• Prof. Dr. Marylyn Addo ist Leiterin der Infektiologie am Uniklinikum Eppendorf.
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UKE-Professorin Addo: „Wenn die Pandemie zwei Jahre dauert, haben wir viel geschafft“

Die Infektiologin Marylyn Addo testet am UKE einen Impfstoff gegen das Corona-Virus. In einem Interview mit der „Zeit“ sprach sie über die aktuelle Lage und unser zukünftiges Leben mit der Pandemie.

Marylyn Addo leitet den Bereich Infektiologie am Uniklinikum Eppendorf. Vorher arbeitete sie 14 Jahre lang in den USA. Die Forscherin spielte eine zentrale Rolle bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Ebola. In Hamburg zählt sie zu den bekannten Gesichtern im Kampf gegen Corona und leitet eine Studie, bei der ein möglicher Corona-Impfstoff an Probanden getestet wird.

Ärztin überrascht über den frühzeitigen Anstieg der Infektionen

Aktuell steigen die Infektionszahlen deutschlandweit wieder anDas sei zwar keine Überraschung, verwunderlich sei es aber laut Addo, dass dies schon jetzt passiert. „Wir haben im späten Oktober oder November damit gerechnet, wenn es kalt wird und die Menschen wieder mehr Zeit drinnen verbringen. Aber der Anstieg ging schon los, als das Wetter noch super war“, erklärte sie der Zeit.

Deutschland ist gut für eine zweite Welle vorbereitet

Die Ärztin ist optimistisch, dass Deutschland gut durch den Herbst und Winter kommen wird. Deutschland sei durch die Erfahrungen mit der ersten Welle gut vorbereitet, um zukünftige Infektionssteigerungen bewältigen zu können: „Wir gehen mit einem kühlen Kopf in die nächste Runde.“

WHO rechnet damit, dass die Pandemie zwei Jahre dauert 

Sie appelliert an die Vernunft und Disziplin eines jeden, sich an die Maßnahmen zu halten. Bis die Pandemie überstanden ist, könnte es zwar noch dauern, doch der Stand wird sich im Laufe der Zeit verändern: „Ich denke öfter an die Spanische Grippe von 1918. Die hat zwei Jahre gedauert. Wenn die Covid-Pandemie auch zwei Jahre dauert, was etwa die WHO schätzt, haben wir schon ganz schön viel geschafft. Ich bin sicher, dass wir im April oder Mai nächsten Jahres in einer anderen Situation sein werden.“

Am UKE wird derzeit ein Vektorimpfstoff getestet

Am 9. Oktober wurde der erste Proband mit dem Impfstoff am UKE geimpft, mittlerweile wurde der Impfstoff insgesamt sieben Hamburgerverabreicht. Allen gehe es bisher gut, berichtet Addo. „Wir impfen die ersten 15 Probanden mit einer niedrigen Dosis und steigern die Dosis, wenn es keine Sicherheitsbedenken gibt.“ Sie hofft, noch in diesem Jahr in die zweite Phase der Forschung überzugehen und Anfang nächsten Jahres die Probanden rekrutieren zu können.

Wir müssen uns an die Pandemie gewöhnen

Bei dem Impfstoff handelt es sich um einen sogenannten Vektorimpfstoff. Hierbei wird ein Teil des Corona-Erbguts in ein abgeschwächtes Pockenvirus eingebaut, auf das das Immunsystem dann reagiert. Dank der Entwicklung des Ebola-Impfstoffes gab es in diesem Forschungsfeld viele Fortschritte, so dass man bei Corona nun so schnell vorankommt. Es sei jedoch möglich, dass auf die Impfstoffe, die gerade entwickelt werden, später noch  wirksamere folgen werden.

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Marylyn Addo sagte der „Zeit“ gegenüber, dass wir uns an Pandemien und auch an Corona gewöhnen müssen: „Das ist nicht unsere letzte Pandemie, und Sars-CoV-2 wird nicht das letzte Coronavirus sein, das wir erleben werden. Wir befinden uns in gewisser Weise in einem Test Case für die Zukunft. All die Daten, vor allem die Sicherheitsdaten, die gerade in klinischen Studien weltweit generiert werden, werden uns für die Zukunft helfen.“

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Um in Zukunft kontroverse und spaltende Debatten im Rahmen einer Pandemie zu verhindern, sei es ihrer Meinung nach nötig, den Umgang mit einer solchen Ausnahmesituation zu klären: „Ich glaube, wir müssen im Nachgang, wenn der Nebel sich gelegt hat, noch einmal beleuchten, wie in einer Pandemiesituation Informationen vermittelt werden sollten und wie die Beziehung zwischen Politik, Wissenschaft und Medien ist.“ (hns)

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