Warum Moorburg jetzt doch wieder wichtig werden könnte
Aus Angst vor Gas-Engpässen wollen einige Politiker einen schnellen Ausstieg aus der Kohle-Verstromung jetzt lieber aufhalten. Auch Vattenfall hat den Rückbau des abgeschalteten Kraftwerks Moorburg vorübergehend gestoppt. Geht Norddeutschlands ehemals größte CO2-Schleuder etwa zurück ans Netz? Umweltschützer sind wenig begeistert ...
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Bremst der Ukraine-Krieg jetzt den Kohleausstieg? Aus Angst vor Gas-Engpässen wollen einige Politiker einen schnellen Ausstieg aus der Kohle-Verstromung jetzt lieber aufhalten. Auch Vattenfall hat den Rückbau des abgeschalteten Kraftwerks Moorburg vorübergehend gestoppt. Geht Norddeutschlands ehemals größte CO2-Schleuder etwa zurück ans Netz?
Eigentlich war es längst in trockenen Tüchern: Die Ampel-Koalition hatte ihn bis spätestens 2038 anvisiert, am liebsten wollte sie den Ausstieg aus der Kohle-Verstromung aber schon bis 2030 schaffen. Doch nun bringt der Ukraine-Krieg dieses Ziel ins Wanken. Aus Angst, dass Putin den Gashahn zudreht, wollen sich einige Politiker Energie-Alternativen wie die Kohlekraftwerke lieber offenhalten.
Angst vor Gas-Engpässen: Vattenfall stoppt Rückbau von Moorburg – vorerst
„55 Prozent des Erdgases in Deutschland, fast 100 Prozent in Ostdeutschland, kommen aus Russland“, sagte etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) der „Welt“. „In dieser Lage nun deutsche Kohlekraftwerke schnell abschalten zu wollen, halte ich für unverantwortlich.“
Auch in Hamburg ist die Diskussion um Kohlekraft neu entbrannt: Am Montag erklärte Vattenfall, die Vorbereitungen für den Rückbau des Steinkohlekraftwerks Moorburg bis Mitte des Monats gestoppt zu haben. Das Kraftwerk war vergangenes Jahr abgeschaltet worden und soll auf dem Gelände Platz für einen großen Elektrolyseur für grünen Wasserstoff machen. Nun wolle man die Situation bewerten und Optionen für ein Szenario offenhalten, „in dem die Gaslieferungen aus Russland nach Deutschland möglicherweise eingestellt werden“, sagte ein Sprecher.
BUND warnt: Moorburg darf nicht langfristig zurück ans Netz
Und tatsächlich hatte das Kraftwerk in Moorburg eine hohe Leistungskraft, die im Falle eines Engpasses helfen könnte: Die erzeugten 1600 Megawatt reichten für die Stromversorgung von ganz Hamburg in der Spitze – allerdings wurde der hier produzierte Strom nicht allein in der Hansestadt verbraucht, sondern ins deutsche Netz eingespeist.
Allerdings verpestet es dafür auch die Luft: Laut dem Umweltbundesamt verursachte es 2019 so viel CO2 wie etwa 2,2 Millionen Autos mit 13.900 Kilometern Fahrleistung im Jahr. Obwohl Moorburg eins der modernsten Kohlekraftwerke in Europa war und für dieselbe Leistung im Vergleich zu älteren weniger CO2 ausstieß, galt es immer noch als der größte CO2-Verursacher in Norddeutschland.
Das könnte Sie auch interessieren: Wegen Ukraine-Krieg: Hamburger Feuerwehr legt wichtiges Vorhaben auf Eis
„Langfristig darf Moorburg auf keinen Fall wieder in Betrieb gehen“, sagt Paul Schmid, Sprecher des BUND Hamburg daher zur MOPO. Wenn eine Versorgungslücke für einige Wochen ausgeglichen werde, sei das zwar verkraftbar. „Doch Vattenfall darf hier keine Kehrtwende vollziehen. Der Ausbau der regenerativen Energien und des Wasserstoff-Elektrolyseurs auf dem Gelände ist der richtige Weg.“
Moorburg: Vattenfall bleibt beim Kohleausstieg
Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Moorburg auch nur kurzfristig wieder in Betrieb geht, ist gering. „Um es klar zu sagen: Vattenfall hat keinerlei Pläne, Moorburg wieder in Betrieb zu nehmen, sondern arbeitet vielmehr weiterhin an der Vorbereitung des Rückbaus des Kraftwerks Moorburg. Wir stehen uneingeschränkt zum Kohleausstieg“, sagte ein Vattenfall-Sprecher auf MOPO-Nachfrage.
Auch die Planungen für die Wasserstoff-Erzeugung liefen unvermindert weiter. „Vattenfall hat nur einige wenige Maßnahmen, die den Rückbau des Kraftwerks vorbereiten, bis Mitte März zurückgestellt. Sollte keine Anfrage von der Bundesregierung bzw. der Bundesnetzagentur eingehen, wird Vattenfall die Vorbereitungen für den Rückbau wie geplant fortsetzen.“ Und eine solche Anfrage liegt bislang nicht vor.
Das könnte Sie auch interessieren: „Keine darf raus“: Hamburg legt Oligarchen-Yachten an die Kette!
Auch die Hamburger Umweltbehörde will das Kraftwerk weiterhin abgeschaltet sehen: Zwar sehe der Vorbereitungsstopp auf den ersten Blick nach einer nachvollziehbaren Vorsorgemaßnahme aus, so die Behördensprecherin zur MOPO. „Allerdings ist die gegenwärtige Abhängigkeit von russischen Energieimporten bei Steinkohle ähnlich hoch wie bei Erdgas. Insofern wäre eine Reaktivierung von Moorburg nicht unbedingt zielführend.“
Denn rund die Hälfte der in Deutschland verbrauchten Steinkohle kam 2021 aus Russland. Auch USA, Kolumbien und Australien sind wichtige Lieferanten. Durch eine längere Laufzeit der Kohlekraftwerke würde die Abhängigkeit von diesen Ländern noch weiter bestehen, argumentiert deshalb auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Auch um dem zu entkommen, müsse vor allem der Ausstieg aus den fossilen Energien vorangetrieben werden.