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  • Kerzen stehen am Hamburger Berg – dort, wo am Sonnabend der wohnungslose Mick (52✝) gestorben ist.
  • Foto: Patrick Sun

Trauer in Hamburg: Obdachloser (†52) stirbt mitten am Tag vor Restaurant

Kerzen brennen am Hamburger Berg Ecke Reeperbahn. Irgendjemand hat Blumen dazu gelegt. Die Trauer ist groß auf dem Kiez. Dort ist am Samstag ein Mann gestorben, den viele kannten und mochten und der seit vielen Jahren auf der Straße lebte. Er wurde nur 52 Jahre alt.

St. Pauli war seine Heimat. Hier fühlte sich Mick, der eigentlich aus Nordrhein-Westfalen stammte, zu Hause wie nirgendwo sonst auf der Welt. Hier hatte er Freunde, die mit ihm vor dem „Kentucky Fried Chicken“ Platte machten. Die also mit ihm zusammen die kalten Winternächte im Schlafsack auf dem harten Gehweg überstanden und im Sommer die lauen Abende mit Quatschen verbrachten. Hier hatte er Menschen, die ihn unterstützten und ihm immer wieder versuchten, auf die Beine zu bringen. Besonders zu einem Bürgernahen Beamten von der Davidwache hatte Mick, so sein Spitzname, einen engen Draht. Nun ist Mick nicht mehr da.

Polizei Hamburg: Keine Hinweise auf eine Fremdeinwirkung

Nach MOPO-Informationen ist der 52-Jährige am Samstag mitten am Tag ganz plötzlich eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Nur eine Stunde zuvor soll er einen Bekannten noch in einem normalen Gespräch um Feuer gebeten haben. Laut Polizei wurde ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet, bei dem sich aber keine Hinweise auf eine Fremdeinwirkung ergaben.

Micks Kollegen von der Platte stehen unter Schock. Denn Micks Tod zeigt ihnen auch, wie schnell das Leben auf der Straße zu Ende gehen kann. Wie sehr Schicksalsschläge, daraus folgende Resignation, Depressionen und Alkohol den menschlichen Körper belasten, bis er einfach aufgibt. Das Alter spielt kaum eine Rolle.

Hamburger Verein fordert neue Wohnungslosenpolitik

Auch der Verein „Leben im Abseits“, der sich seit Jahren um den Wohnungslosen kümmerte, ist tief getroffen. „Ungläubigkeit und endlose Traurigkeit bei seinen Freunden und bei uns“, heißt es in einem Facebook-Post. „Mitten unter uns in dieser reichen Stadt müssen Menschen, die ,vom Weg abgekommen‘ sind, auf der Straße leben. Schutzlos und würdelos. UND – sie sterben einfach leise auf der Straße.“

Vereinsgründerin Susanne Groth fordert eine neue Wohnungslosenpolitik. „Jeder von uns kann in eine Notlage geraten, sei es durch Corona oder durch eine persönliche Krise. Wer in einer solchen Situation ist, braucht Hilfe. Es kann nicht sein, dass in einer der reichsten Städte der Welt die Passanten achtlos an diesen Menschen vorbei gehen.“ Vorbei gehen und damit ein solches Schicksal einfach akzeptieren.

In Hamburg leben rund 2000 Menschen auf der Straße

Groth und ihren Mitstreitern geht es um drei wesentliche Punkte: 1. eine Abkehr von der Unterbringung in Massenunterkünften und stattdessen Einzelunterkünfte, 2. eine kostenfreie medizinische Versorgung für Wohnungslose, die in der Regel nicht krankenversichert sind, 3. ein besseres Hinsehen.

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In Hamburg leben einer Schätzung der Sozialbehörde zufolge mehr als 2000 Menschen auf der Straße. Meistens sind es Ehrenamtliche, die sich um sie kümmern. „Das reicht nicht“, sagt Susanne Groth. Es brauche neue politische Strategien, um das Thema zu professionalisieren. Schließlich gibt es nicht die eine Lösung, die für alle 2000 gelten kann. „Man muss genau hinsehen: Was ist das für ein Mensch? Wie kann man ihm helfen?“, sagt Susanne Groth. „Wir müssen wegkommen von der vorherrschenden Gleichgültigkeit gegenüber Wohnungslosen.“

Nächste Woche soll auf dem Kiez eine Trauerfeier für Mick stattfinden. Seine Schwester will den Toten an seinem Geburtsort in Bad Berleburg beerdigen lassen.

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