• Remy Yaméogo macht sich Sorgen um die Zukunft seiner Crêperie.
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Überlebt mein Lieblingscafé Corona?: „Es sieht wirklich sehr schlecht bei uns aus“

Seit November müssen Hamburger Gastronomiebetriebe im Corona-Lockdown geschlossen bleiben. Wie geht es ihnen mittlerweile? Haben sie überhaupt eine Chance, die Corona-Pandemie wirtschaftlich zu überleben? Die MOPO-Redaktion hat mal bei ein paar ganz persönlichen Lieblingsplätzen nachgefragt. 

Verzweifelt warten Gastronomiebetriebe und der Einzelhandel darauf, ihre Läden wieder öffnen zu können. Doch die Hoffnung darauf wurde mit den neuen Beschlüssen in der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch zerschlagen. Um Lockerungen zu verkünden, sei jetzt nicht die Zeit, erklärte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Anschluss und verwies auf die unsichere Corona-Lage und Risiken durch Virusmutanten. Noch bis mindestens 7. März bleibt alles geschlossen – nur Friseure dürfen früher öffnen. 

Coronahilfen laufen nur zögerlich

Für die meisten Unternehmer bedeutet die Verlängerung des Lockdowns auch eine immer größer werdende Angst vor der Pleite. Die Corona-Hilfen laufen nur schleppend, unter anderem wegen der späten Bereitstellung der für die Auszahlung notwendigen Software, die durch den Bund zu verantworten ist.

Laut Senat hat Hamburg allein in den vergangenen zehn Monaten inklusive der steuerlichen Hilfen mehr als 5,5 Milliarden Euro an Corona-Hilfen geleistet. Weitere über 1,5 Milliarden Euro stehen an Landesmitteln in diesem Jahr zur Verfügung. Mittlerweile ist der überwiegende Teil der Novemberhilfen ausgezahlt und mit der Auszahlung der Dezemberhilfe begonnen worden.

Attraktivität der Innenstadt soll gesteigert werden

Und es gibt einen weiteren Hoffnungsschimmer: Der Bund hat für die seit geraumer Zeit angekündigte Überbrückungshilfe 3 eine Antragstellung ermöglicht und kurzfristige Abschlagszahlungen bis 100.000 Euro angekündigt. Zudem sollen sich Unternehmen, die einen Antrag auf Bundeshilfen im Rahmen der Überbrückungshilfen (November-/Dezember-/Überbrückungshilfen) gestellt haben und derzeit noch auf die Auszahlung warten, sich vertrauensvoll an ihre Hausbank in Hamburg wenden können, um etwaige Liquiditätsengpässe zu überbrücken.

Und auch in die Attraktivitätssteigerung der Innenstadt soll massiv investiert werden: So werden die Mittel für die Gestaltung und Aufwertung öffentlicher Plätze um rund 18 Millionen Euro aufgestockt. Zudem soll der Neustart für Aktivitäten in der City und Quartiere mit einem (aus Corona-Mitteln des Haushalts zu finanzierenden, einmaligen) Neustartfonds unterstützt werden. 

Aber ob das reicht, um die drohende Insolvenz einiger Gastronomiebetriebe abzuwenden? Wie ergeht es den Hamburger Cafés, Restaurants und Kneipen, die nunmehr seit fast 15 Wochen geschlossen sind? Die MOPO-Redaktion hat mal bei ein paar ganz persönlichen Lieblingsplätzen nachgefragt.  

Mohammad Hosseini, Betreiber vom Café „Moho’s“ in Rotherbaum

„Das Café ist seit dem 20. November geschlossen. Wir sind sehr von Studierenden abhängig. Ich könnte öffnen und to go machen, aber das lohnt sich nicht, weil gerade keine Studierenden da sind und her kommen würden. Die ganzen Studienanfänger haben nicht mal einen Tag hier an der Uni verbracht, kennen alles gar nicht und uns auch nicht.

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Mohammad Hosseini (35) hofft, dass sein Café es durch die Pandemie schafft.

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Ich warte gerade noch auf die Corona-Hilfe von Dezember. Unser Vermieter ist sehr kulant und wartet, bis das Geld da ist. Aber wenn der Vermieter jetzt sagt ‚Nein, ich warte nicht mehr‘, dann sehe ich schwarz! Der Start nach der Pandemie wird zwar schwierig sein, aber ich habe Hoffnung, dass der Laden es schafft.“

Svea Eßer

Tina Olufs, Betreiberin vom „Koch Kontor“ auf St. Pauli

„Das ‚Koch Kontor‘ ist eine Mischung aus Mittagstisch, Kochkursen und Veranstaltungen sowie einem Buchhandel für Kochbücher. Bezogen auf die Umsätze zeigt sich aber, dass die Gastronomie den Löwenanteil bringt. Das ‚Koch Kontor‘ wird vom Staat allerdings als Mischkonzept eingestuft, weil es knapp über 20 Prozent aus Kochbüchern erwirtschaftet. Deshalb besteht nicht die Möglichkeit, die Gastro-Hilfe zu beantragen.

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Tina Olufs würde für das „Koch Kontor“ gerne staatliche Hilfe beantragen können.

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Dementsprechend befinden wir uns nun auf Grund laufender Kosten und den anhaltenden Corona-Einschränkungen in einer finanziell schwierigen Situation.“

Kristian Meyer

Peter Kühn, Inhaber vom „Piccolo Paradiso“ in der Neustadt

„Uns trifft es sicherlich dramatisch, wir haben keine Einkünfte mehr, ebenso unsere Angestellten. Wir halten uns mit Kurzarbeit und Hartz IV über Wasser. Viele Angestellte suchen sich aber andere Jobs, die Angestellten fehlen dann, wenn wir wieder aufmachen sollten.

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„Piccolo Paradiso“-Inhaber Peter Kühn ist dankbar für die staatliche Unterstützung.

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Patrick Sun

Wenn wir öffnen dürfen, werden wir wieder Abstandsregeln haben, das bedeutet weniger Gäste, weniger Umsatz und weniger Gewinn. Kühlanalagen und Elektroanlagen leiden und müssen gewartet werden. Andererseits wollen wir immer weiter machen, denn als vegetarisches Bio-Restaurant wollen wir schließlich die Welt ein bisschen retten, es ist noch viel zu erledigen.“

Frederike Arns

Jani Angelidis, Wirt vom „Nostalgia bei Sotiris“ in Ottensen

„Im ersten Lockdown habe ich auf einen Abholservice gesetzt. Ich habe tolle Gäste, hatte viel Unterstützung im ersten Lockdown. Das hat mir die Angst genommen. Seit ich erneut schließen musste, ist es ruhiger geworden.

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Jani Angelidis vom „Nostalgia“ in Ottensen hofft, mit seinen Gästen bald wieder Ouzo trinken zu können.

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Florian Quandt

Ich freue mich darauf, mit den Leuten wieder Ouzo zu trinken. Ich weiß, dass wir noch lange durchhalten müssen. Im Moment lebt unsere Familie von den Rücklagen. Wenn die Hilfen wie versprochen kommen, dann werden wir es schaffen. Irgendwann wird das alte Flair wieder kommen.“

Julian König

Heiko Fehrs, Inhaber vom „Café Luise“ in Fuhlsbüttel und Winterhude

„Wir haben echt Glück, dass wir zusätzlich zu dem Café noch eine Bäckerei haben. Davon können wir unsere Rechnungen bezahlen. Das Café in Fuhlsbüttel und der Cafébereich in Winterhude sind komplett geschlossen. Die Köche und Bedienungen sind in Kurzarbeit. Auf die staatlichen Hilfen mussten wir lange warten, die sind jetzt aber angekommen.

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Heiko Fehrs ist froh, dass er neben dem geschlossenen Café noch die Bäckerei am Laufen halten kann.

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hfr

Auch wenn wir das Café wieder öffnen dürften, würden die Leuten nicht wie vorher dorthin gehen. Es gebe wieder Auflagen von einer gewissen Prozentzahl der Tische, die belegt sein dürfen und das lohnt sich einfach nicht. Selbst als wir 2020 aufmachen durften, haben wir mit dem Café nicht so viel verdient. Vor Corona lief das alles super.“

Marina Höfker

Mohsen Saeidimadani, Betreiber von „Diggi Smalls“ in Rotherbaum

„Unsere Einnahmen sind auf keinen Fall mit denen vor der Corona-Pandemie zu vergleichen. Wir haben aber direkt am Anfang darauf reagiert und zum Beispiel unseren Lieferdienst erweitert. Unsere Community, die wir in den letzten zwei Jahren aufgebaut haben, unterstützt uns auch sehr.

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Mohsen Saeidimadani (r.) und sein Partner Yücel Kilic betreiben das „Diggi Smalls“ in Rotherbaum.

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hfr

Wir sind den Umständen entsprechend zufrieden, obwohl natürlich eine Menge an Einnahmen fehlt. Staatliche Hilfen haben wir teilweise ausgezahlt bekommen, die Dezember-Hilfe fehlt noch. Viele Sachen wie Catering auf Veranstaltungen können wir gar nicht machen. Trotzdem waren und bleiben wir optimistisch und machen immer weiter.“

Annalena Barnickel

Remy Yaméogo, Betreiber der Crêperie „Monsieur Rémi“ in Eimsbüttel

„Es sieht wirklich sehr, sehr schlecht bei uns aus. Wir bieten zwar die Crêpes zum Take Away an, aber Crêpes kann man nur sehr schlecht zu Hause in der Mikrowelle wieder aufwärmen. Die Leute wollen das gleich essen, deshalb läuft das nicht so gut zurzeit. Ich bin richtig tief im Minus.

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Remy Yaméogo macht sich Sorgen um die Zukunft seiner Crêperie.

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hfr

Die Unterstützung für November haben wir zwar bekommen, die für Dezember steht aber noch aus. Meine Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Ich schaffe noch einen Monat. Aber es wird sehr schwierig.“

Annalena Barnickel

Ernst-Wilhelm und Felicitas Klewinghaus, die Betreiber des Spitzenrestaurants „La Fée“ am Hofweg

„Wie es uns geht? Super! Ehrlich. Jahrelang haben wir zwei nie Urlaub gemacht, immer nur gearbeitet. Und da haben wir diese Corona-Wochen genutzt, um mal wieder ein bisschen die Partnerschaft zu pflegen. Die staatlichen Hilfe sind inzwischen da. Da können wir wirklich nicht meckern. Und ein bisschen was verdienen wir ja über den Außer-Haus-Verkauf – immer von Dienstag bis Sonntag zwischen 15 bis 20 Uhr. In der übrigen Zeit bauen wir unser Lokal um.

„La Fée“ am Hofweg Hamburg

Ernst-Wilhelm und Felicitas Klewinghaus, die Betreiber des Spitzenrestaurants „La Fée“ am Hofweg.

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Röer

Wir haben beschlossen, auch nach der Pandemie die größeren Abstände beizubehalten. Ist viel schöner. Leute, ihr werdet uns kaum wiedererkennen, wenn er erst da ist, der Tag X.”

Olaf Wunder

Oliver Hörr, der Betreiber von „Saal II“ am Schulterblatt im Schanzenviertel

„Ich weiß ja, dass die Restriktionen wichtig und richtig sind, um die Pandemie einzudämmen. Für uns Barbetreiber ist es aber natürlich extrem schwierig. In meinem Umfeld gibt es einige, die ans Aufgeben denken, die auch daran denken müssen, ich bin aber insgesamt erstaunt darüber, dass die meisten durchhalten. Ich persönlich musste zum Teil vier Monate in Vorleistung gehen, bis die staatlichen Hilfen bei mir angekommen sind. Ich finde das sehr enttäuschend und auch gefährlich, weil erwartet wird, dass man mal eben diesen Batzen Geld auf dem Konto hat, um die Kosten monatelang vorzustrecken – bis die Hilfen endlich überwiesen sind.

„Saal II“ am Schulterblatt im Schanzenviertel Hamburg

„Saal II“ am Schulterblatt im Schanzenviertel.

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Patrick Sun

Was mir wichtig ist: Ich möchte erst dann wieder aufmachen, wenn die Regeln so sind, dass sie für Bars auch Sinn machen. Zwei Haushalte an einem Tisch – das funktioniert in einer Bar wie dem Saal II eben schlicht nicht. Bis ein einigermaßen normaler Betrieb möglich ist, sind wir auf die staatlichen Hilfen angewiesen.“

Geli Tangermann

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