Tote Radfahrerin: Ihr Sohn (3) sagte, „im Himmel kann ich sie doch nicht umarmen“
Sie spüren die kalte Straße im Rücken und schauen in den Himmel: Auf der Kreuzung Überseeallee/Osakaallee in der HafenCity liegen Menschen mit ihren Rädern mitten auf der Straße, um einer 34-jährigen Mutter zu gedenken. Die Radfahrerin starb dort am vergangenen Montag, als sie ihren dreijährigen Sohn von der Kita abholen wollte. Die Mahnwache wurde sehr emotional.
Sie spüren die kalte Straße im Rücken und schauen in den Himmel: Auf der Kreuzung Überseeallee/Osakaallee in der HafenCity liegen Menschen mit ihren Rädern mitten auf der Straße, um einer 34-jährigen Mutter zu gedenken. Die Radfahrerin starb dort am vergangenen Montag, als sie ihren dreijährigen Sohn von der Kita abholen wollte. Die Mahnwache wurde sehr emotional.
Kerzen stehen auf dem Bürgersteig. Blumen schmücken den Lenker eines weiß angestrichenen Ghost-Bikes. Etwa 200 Menschen stehen an der Kreuzung Überseeallee/ Osakaallee. Sie schweigen. Und singen dann „Yesterday“ von den Beatles. Es sind bewegende Momente während der Mahnwache am Samstag für die 34-jährige Mutter, die hier von einem Lkw erfasst wurde.
Trauer in der HafenCity: „Wir sind untröstlich”
„Wir sind untröstlich für das Kind, ihren Schatz, der an diesem Montag auf sie gewartet hat, bis zur Kita-Schließung – vergeblich“, sagt Frank Engelbrecht, Pastor der Gemeinde St. Katharinen (Altstadt), in seiner Ansprache, die er im Namen des Netzwerks HafenCity e.V. hält. „Sie kommt nicht. Sie kommt nie mehr. Sie ist jetzt in den Sternen, hat der Papa gesagt. Die Antwort des Kindes: ,Da kann ich sie aber doch nie mehr umarmen.‘ Wir sind untröstlich.”

Geschwister, Eltern, Schwiegereltern und Freunde der Verstorbenen sind da. Die Frau, die erst vor kurzem in die HafenCity gezogen war, sei bei Freunden und Kollegen sehr beliebt gewesen, sagt Engelbrecht. „Ihr Verlust hat eine immense Lücke gerissen“.

Auch dem Lkw-Fahrer wird gedacht. Er wurde gesehen, wie er nach dem Unfall am Straßenrand gesessen und bitterlich geweint habe.
HafenCity: Verkehrssicherheit ein riesiges Thema
Die Trauernden bleiben mehr als eine Stunde, viel länger als das eigentliche Programm der Mahnwache. Die große Anteilnahme zeigt sich auch an der Crowdfunding-Aktion, die ein Kollege der Toten für die Ausbildung ihres Sohnes ins Leben gerufen hat. Am Sonntagabend waren schon mehr als 27.000 Euro zusammengekommen. „Die Mahnwache war sehr eindrücklich und berührend“, sagt Engelbrecht der MOPO. „Sie sollte ein Innehalten sein und der Untröstlichkeit Raum geben.“
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Denn neben der Trauer bewegt auch eine scharfe Diskussion über die Sicherheit der Radfahrer die Anwohner im Viertel. In dem Baugebiet fahren regelmäßig Laster, doch die HafenCity ist auch ein wachsendes Wohngebiet. Immerhin 26 Prozent der Haushalte hier haben Kinder. Und die jetztige Unfall-Kreuzung liegt auf dem Weg zu einer Grundschule und zu zwei Kitas.

Der Schutzstreifen für Radfahrer auf der Überseeallee ist Teil einer Veloroute und sollte eigentlich besonders gut ausgebaut sein. Aber er ist viel zu eng, kritisiert der ADFC. So bleibe abbiegenden Autofahrern im Notfall kaum Zeit, noch zu bremsen. Die Situation müsse durch Umbauten sofort entschärft werden. Besonders brisant: Anwohner sollen die Polizei schon auf die gefährliche Stelle hingewiesen haben.
ADFC fordert: Kreuzung muss sofort umgebaut werden
Die zuständige HafenCity GmbH hatte auf MOPO-Nachfrage erklärt, dass Unfall zunächst untersucht werden müsse, bevor über mögliche Anpassungsmaßnahmen an der Kreuzung entschieden werde. Der ADFC findet diese Haltung grob fahrlässig. So würden weitere mögliche Crashs mit Todesfolge in Kauf genommen.
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„Die Verkehrssicherheit und damit der Schutz von Leben muss endlich höchste Priorität in der Verkehrspolitik haben”, sagt der stellvertretende Vorsitzende des ADFC Hamburg, Thomas Lütke. Inzwischen hat die Polizei den Geradeaus-Pfeil für Radler auf dem Schutzstreifen abgeklebt. Geradeausfahren, wie es die junge Mutter wollte, ist damit jetzt nicht mehr erlaubt.

Noch sind viele Fragen zu dem Unfall offen. Engelbrecht hat zwei kleine Messingengel zur Mahnwache mitgebracht. Einen übergibt er der Familie, den anderen der HafenCity GmbH. Er soll künftig an dem Geländer hier an die 34-Jährige erinnern.