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Trotz Corona: Versicherung lässt Hamburger Kult-Restaurant hängen

St. Georg –

Seit vielen Jahren gibt es schon das traditionelle China-Restaurant „Dim sum Haus“ in Hamburg. Doch auch am Kult-Lokal zog die Coronakrise nicht spurlos vorbei. Die wochenlange Schließung sorgte für finanzielle Einbußen. In so einem Fall hilft eigentlich eine Versicherung – doch die lässt Dennis Kwong und seine Familie nun hängen. 

„Seit 56 Jahren schon gibt es unser Restaurant in Hamburg. Versichert waren wir von Anfang an bei der Allianz“, sagt Dennis Kwong im MOPO-Gespräch. Er habe immer pünktlich seine Beiträge bezahlt. Zusätzlich zu den Standardversicherungen habe er sogar noch eine „Betriebsschließungsversicherung infolge von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern“ abgeschlossen, die im Notfall das Restaurant schützen soll – eigentlich. Denn im Fall der finanziellen Ausfälle durch die jetzige Corona-Pandemie will die Allianz-Versicherung nur einen Bruchteil zahlen.

„Dim sum Haus“: Kein Schutz trotz Zusatzversicherung?

„Die Betriebsschließungsversicherung bietet ihnen Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetzt IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheitserreger, den versicherten Betrieb zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt“ – so steht es in den Versicherungsbedingungen.

Durch die Corona-Epidemie ist dieser Fall eingetreten, dürfte man meinen. Die Allianz-Versicherung sieht das jedoch anders. 

Allianz in Hamburg: „Das ist höhere Gewalt“

„Nach der Schließung meines Restaurants habe ich meine Ansprechpartnerin bei der Allianz angerufen und mich erkundigt, ob ich gegen den Betriebsausfall versichert bin“, sagt Kwong im MOPO-Gespräch. „Das ist höhere Gewalt“, sei die Antwort der Allianz gewesen.

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Auch die Zusatzversicherung würde laut Kwong den Schaden nicht abdecken. Am Ende bekam er lediglich ein Angebot der Allianz über einen fünfstelligen Betrag. „Mir wurde eine Entschädigung angeboten, die nur 15 Prozent des eigentlichen Betrages enthielt.“ Mit der Annahme des Geldes sollte er zudem unterschreiben, dass damit alle Ansprüche aus der „Betriebsschließungsversicherung“ im Zusammenhang mit Corona erledigt sind.

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Das „Dim Sum Haus“ in der Kir­chen­al­lee 37.

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hfr

„Die Zahlung setzt voraus, dass Sie im Nachhinein keine Ansprüche aus der Betriebsschließungsversicherung erheben“, so steht es in der Antwort der Allianz. Die 15 Prozent ergeben sich laut Allianz aus der Hälfte des Restschadens von 30 Prozent. 70 Prozent seien nach Meinung der Versicherung schon durch staatliche Hilfen ausgeglichen worden.

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Will sich die Versicherung mit dem Angebot vielleicht nur aus der Affäre ziehen?

Nach Auffassung der Versicherung sei die Schließung aus „generalpräventiven Gründen“ erfolgt und nicht, weil von seinem konkreten Betrieb eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit anderer ausgehe. Das geht aus dem Antwortschreiben an Herrn Kwong hervor, das der MOPO vorliegt. 

Versicherung: Schaden durch Corona-Schließungen nicht abgedeckt

„Die Schließung durch die Corona-Epidemie ist eine Präventivmaßnahme gewesen. Es gab keinen Vorfall im Betrieb. Deshalb greift die Versicherung nicht“, sagte ein Sprecher der Allianz-Versicherung auf MOPO-Nachfrage. Es komme zudem immer darauf an, welches Deckungskonzept im Vertrag vereinbart wurde. Außerdem haben „die zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen des Staates, beispielsweise durch das Kurzarbeitergeld und die Soforthilfemaßnahmen und Zuschüsse der Länder und des Bundes zur Aufrechterhaltung der Liquidität der Unternehmen den wirtschaftlichen Schaden bereits deutlich reduziert.“ 

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Dennis Kwong sieht das anders. Seiner Meinung nach reichen die Entschädigungen nicht aus. Er fühlt sich von seiner Versicherung im Stich gelassen. Das Angebot der Allianz will er erstmal nicht annehmen und den Fall von einem Anwalt prüfen lassen. 

Mannheimer Gerichtsurteil macht Gastronomen Hoffnung

Es gibt jedenfalls Hoffnung, dass Kwong und seine Familie doch noch eine ausreichende Entschädigung bekommen. In einem aktuellen Gerichtsurteil des Landgerichts Mannheim stellte das Gericht fest, dass Betriebsschließungen aufgrund von Covid-19-Allgemeinverfügungen oder Rechtsverordnungen über Betriebsschließungsversicherungen versichert sind. Das teilte der Deutsche Hotel-und Gaststättenverband (Dehoga) auf der eigenen Website mit.

Auch eine Teilschließung reiche demnach aus, um die Versicherungsleistung zu erhalten. „Es liegt eine bedingungsgemäß versicherte faktische Betriebsschließung vor“, heißt es in der Urteilsbegründung des Mannheimer Landgerichts.

Anwalt: „Peinliche Zahlungsangebote sind ein schlechter Versuch“ 

„In den allermeisten Fällen besteht bedingungsgemäß Versicherungsschutz und die peinlichen Zahlungsangebote von 10, 15 Prozent, fußend auf dem bayerischen Kompromiss, sind ein schlechter Versuch“, erkläre dazu Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing von Wirth-Rechtsanwälte gegenüber dem Informationsportal für Hoteliers und Gastronomen tageskarte.io.

Somit könnte es doch noch ein Happy-End für das „Dim sum Haus“ geben.

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