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Transfermarkt.de aus Hamburg: Vom Hobby-Portal zum Fußball-Giganten

Wandsbek –

Die Hamburger Firma „Transfermarkt“ hat es vom Hobbyportal zu einer der weltweit größten Fußballwebseiten geschafft. Marktwerte von Spielern, Informationen über Vereine, Trainer, Stadien und Ligen – mit einer riesigen Datenbank ist die Seite zur Enzyklopädie für Fans und Experten geworden. Die MOPO sprach mit Gründer Matthias Seidel über Nutzer-Treffen im Partykeller, den großen Durchbruch und einen verstimmten Cristiano Ronaldo.

Alles begann im Jahr 2000. Matthias Seidel lebt und arbeitet in Hamburg, als gebürtiger Bremer schlägt sein Herz für Werder. Das Internet ist noch nicht weit entwickelt und Seidel hat kaum eine Möglichkeit, an Informationen über seinen Verein zu gelangen. „Aus dieser Not heraus habe ich gesagt, ich brauche eine Webseite, wo ich eine Community habe und Leute, die mich auch mit Werder-Informationen versorgen können“, so Seidel. Damals hatte er bereits eine Internet-Agentur und wusste, wie er sich eine Webseite aufbauen kann. Los geht es.  

Transfermarkt startet und die Nutzer packen mit an

Transfermarkt.de“ funktioniert nach dem Wikipedia-Prinzip. Einen entscheidenden Beitrag zur Webseite leisten damals wie heute die Nutzer. Sie tauschen sich in Foren aus, sammeln Daten und senden Korrekturen ein. Als der Vorschlag aufkommt, Bilder der Spieler in der Datenbank zu sammeln, beginnt Seidel Briefe an die Vereine zu schreiben. Anschließend scannt er stapelweise Spieler-Fotos ein, wobei auch manchmal etwas schief hängt.

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Doch solche kleinen Schönheitsfehler stören nicht weiter. „Früher in der Transferzeit ist unser Server regelmäßig zusammengebrochen. Da haben User angerufen und gefragt, ob sie helfen können. Heutzutage bekommt man den allergrößten Shitstorm, wenn die Webseite nicht verfügbar ist“, sagt Seidel. „,Transfermarkt‘ war ein Abenteuerspielplatz und es gab nicht den Druck, dass dieses oder jenes bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein muss.“

Hamburger Firma: Aus dem Hobby wird ein Beruf

Einen großen Jubelsprung habe der gebürtige Bremer gemacht, als er die ersten 50 Besucher am Tag hatte – heute sind es Millionen. Beim ersten User-Treffen im Jahr 2003 trafen sich 17 Nutzer im Partykeller einer Kirchengemeinde in Dortmund. „Wir waren vorher auf dem Bolzplatz, haben uns belegte Brötchen organisiert und dann hat man abends im Partykeller gefeiert“, erinnert sich Seidel.

Die Büroräume von Transfermarkt in Wandsbek.

Die Büroräume von Transfermarkt in Wandsbek.

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Als die Seite wächst, investiert Seidel mehr und mehr Zeit hinein. „2004 hat meine Frau gesagt: ,Muss das denn sein, dass du immer so viel an dieser Seite hängst und dafür unterwegs bist?` Da habe ich gesagt: ,Wie wäre es denn, wenn ich nur noch für diese Seite unterwegs bin?’“ Im Anschluss sucht er sich im Wandsbek einen Standort für Transfermarkt.

„Transfermarkt.de“: Ein Werder-Fan auf Erfolgskurs 

Noch heute ist die Firma dem Stadtteil treu und hat in der Wandsbeker Zollstraße ihre Heimat. Die Innenräume sind ganz im Stil der Fußballwelt gestaltet. Seidels Lieblingsverein ist auch hier präsent: Im Konferenzraum hängt eine riesige Tapete des Weser-Stadions. „Ich bin aus der Riege der Werder-Fans, die Zwistigkeiten mit dem HSV und diese Frotzeleien gern mag. Das gehört zum Fußball dazu“, sagt Seidel. Eine Relegation gegen den HSV hätte ihn gefreut. Nun hofft er darauf, dass seine Bremer gegen Heidenheim den Klassenerhalt packen.

Die Büros von Transfermarkt in Wandsbek stehen ganz im Zeichen des Fußballs.

Die Büros von Transfermarkt in Wandsbek stehen ganz im Zeichen des Fußballs.

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Von anfangs drei ist Transfermarkt auf fast 70 Mitarbeiter angewachsen. Einige Nutzer der Hobbyseite von damals sind auch darunter, heute sieht sich das Transfermarkt-Team immer noch zuerst in der Community nach neuen Kollegen um. Fast 800.000 Spieler-Profile umfasst die Seite inzwischen und 600.000 registrierte Nutzer informieren sich täglich über das Neueste aus der Fußballwelt.

„Transfermarkt“ ermittelt die Marktwerte der Fußball-Stars

Einen Höhepunkt aus 20 Jahren „Transfermarkt“ ist für Seidel die Einführung der Marktwerte. „Damit haben wir nicht nur bei den Usern, sondern auch in der Branche einen Nerv getroffen. Die Manager und Journalisten – alle reden darüber.“ Welchen Einfluss die Webseite auf die Fußballwelt hat, zeigt sich ebenso in den Reaktionen der Spieler. Als „Transfermarkt“ Lionel Messi 2018/19 zum Spieler der Saison kürt, bedankt der Argentinier sich sogar persönlich.

Portugals Superstar Cristiano Ronaldo ist 2020 mit seinem Marktwert nicht einverstanden und blockierte kurzerhand „Transfermarkt“ auf Instagram. „Das soll jetzt nicht hochnäsig klingen. Aber so eine Reaktion von Christiano Ronaldo finde ich lustig, mehr aber auch nicht. Ich bin da nicht enttäuscht, es ist einfach eine lustige Anekdote“, sagt Seidel. In der Regel würden eher die Spielerberater anrufen und sich über die Marktwerte aufregen. „Manchmal ist es auch extrem hilfreich, wenn ein Spielerberater anruft und konstruktiv mit uns diskutiert oder uns weitere Daten liefert“, so Seidel.

Über „ein großes Desaster“ und die Zukunft von „Transfermarkt“

Rückschläge gab es natürlich auch. 2014 hatte die Webseite ein Relaunch, alles, vom Logo bis zur Technik, wurde überarbeitet. Dann der Schock: Am Tag als die Seite online gehen sollte, bricht alles zusammen. „Es war das größte Desaster“, so Seidel. „Die Seite war eine Woche lang nicht erreichbar. Die Nutzer sind natürlich zu Recht sauer gewesen. Wir haben es als Team einfach komplett vermasselt. Da fühlte man sich so, wie wenn man als Bundesligaverein in der ersten Runde im DFB-Pokal mit Ach und Krach ausscheidet und auf der Rückfahrt der Bus einen Platten hat.“ Doch selbst diese Panne konnte den Erfolg der Seite nicht bremsen.

Aus dem operativen Geschäft hat sich der Gründer inzwischen zurückgezogen. „Die zwei neuen Chefs (Thomas Lintz und Lars Gantenberg Anm. d. Red.) machen einen fantastischen Job. Ein großer Schwerpunkt für sie ist die Internationalisierung. Das Ziel: Die allermeisten Fankontakte haben, von allen Fußballsportportalen, die es überhaupt gibt.“

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