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Trotz Lockerungen und Feiertagen: Kaum neue Corona-Fälle – das könnten die Gründe sein

Menschenmassen tummelten sich über das sonnige Pfingstwochenende am Elbstrand in Hamburg, die Stadt erlaubt wieder die Öffnung von Fitnessstudios, Kinos und Co. Wegen den Lockerungen und sonnigen Feiertage hatten viele Menschen Sorge, die Fallzahlen könnten wieder steigen – doch genau das Gegenteil ist der Fall. Die Anzahl der Corona-Fälle bleibt niedrig, in Hamburg gibt es nun schon den zweiten Tag infolge keine Neuinfektionen – und die Situation hat sich in vielen Teilen Deutschlands ähnlich entspannt. Experten haben unterschiedliche Ansätze, woran das liegen könnte.

Anfang April sah es noch komplett anders aus: An vielen Tagen lag die Zahl der Neuinfizierten in Deutschland noch über 4.000, obwohl bereits etliche strenge Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ergriffen worden waren. Inzwischen haben sich die Zahlen irgendwo zwischen rund 200 und 700 täglichen Neuerkrankungen eingependelt, die sogenannte Reproduktionszahl R war in den letzten Wochen nur an wenigen Tagen über dem Wert 1. Zahlreiche Wissenschaftler spekulieren darüber, wie das zusammenpassen könnte.

Kaum neue Corona-Fälle – das könnten die Gründe sein

Einer der Gründe könnte die eingeführte Maskenpflicht sein, wie auch der „Spiegel“ berichtete: Diese Maßnahme, die anfangs in Deutschland eher belächelt wurde, scheint tatsächlich Wirkung zu zeigen. Eine Studie, die in dem renommierten Fachmagazin „Science“ veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass jene Länder, die eine Maskenpflicht eingeführt haben, bisher am erfolgreichsten bei der Eindämmung des Virus gewesen sind. Die Autoren stellten fest, dass richtig angepasste Masken eine starke Viren-Ausbreitung durch Infizierte, die keine Symptome zeigten, effektiv verhinderten.

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US-Forscher gehen außerdem davon aus, dass sogenannte Aerosole bei der Verbreitung von Coronaviren eine große Rolle spielen. Demnach sollen winzige Schwebeteilchen, die sich in der Luft befinden, Schuld an großen Infektionsereignissen sein. Durch Niesen, Husten oder Sprechen fliegen sie als unsichtbare Mikrotröpfchen umher – und sie können mit Viren behaftet sein. Auch hier helfen Masken effektiv dabei, die Aerosol-Anzahl zu reduzieren.

Die Aerosole sind offenbar weniger an der frischen Luft, sondern vor allem in Innenräumen problematisch. Experten rechnen damit, dass die Fallzahlen ab Herbst wieder exponentiell steigen könnten, wenn sich die Menschen wieder vermehrt drinnen aufhalten.

Großteil der Corona-Infektionen geht auf „Superspreader“ zurück

Mit der Annahme über die Aerosole hängt eine weitere Theorie zusammen: Diese besagt, dass die meisten Virenträger niemanden oder höchstens eine weitere Person anstecken. Die hohen Ansteckungsraten gehen stattdessen auf sogenannte „Superspreader“ zurück. Die Gefahr, dass ein Infizierter viele andere Personen ansteckt, besteht dabei vor allem bei großen Zusammenkünften in geschlossenen Räumen – also da, wo sich Schwebeteilchen besonders gut verteilen können. Durch das anhaltende Verbot von Großveranstaltungen konnte hierzulande wahrscheinlich eine Menge verhindert werden.

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Besonders wirken sich nach Ansicht von Forschern auch die Verhaltensänderungen der Menschen positiv aus: Schließlich nimmt inzwischen ein Großteil der Bevölkerung das Coronavirus sehr ernst – und zwar auch unabhängig von den beschlossenen Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren. Obwohl beispielsweise Hamburgs Geschäfte wieder geöffnet sind, sind die Passagen gähnend leer. Weil gewisse Dinge wieder möglich sind, heißt es nicht, dass sie sofort wieder in Anspruch genommen werden.

Corona-Eindämmung: Japan als Vorbild für Deutschland

Als großes Vorbild für Deutschland gilt Japan: Das Land ist mit rund 17.500 Infektionen und nur 900 Covid-19-Toten erstaunlich gut durch die Coronakrise gekommen. Auch in Japan hat sich bewährt, dass sich die Bevölkerung sehr schnell unabhängig von den Maßnahmen der Regierung in freiwillige Quarantäne begeben und Ansammlungen gemieden hat. Zudem ist dort die sogenannte „Cluster“-Methode erfolgreich: Es geht darum, einzelne Corona-Ausbrüche möglichst schnell zu entdecken und dann nur die Ansteckungs-Hotspots zu schließen.

Insgesamt warnen die Experten allerdings davor, die Infektionsgefahr wegen der bislang vielversprechenden Daten zu unterschätzen. Damit die Fallzahlen weiterhin so niedrig bleiben, ist es entscheidend, dass weiterhin Masken getragen und Abstände eingehalten werden. Auch Charité-Virologe Christian Drosten appelliert, sich Japan als Vorbild zu nehmen. Wenn das gelingt, könne auch eine mögliche zweite Welle im Herbst verhindert werden.

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