• Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) (r.), hier mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), ist nicht zufrieden mit der bisherigen Impfkampagne in Deutschland. 
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Tschentscher wütet, Spahn beschwichtigt: Das soll der große Impf-Gipfel bringen

So kennt man ihn sonst überhaupt nicht: Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) attackierte die Bundesregierung am Wochenende hart, forderte endlich Planungssicherheit beim Thema Impfen. Am Montag werden nun Bund und Länder sowie die großen Impfstoffhersteller bei einem Impf-Gipfel zusammentreten, um gemeinsam zu schauen, wie es weitergeht.

„Gerade teilt das Bundeskanzleramt mit, dass jetzt auch die zugesagten Lieferungen der Moderna-Impfstoffe reduziert werden. Wie soll man da die Impfungen planen?“, wütete der Bürgermeister auf Twitter.

In Hamburg wurde im Dezember ein großes Impfzentrum errichtet, bis zu 7000 Menschen sollen hier täglich geimpft werden, doch bislang ist einfach nicht genug Impfstoff da, um die Kapazitätsgrenze auch nur annähernd auszulasten. Die nackten Zahlen: Erst knapp 45.000 Menschen haben in Hamburg eine Impfung erhalten.

„Viele Menschen warten dringend auf einen Impftermin, der ihnen aufgrund des Impfstoffmangels in absehbarer Zeit nicht zugesagt werden kann. Mehrfach wurden Lieferzusagen nicht eingehalten und Liefermengen reduziert. Das muss sich ändern. Wir brauchen verlässliche Lieferpläne und eine Erhöhung der Impfstoffproduktion“, so Tschentscher.

Bürgermeister Tschentscher attackiert Bundskanzleramt

Den Unmut hat Hamburgs Bürgermeister nicht exklusiv für sich, vor allem aus den SPD-geführten Bundesländern hagelt es Kritik. Nun wird es am Montag einen Impf-Gipfel geben, der endlich mehr Klarheit schaffen soll. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte im Vorfeld Verständnis für Frust und Ungeduld, warb aber auch um Vertrauen. „Es kommen jede Woche Impfstoffe, und es werden auch mehr, Zug um Zug.” Wo liegen derzeit also die großen Knackpunkte?

Impf-Gipfel: Woran hakt es derzeit?

So ist der Impfstand: Bislang hat Deutschland laut Angaben des Gesundheitsministeriums insgesamt 2,2 Millionen Impfdosen verimpft und 3,5 Millionen ausgeliefert. Bis zum 22. Februar sollen weitere fünf Millionen Impfdosen von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca ausgeliefert werden. Hamburg soll demnach knapp 100.000 Impfdosen erhalten. Doch viele Länderchefs sind derzeit der Meinung, man könne sich nicht auf die Angaben verlassen. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung einen verlässlichen nationalen Impfplan vorlegt. Ankündigungen, die anschließend fortlaufend geändert werden, erschweren Ländern und Kommunen die Arbeit und verunsichern die Bürgerinnen und Bürger“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).

Impf-Zeitplan: Auch, wenn nun bis Mitte Februar fünf Millionen neue Impfdosen für die Bundesländer angekündigt sind, ein langfristiger Zeitplan ist das bislang noch nicht. „Meine klare Erwartung an den Impfstoffgipfel ist, dass wir vom Bund einen verlässlichen Zeitplan bekommen, wann wir mit welchen Impfstoff-Lieferungen zu rechnen haben“, sagte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD). Klare Worte fand auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy. „Die Städte erwarten keine vagen Versprechungen mehr, sondern eindeutige Antworten auf die zwei wesentlichen Fragen: Wann gibt es ausreichend Impfstoff? Wann wird welcher Impfstoff ins Impfzentrum geliefert“, sagte Dedy.

Hamburg: Neue Corona-Impfung-Termine am Montag

Aufgrund der fehlenden Planbarkeit hatte Hamburg zuletzt die Impf-Terminvergabe ausgesetzt, am Montag sollen nun aber 33.500 neue Termine freigeschaltet werden. Unter der Telefonnummer 116 117 kann dann ein Termin für den Zeitraum Anfang Februar bis März gemacht werden. Welchen Impfstoff man gerne haben will, kann man aufgrund der knappen Verfügbarkeit von Dosen jedoch nicht selbst entscheiden.

Impfreihenfolge wird wohl überarbeitet

Impfstoff-Produktion: Am Montag sind auch Vertreter der Pharmaindustrie mit am Tisch. Es wird vor allem darum gehen, wie die Produktion der Impfstoffe künftig verlaufen soll. Die Hersteller sollen darlegen, wie sie ihre versprochenen Lieferungen einhalten wollen und wie sie die Produktion gegebenenfalls anpassen können. Zuletzt war eine Auseinandersetzung zwischen AstraZeneca und der für die Impfstoffbeschaffung verantwortlichen EU ausgebrochen, weil der Hersteller Verzögerungen in den Lieferungen angekündigt hatte. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), will nun, dass jede mögliche Produktionsstätte auf Corona-Impfstoffe umgestellt werden wird. „Zugelassene Impfstoffe müssen im Notfall auch mit einer Zwangslizensierung von anderen produziert werden.“

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Impf-Reihenfolge: Da der kürzlich zugelassene Impfstoff von AstraZeneca nur mit wenigen Daten von Menschen über 65 erforscht wurde, hat die Ständige Impfkommission in Deutschland sich dafür ausgesprochen, den Impfstoff nur an unter 65-Jährige verimpfen zu lassen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sprach sich deshalb dafür aus, medizinisches Personal, Lehrkräfte und Erzieher früher zu impfen. Das Gesundheitsministerium arbeitet derzeit an einer Aktualisierung der bisherigen Impfordnung. (fkm)

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