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Thüringen: Statt Distanzierung: Hamburger FDP wirft Ramelow und Höcke in einen Topf

„Wer hat uns verraten? Freie Demokraten!“ Dieser Schlachtruf auf unzählingen Demos wird der FDP noch lange anhängen. Selbst dann, wenn die Wahl Thomas Kemmerichs zum Ministerpräsidenten von Thüringen kein abgekartetes Spiel war, sondern nur ein AfD-Coup. Und leider findet auch die FDP keine deutlichen Worte. Dabei muss sie jetzt um ihren Einzug in die nächste Hamburger Bürgerschaft bangen.

Zum ersten Mal nach der Nazi-Zeit kam ein Landeschef nur durch die Stimmen von Rechtsradikalen in sein Amt. Durch das Taktieren von CDU und FDP. Hier wären deutliche Worte nötig. Doch nicht nur FDP-Chef Lindner ließ die am Mittwoch vermissen. Auch die Hamburger FDP eierte in ihrer Stellungnahme herum.

FDP Hamburg: Linke in Thüringen ist extremer Rand

Schon der Auftakt ist ein völliger Fehlgriff: Für die Hamburger FDP äußert sich Fraktionschefin Anna von Treuenfels. Sie lobt sogar die Thüringer Parteikollegen noch und zeigt mit dem Finger auf andere. „Thomas Kemmerich ist heute als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten gegen zwei Kandidaten der extremen Ränder angetreten. Er hat damit als einziger Vertreter der bürgerlichen und staatstragenden Parteien Verantwortung gezeigt.“ Sie wirft damit auch gleich die Linke um Bodo Ramelow mit der AfD eines Faschisten wie Björn Höcke in einen Topf. Unfassbar!

Kemmerer Höcke

Thüringens neuer Ministerpräsident Thomas Kemmerer bekommt Gratulationen und Handschlag vom Faschisten Björn Höcke, der AfD-Fraktionschef ist.

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FDP Hamburg: Neuwahlen in Thüringen nicht nötig

Auch Neuwahlen will die Hamburger FDP nicht fordern. Oder eben nur, wenn die anderen Parteien nicht mitspielen und dann wiederum Schuld sind: „SPD und Grüne verweigern sich dem Gesprächsangebot der FDP, gemeinsame Projekte zum Wohl des Freistaates Thüringen auszuloten. Sie handeln damit fundamental gegen die Interessen der bürgerlichen Mitte. Sollten sie bei dieser Haltung bleiben, sind zügige Neuwahlen der einzige Ausweg.“

Am Donnerstag mittags gegen 12.30 Uhr war der öffentliche Druck und der aus der eigenen Partei dann offenbar so groß, dass sich von Treuenfels und die FDP-Landesvorsitzende Katja Suding dann deutlich distanzierten: „Wir fordern Thomas Kemmerich auf, zurückzutreten und den Weg zu zügigen Neuwahlen freizumachen. Die Ziele und Werte der AfD lehnen wir entschieden ab.“

Gerhard Baum

FDP-Urgestein Gerhard Baum rügt Lindner und Co. für ihre Schönrederei.

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FDP-Urgestein Baum kontert: Jetzt brennt die FDP

Klare Worte findet das FDP-Urgestein Gerhard Baum in der „Zeit“. Er analysiert, dass Kemmerichs Wahlkampf „thematisch teilweise schon nah dran an der AfD“ war. Baum: „Er ist kein AfDler, das nicht. Aber Kemmerich hätte sich gar nicht erst zur Wahl stellen dürfen.“ Jetzt brenne die ganze FDP.

Baum kritisiert auch Lindner und indirekt auch die Hamburger FDP: „Er lässt nicht davon ab, links und rechts gleichzusetzen. Wir haben aber in Deutschland eine rechtsextreme Partei, die die Nazi-Ideologie wiederbelebt. Die Gefahr ist auf rechter Seite viel größer als auf linker Seite  – und im Übrigen ist Herr Ramelow von der Linken doch kein Extremist. Diese Gleichsetzung von rechts und links ist angesichts der deutschen Geschichte nicht hinnehmbar.“

Auch die FDP in Köln reagierte deutlicher als die Hamburger

Auch direkt aus den Reihen der Hamburger FDP gibt es deutlich kritischere Stimmen, als die der Fraktionsführung. Etwa vom Ex-Bürgerschaftsabgeordneten Finn Ole Ritter:

FDP Hamburg: Scheitert sie an der Fünf-Prozent-Hürde?

Mit ihrer Eierei tun sich die Hamburger Liberalen auch rein wahltaktisch keinen Gefallen. Die Partei, die in Prognosen bei sechs Prozent liegt, könnte jetzt durch die Wähler massiv abgestraft werden und am 23. Februar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Auf der Facebook-Seite der Partei ärgern sich schon die ersten, dass sie der FDP bereits per Briefwahl ihre Stimme gegeben haben.

Dabei hatten die Liberalen sich zuletzt sehr erfolgreich als Zünglein an der Waage in Hamburg ins Spiel gebracht und gemeinsam mit der CDU für eine sogenannte „Deutschland-Koalition“ aus SPD, CDU und FDP geworben, um die Grünen doch noch auszubooten. Quasi die einzige Konstellation, bei der die FPD überhaupt eine realistische Chance hätte, mitzuregieren.

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