• Pfleger in Schutzausrüstung versorgen einen Covid-19-Patienten auf der Intensivstation (Symbolbild).
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„Übersterblichkeit“: Ist Corona viel tödlicher als bisher angenommen?

Erschreckende Zahlen: Vermutlich sind in Europa deutlich mehr Menschen an Corona verstorben als bisher angenommen. Darauf deutet die „Übersterblichkeit“ hin: Es sind viel mehr Tote zu beklagen, als statistisch zu erwarten gewesen wären. Aber nur ein Teil des Zuwachses ist offiziell durch Corona begründet.

„Einige Länder haben eine deutliche Übersterblichkeit“, so der Vizepräsident des Robert Koch-Instituts, Lars Schaade, am Freitag in Berlin, „so zum Beispiel Italien, Frankreich und Spanien. Sie war bereits Mitte und Ende März zu verzeichnen. Man sieht sie bei den über 65-Jährigen, aber auch bei den 15 bis 65-Jährigen“, so Schaade. Die Sterblichkeit liege auch „höher als bei Grippewellen.“ 

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Lars Schaade, Vizepräsident des Robert Koch-Instituts (RKI).

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Sterberate in Europa vor Ostern um 35 Prozent erhöht

Bezogen auf alle Altersgruppen in ganz Europa lag die Sterberate in der Woche vor Ostern (Kalenderwoche 15) um fast 35 Prozent höher als normal. Die Kurven zur Sterblichkeit in den europäischen Ländern sind auf der  Seite euromomo.eu wochenaktuell aufgeführt. Hier ist auch zu sehen, dass die Sterberate in Schweden „sehr stark“ angestiegen ist, während die Nachbarländer Norwegen und Finnland überhaupt keinen Anstieg verzeichnen. 

Corona in Spanien: Sterblichkeit 66 Prozent höher als normal

Die „New York Times“ hat die Sterblichkeitsraten von elf Ländern überprüft. Allein in den europäischen Ländern läge die Sterblichkeit seit der Ausbreitung von Corona 20-30 Prozent über dem jährlichen, historischen Durchschnitt. Ganz oben auf der Liste: Spanien mit einer Übersterblichkeit von 66 Prozent im Monat März im Vergleich zu den historischen Daten.

Laut „New York Times“ könnten mindestens 36.000 Menschen mehr an Covid-19 gestorben sein als die offiziellen Zahlen angeben, da in vielen Ländern nur die Menschen gezählt werden, die im Krankenhaus sterben.

Übersterblichkeit auch in Deutschland?

Ob auch Deutschland tausende unerkannte Corona-Tote zu beklagen hat, ist derzeit unklar, da es noch keine flächendeckende Erfassung von Daten gibt. Nur Hessen und Berlin haben bereits Zahlen gemeldet, die allerdings nicht auf eine erhöhte Sterblichkeitsrate hinweisen. Auch der Hamburger UKE-Gerichtsmediziner Klaus Püschel erklärte bereits Anfang April: „Ich bin überzeugt, dass sich die Corona-Sterblichkeit nicht mal als Peak in der Jahressterblichkeit bemerkbar machen wird.“

Corona:  Dramatische „Übersterblichkeit“ in Italien

Ein besonders dramatisches Beispiel der „Übersterblichkeit“ nennt der „Spiegel“ unter Berufung auf die italienische Statistikbehörde. Demnach sind in der Lombardei, einem der weltweiten Corona-Epizentren, in den vergangenen Wochen rund 21.300 Menschen gestorben. 13.000 mehr als der statistische Mittelwert.

Von diesen „überzähligen“ Toten sind aber nur rund die Hälfte als Corona-Opfer gezählt. Grund könnte die italienische Zählweise sein, die nur Corona-Opfer erfasst, die in Krankenhäusern verstorben sind.

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Beerdigung eines Corona-Opfers in Madrid.

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In New York City hingegen fließen sogar Verstorbene in die Corona-Statistik ein, bei denen nur der Verdacht besteht, sie könnten an dem Virus gelitten haben. Die Folge: Die in den vergangenen Wochen erheblich gestiegene Zahl von Toten lässt sich nahezu nahtlos durch Corona erklären.

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