Tim Mälzer lästert: „Dass der sich Koch nennt, ist ja schon ’ne Frechheit“
Gastronom, Unternehmer, Entertainer: Mit seinen Kochshows wie „Kitchen Impossible“ (VOX) ist Tim Mälzer zum wohl bekanntesten Fernsehkoch Deutschlands geworden. Jetzt bringt der 52-Jährige sein neues Kochbuch „Vierundzwanzigsieben kochen“ heraus. Die MOPO hat mit dem Star-Koch aus Hamburg gesprochen – über seine privaten Ess-Gewohnheiten, seine Hassliebe zu Steffen Henssler und darüber, ob er die „Bullerei“ für seine TV-Jobs aufgeben würde.
Gastronom, Unternehmer, Entertainer: Mit seinen Kochshows wie „Kitchen Impossible“ (VOX) ist Tim Mälzer zum wohl bekanntesten Fernsehkoch Deutschlands geworden. Jetzt bringt der 52-Jährige sein neues Kochbuch „Vierundzwanzigsieben kochen“ heraus. Die MOPO hat mit dem Star-Koch aus Hamburg gesprochen – über seine privaten Essgewohnheiten, seine Hassliebe zu Steffen Henssler und darüber, ob er die „Bullerei“ für seine TV-Jobs aufgeben würde.
Herr Mälzer, wie kochen Sie privat zu Hause?
Tim Mälzer: „Viele Leute überrascht es, wie einfach ich zu Hause koche. Ich liebe die ganz simplen Dinge: Nudeln in allen Varianten, vor allem Spaghetti Bolognese oder Carbonara. Außerdem Tomate-Mozzarella oder auch einfach belegte Brote. Und Salate mag ich: griechischer Salat, Gurkensalat mit Sauerrahm, Kopfsalat mit saurem Zitronendressing. Zum Dessert Vanilleeis mit heißen Himbeeren oder Waldmeister-Wackelpudding. Wirklich primitiv. Aber geil!“
In Ihrem Kochbuch plädieren Sie dafür, sich kulinarisch zu entspannen. Bolognese zum Frühstück oder Müsli zum Abendbrot seien auch „vollkommen ok“. Haben Sie kuriose Essgewohnheiten?
Ich mag Nudeln zum Beispiel nicht al dente. Bei mir müssen sie matschiger sein. Beim Gulasch liebe ich die Soße mit den zerquetschten Kartoffeln mehr als das Fleisch. Und ich habe einen leichten Hang zu Trash Food: Frittiertes, Mayonnaisen oder Sandwiches mit Soßen.
Tim Mälzer: „Ich habe einen leichten Hang zu Trash Food: Frittiertes, Mayonnaisen, Sandwiches mit Soßen“
Achten Sie auf Kalorien?
Ehrlich gesagt weiß ich bis heute nicht, wie viel Kalorien welches Produkt hat. Aber ich habe mir eine Kilogrenze gesetzt, die ich nicht überschreiten möchte. Wenn die sich nähert, achte ich wieder etwas mehr auf meinen Körper. Das Problem, das wir haben, ist eher der Überfluss. Wir haben von allem zu viel, zu jeder Tageszeit.
Das Motto Ihres Kochbuchs lautet „Das Einfache ist zeitgemäß“. Was meinen Sie damit?
Die Kulinarik ist immer irgendwelchen Moden unterworfen. Wenn die Leute im Alltag zu Hause essen, geht es jedoch konstant darum, die Grundbedürfnisse zu befriedigen. Da bleibt es bei der Pasta, bei wenigen Gewürzen, generell eher bei der einfachen Küche. Und das finde ich auch vollkommen ok so. Deshalb versuche ich nicht, den Leuten zu zeigen, wie man Restaurant-Essen zu Hause kochen kann, sondern ich möchte Rezepte zeigen, die abwechslungsreich und in der Produktauswahl vielfältig sind. Dabei liegt der Fokus darauf, in der Mache auch jemanden mit zwei linken Händen nicht zu überfordern.

In Ihrem Buch stehen auch Rezepte für Mett-Igel, Bratkartoffeln und Wackelpudding. Da werden doch viele wieder sagen: Der Mälzer kann gar nicht richtig kochen!
Ich werde mit dem Kochbuch definitiv nicht in der Bibliothek unter Enzyklopädien landen (lacht). Das ist kein wissenschaftliches Nachschlagewerk und soll es auch gar nicht sein. Bei mir geht es darum, den Menschen Freude am Einkaufen, Kochen und Essen zu vermitteln. Meine Rezepte sind emotional. Ich meine: Warum muss ich Miso, Soja, Jakobsmuscheln oder Langustino für fünf Euro das Stück kaufen, wenn ich mit einem schön gerösteten Brot mit selbst gemachtem Mett viel stärkere Gefühle hervorrufen kann? Der Mett-Igel ist eine emotionale Reise in die Partykeller der 70er und 80er Jahre und genau deshalb schmeckt das Mettbrot so gut. Mir zumindest.
Und die Bratkartoffeln?
Wir zelebrieren heutzutage die Pizza mit Sauerteig und die handgeerntete Möhre, die in Miso eingelegt wird. Ich finde aber, dabei sollten wir die Basis und die Tradition nicht verlieren. Die Bratkartoffel ist für mich ein Teil unserer kulinarischen DNA – auch, wenn ich da vielleicht ein bisschen zu norddeutsch bin. Ich kenne einfach kein Land, dass so schöne Bratkartoffeln macht wie Deutschland.
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Spielt veganes und vegetarisches Essen bei Ihnen eine Rolle?
Ich esse das, worauf ich Lust habe und reagiere auf das, was mir mein Körper sagt. Zu 70 Prozent esse ich fleischlos. Ein Schnitzel oder Steak mache ich zu Hause relativ selten. Die Begrifflichkeit vegetarisch/vegan mag ich aber nach wie vor nicht. Ich bin der Meinung, dass unser Essen nicht immer so ein Attribut braucht. Spaghetti mit Tomatensoße, Pommes mit Ketchup, Salat oder Brot mit gebratenen Pilzen – das esse ich alles, ohne es als vegetarisches Essen hervorheben zu müssen. Für mich ist vegan oder vegetarisch eben einfach eine ganz normale Ernährung.
Die Gastronomie steckt in der Krise. Merken Sie das mit Ihrer „Bullerei“ auch?
Es sind schwierige Zeiten für die Gastronomie. Angefangen mit Corona, wo Rücklagen aufgebraucht wurden. Jetzt haben wir mit Inflation, Mitarbeitermangel und der drohenden Mehrwertsteuererhöhung zu kämpfen. Der „Bullerei“ geht es soweit gut, aber auch ich muss im Moment mehr Zeit ins wirtschaftliche Denken stecken. Ich denke, dass Restaurants, die keine Top-Lage haben und sich in der Vielfalt der Food-Angebote nicht hervorheben, größere Probleme haben. Viele Gastronomen vergessen wahrscheinlich dabei, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und das ist die Mund-zu-Mund-Propaganda. Wenn man die Gäste, die man hat, begeistern kann, dann ist das schon einer der wesentlichen Schlüssel des Erfolges.
Die „Bullerei“ aufgeben? Tim Mälzer: „Von diesem Ort beziehe ich all meine Kraft“
Haben Sie schon mal daran gedacht, mit der „Bullerei“ aufzuhören und nur noch Ihre Fernsehshows zu machen?
Nein! Die „Bullerei“ ist mein Beruf und meine Berufung. Ich definiere mich sehr stark darüber. Von diesem Ort beziehe ich all meine Kraft. Meine Kreativität, mein Selbstbewusstsein, meine große Klappe – alles was ich kann, kommt aus der Gastronomie und nicht aus dem Fernsehen. Im TV bin ich einer von vielen Blödeln. Ich meine, gucken Sie sich den Henssler an, dass der sich Koch nennt, ist ja schon ’ne Frechheit (lacht).

Gegen Steffen Henssler teilen Sie gerne aus. Wie nah stehen Sie sich wirklich?
Da will ich eigentlich nicht drüber reden. Denn dann müsste ich jetzt zugeben, dass ich den eigentlich ganz gut finde. Bei seinen Kochkünsten habe ich aber wirklich eine Meinung: Es ist fraglich, ob immer auf alles Sojasoße und Teriyaki gequetscht werden muss, damit es lecker ist. Ich sage mal so: Die unbegabten Köche, auch die zu Hause, machen auf alles Ketchup. Und das Ketchup vom Henssler ist Teriyaki (lacht). Er ist aber ein toller Kollege und ich finde es sehr gut, wie er sich präsentiert und wie er unternehmerisch denkt. Das hat schon alles Hand und Fuß.
Lassen sich Star-Köche wie Sie eigentlich Körperteile versichern? Die Hände oder den Geschmackssinn?
Ich habe in der Tat mal darüber nachgedacht, aber das ist unfassbar teuer. Man muss außerdem sagen: Der Geschmack basiert irgendwann auf Erfahrungswerten und die physische Arbeit in der Küche wird inzwischen ehrlicherweise zum Großteil von anderen Menschen übernommen. Dass ich noch jeden Tag in Kochjacke Zwiebeln schnipple, wäre wohl die größte Lüge, die ich vermitteln könnte. Sich die Hände zu versichern, ist daher einfach irgendwann nicht mehr notwendig – falls es das überhaupt je war.
Tim Mälzer: „Die unbegabten Köche machen auf alles Ketchup. Und das Ketchup vom Henssler ist Teriyaki“
In Ihrer Vox-Show „Kitchen Impossible“ fluchen Sie und werfen mit Schimpfworten um sich. Wie ist der Ton in der „Bullerei“-Küche?
„Kitchen Impossible“ und die „Bullerei“ sind zwei ganz unterschiedliche Szenarien. Ich stand bereits in Küchen, in denen mir der Tonfall vom Chef überhaupt nicht gefallen hat – vor 20 Jahren habe ich deshalb einmal fast aufgehört zu kochen. Deshalb gebe ich mir Mühe, ein moderner, guter Arbeitgeber zu sein. In einigen Bereichen gelingt es mir, in anderen habe ich noch Nachholbedarf. Aber die Sprache bei uns in der Küche ist im Grunde einwandfrei und recht harmonisch, würde ich sagen.
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Ist Ihnen die Pöbelei im Fernsehen hinterher peinlich?
In der Show muss ich spontan Gerichte nachkochen, die ich vorher noch nie gemacht habe. Ich verlasse jedes Mal meine Komfortzone und lasse mich dabei beobachten, wie ich scheitere. Das ist hochgradig frustrierend und unangenehm und dann wird eben auch mal geflucht. Peinlich ist mir das aber nicht – mir ist grundsätzlich relativ wenig peinlich. Außer wenn die Leute sehen, dass ich doch nicht so ein geiler Koch bin wie ich immer behaupte.