Morddrohungen, kein Geld, tote Tiere: Hamburgs Tierschützer am Limit
Krisenstimmung bei Hamburgs Tierschützern: „So etwas gab es noch nie. Wir haben kein Geld, weil die Spenden ausbleiben, zu wenig helfende Hände und viel mehr Tiere als in den letzten Jahren“, sagt Vanessa Haloui von LOOKI e.V. - Verein zur Tierrettung. Mehrere kleine Initiativen haben sich jetzt zum Krisengipfel in Bergedorf getroffen.
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Krisenstimmung bei Hamburgs Tierschützern. Mehrere kleine Initiativen haben sich jetzt zum Krisengipfel in Bergedorf getroffen. „So etwas gab es noch nie. Wir haben kein Geld, weil die Spenden ausbleiben, zu wenig helfende Hände und viel mehr Tiere als in den letzten Jahren“, sagt Vanessa Haloui von LOOKI e.V. – Verein zur Tierrettung.
Thomas Rapp, 58, von Sozialfelle e.V. : „Wir haben dreimal soviel Anträge wie in den letzten Jahren. Und wir haben keine Ehrenamtlichen Gassi-Geher:innen mehr.“ Der Verein hilft Menschen in Not, die Kosten für ihre Tiere zu übernehmen, oder bei Erkrankungen der Besitzer:innen, die Tiere zu betreuen.
Auf der einen Seite nehme die Armut zu. Bei steigenden Kosten werden so immer mehr Tiere ausgesetzt. Auf der anderen Seite gebe es zu wenig Menschen, die sich ehrenamtlich für Tiere engagieren möchten oder können. Ein bezahlter Mini-Job ist für viele jetzt wichtiger. Die Spenden seien komplett eingebrochen.
„Ihr seid ein Verein, ihr müsst helfen, bekommen wir immer gesagt. Wir sind aber alle Privatpersonen“, erklärt Haloui unter allgemeinem Kopfnicken. 90 Prozent der verletzten Wildtiere in ihrer Stationen seien durch Menschen verursacht.
Igelbaby einfach im Briefkasten abgestellt – tot
Haloui: „Die Leute denken nur bis zur eigenen Nasenspitze. Die feiern sich auf Facebook, wenn sie bei uns ein Tier abgeben, sehen aber nicht den Aufwand für die Tierschützer dahinter. Wenn wir den Leuten erklären, dass ihr gefundenes Tier völlig gesund ist, und sie es bitte wieder zurück zum Fundort bringen möchten, finden wir es später einfach vor unsere Tür in einem Karton abgestellt. Der Höhepunkt war ein Igelbaby im Briefkasten. Da kam leider jede Hilfe zu spät.“
Zudem würden nun viele Corona-Tiere abgegeben werden. Tiere, die in der Coronazeit angeschafft wurden, und nun mit dem Alltag nicht mehr kompatibel seien.
Tierschützer: Es sollte endlich verboten werden, bei Ebay Tiere zu verkaufen
Mitte September wurden vier Königspythons auf dem Parkplatz des Tierheim Süderstraße ausgesetzt. Ein Mitarbeiter des Hamburger Tierschutzvereins fand die Tiere in einer Plastikbox mit der Aufschrift „Achtung: Schlange. Zu verschenken/vergeben. 4 Königspythonschlangen im Behälter.“ Das Tierheim gehe davon aus, dass es sich bei der Tat um eine gut durchdachte Aussetzung handelte.
Es sollte endlich verboten werden, bei Ebay Tiere zu verkaufen, so eine weitere Forderung der Tierschützer. Gerda Starke, 58, von der Straßenkatzenhilfe Lauenburg: „Tierschutz gehört auf den Lehrplan.“ Die Menschen würden immer öfter unbedacht Tiere kaufen oder der Natur entnehmen. Wenn die Tiere dann lästig werden, sollen sie schnell wieder aus der Wohnung.
Von Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen: Hamburgs Tierschützer am Limit
Haloui ergänzt: „Die Leute haben dann angeblich kein Auto, um die Tiere zu bringen, und beschimpfen uns, wenn die Tiere nicht sofort von uns bei ihnen zu Hause abgeholt werden, bis hin zu Morddrohungen. Wenn ich für den Spruch: ,Ich habe kein Auto‘, einen Euro bekommen würde, hätte ich eine vergoldete Tierstation.“
Christian Erdmann, Leiter des Wildtier- und Artenschutzzentrums, sieht einen Aufnahmestopp als unausweichlich an. Die Kosten für Energie und Tierarzt steigen und die Spenden gehen stark zurück. „Gleichzeitig sammeln die Leute alle Tiere ein, die nicht schnell genug auf dem Baum sind.“ Das treffe jetzt vor allem die jungen Igel, „die sind ja noch so langsam und rollen sich zusammen. Die werden uns hier ohne Kommentar vor die Tür gelegt. Dass die Igel dann alle zwei Stunden gefüttert werden müssen, wird nicht bedacht. Ich habe hier einfach kein Personal mehr für die vielen Tiere. Wir wissen wirklich nicht mehr weiter.“
Haloui: „Wir brauchen unbedingt staatliche Unterstützung für den Tierschutz. Wir werden das nicht mehr lange durchhalten. Besonders der Wildtierschutz ist am Ende. Wir sind jetzt am Limit.“