Einzelhandel verzweifelt: „In fünf Jahren könnte die Hälfte der Läden dicht sein“
„Das ist eine Katastrophe. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll“, sagt Goldschmied Mohammed Shafaad. Er und zwei weitere Gewerbetreibende in der Danziger Straße (St. Georg) mussten am Freitag ihre Läden räumen. Gleichzeitig kämpfen Einzelhändler am Mühlenkamp (Winterhude) mit einer Aktion um ihre Existenz. Keine Einzelfälle: Der Handelsverband zeichnet eine düstere Zukunftsprognose für den Hamburger Einzelhandel.
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„Das ist eine Katastrophe. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll“, sagt Goldschmied Mohammed Shafaad. Er und zwei weitere Gewerbetreibende in der Danziger Straße (St. Georg) mussten am Freitag ihre Läden räumen. Gleichzeitig kämpfen Einzelhändler am Mühlenkamp (Winterhude) mit einer Aktion um ihre Existenz. Keine Einzelfälle: Der Handelsverband zeichnet eine düstere Zukunftsprognose für den Hamburger Einzelhandel.
Neben Mohammed Shafaad sind eine Änderungsschneiderei und ein Laden für Fototechnik von den Kündigungen in dem Gebäudekomplex Danziger Straße 47-51 betroffen. Die Eckbar „Contact“ musste das Feld bereits im Juni räumen. Mehrere Kundgebungen und Anträge im Stadtteilbeirat der Anwohner und Gewerbetreibenden waren gescheitert. Auch die Versuche, die Vermieterin zu überzeugen, scheiterten. Eine wirkliche Begründung für die Kündigung haben die Gewerbetreibenden bis heute nicht, und neue Räumlichkeiten haben sie noch nicht gefunden.
„In fünf Jahren könnte die Hälfte der Läden dicht sein“
Doch nicht nur Shafaad und seine Nachbarn wissen nicht, wie es weitergehen soll. Die Gewerbetreibenden am Mühlenkamp sehen sich angesichts sinkender Kundenzahlen in die Enge getrieben. Zum einen sinkt die Kaufkraft der Hamburger durch die Inflation, zum anderen wird immer häufiger online als vor Ort gekauft.
Mit Unterstützung des Hamburger Neustartfonds wurde deshalb die Aktion „Ich kaufe mit Herz – Ich kaufe lokal“ ins Leben gerufen. Insgesamt 5000 Tüten mit dieser Aufschrift werden in den kommenden Wochen in den teilnehmenden Geschäften verteilt, um die Kunden zum Kauf vor Ort zu motivieren. „Ein Einkaufserlebnis kann eben mehr sein als ein paar Mausklicks“, sagt Finanzsenator Andreas Dressel. „Wir haben in Hamburg viele bunte Zentren mit tollen Läden und vielfältigem Angebot, und das soll auch so bleiben.“
Brigitte Nolte vom Handelsverband Nord beobachtet die Entwicklung des Einzelhandels mit großer Sorge. „Es brennt an beiden Enden“, sagt sie. „Während die Nachfrage sinkt, erhöhen die Lieferanten ihre Preise. Anders als in der Corona-Krise können wir jetzt nicht auf Nachholbedarf bei den Kunden hoffen. Und das dicke Ende kommt erst noch mit den Nebenkostenabrechnungen im nächsten Jahr. Wenn das so weitergeht, sind in fünf Jahren die Hälfte der Hamburger Einzelhandelsgeschäfte dicht.“
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Mohammed Shafaad, seine Nachbarn und der Einwohnerverein St. Georg haben für den Samstag ab 17 Uhr zu einem Trauermarsch in der Danziger Straße aufgerufen. Sie können nur hoffen, dass sie irgendwo eine neue Zukunftsperspektive für sich finden.