uns davon verabschieden.“
SPD in Hamburg ärgert sich über Koalitionspartner
Verärgerung darüber bei der Hamburger SPD. „Wir brauchen die A26-Ost, das ist ganz klar. Genau das haben wir im Koalitionsvertrag festgehalten“, sagt Verkehrsexperte Ole Thorben Buschhüter der MOPO. „Sie wird den Verkehr bündeln, aus der Stadt herausführen und eine Entlastung für die Bundesstraße sein.“ Auch sein Fraktionsvorsitzender Dirk Kienscherf fordert von den Bundes-Grünen, keine „Phantomdebatte“ anzustoßen. „Wer den Wirtschaftsstandort Hamburg beschädigt, schadet auch dem Klimaschutz. Die A26-Ost und mögliche Alternativen sind gründlich geprüft worden.“
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Letztlich liegt es bei der Bundesregierung, über die mögliche Zukunft der A26-Ost zu entscheiden, inklusive dem 1,5 Kilometer langen Lärmschutztunnel in Wilhelmsburg-Süd sowie der 550 Meter langen und 50 Meter hohen neuen Brücke über die Süderelbe. 2031 soll das gesamte Projekt fertig sein, doch das wird immer unwahrscheinlicher. Erst kürzlich hatte der Senat eingeräumt, dass der erste Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Moorburg erst „im Laufe des Jahres 2023“ erwartet wird.