Ukrainische Hamburgerin: „Wir fühlen uns verraten”
Florina Malso kommt aus der Ukraine und lebt in Hamburg. Sie hat die Demonstration mit organisiert, bei der am Freitag tausende Menschen in der Hansestadt für Frieden auf die Straße gingen. Die MOPO hat mit ihr gesprochen, sie gefragt, was sie jetzt von der Politik erwartet – und welches Leid ihre Familie und Freunde erfahren.
MOPO: Frau Malso, wie geht es Ihrer Familie in der Ukraine jetzt?
Florina Malso: Meine Tante ist mit meiner Cousine in Odessa. Wir hatten das letzte Mal heute morgen Kontakt. Da war es ruhig, aber das kann sich jederzeit ändern. Sie haben Angst. Gestern war die Lebensmittelversorgung teilweise gestört. Die privaten Bäckereien haben zum Beispiel zu. Aber in den städtischen gibt es heute Brot.
- Deutsch (Deutschland)
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Florina Malso kommt aus der Ukraine und lebt in Hamburg. Sie hat die Demonstration mit organisiert, bei der am Freitag tausende Menschen in der Hansestadt für Frieden auf die Straße gingen. Die MOPO hat mit ihr gesprochen, sie gefragt, was sie jetzt von der Politik erwartet – und welches Leid ihre Familie und Freunde erfahren.
MOPO: Frau Malso, wie geht es Ihrer Familie in der Ukraine jetzt?
Florina Malso: Meine Tante ist mit meiner Cousine in Odessa. Wir hatten das letzte Mal heute morgen Kontakt. Da war es ruhig, aber das kann sich jederzeit ändern. Sie haben Angst. Gestern war die Lebensmittelversorgung teilweise gestört. Die privaten Bäckereien haben zum Beispiel zu. Aber in den städtischen gibt es heute Brot.
Wollen die beiden fliehen?
Meine 19-jährige Nichte ist nach Moldawien geflohen. Aber meine Tante ist 81 Jahre alt und kann nicht transportiert werden. Es wäre besser, wenn sie zumindest aus der Stadt raus in eins der kleineren Dörfer fliehen könnten. Ich mache mir große Sorgen. Wer weiß, wie lange Odessa noch Ukraine ist.
Sie haben auch Freunde in Kiew. Haben Sie noch Kontakt?
Ich bekomme Sprachnachrichten. Sie waren heute morgen noch zu Hause – da wollten sie noch bleiben. Einige Stunden später sagten sie, dass sie jetzt doch auf die Flucht sind. Sie haben einen 14-jährigen Jungen dabei. Sie sagen, dass es wirklich schlimm ist. Es gab massive Angriffe. Viele Ukrainer versuchen nun, in ein sicheres Land zu gelangen. Eine Freundin von mir versucht sich mit Bussen bis zur polnischen Grenze durchzuschlagen. Ich weiß nicht, ob sie es schafft.
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Wie halten Sie es aus, solche Nachrichten zu hören?
Ich versuche mich zu beschäftigen, sonst könnte ich nicht mehr funktionieren. Verschiedene ukrainische Organisationen haben hier einen Krisenstab gebildet, darunter unser Verein für deutsch-ukrainische Zusammenarbeit oder die ukrainische Samstagsschule. Wir sammeln Spendengelder für die Armee – besonders für die medizinische Versorgung. Und wir bereiten uns auf Geflüchtete vor. Wir glauben, dass die ersten spätestens Sonntag in Deutschland sind. Da die meisten kein Deutsch sprechen, werden wir beim Kontakt mit den Behörden helfen und organisieren auch private Unterkünfte.
Was ist Ihre wichtigste Forderung an die deutsche Politik?
Dass sie etwas unternimmt, um den Krieg jetzt zu stoppen. Sonst ist nicht nur die Ukraine an Russland verloren. Die Eroberungen werden in den nächsten Jahren weitergehen, daran habe ich keine Zweifel. Ich verstehe, dass die deutsche Politik diplomatische Gespräche führen wollte. Aber der Krieg ist das Ende dafür. Wir fordern Abwehrwaffen und harte Wirtschaftssanktionen, darunter den Stopp von jeglichem Handel mit Russland und die Sperrung im SWIFT-Zahlungssystem. Als wir heute morgen gehört haben, dass Deutschland das blockiert hat, haben wir uns verraten gefühlt. Das ist die einzige Rettung für unser Land.