Teure Weihnachtspost: Neuer Mietenspiegel löst Schockwelle aus
Finger weg von der Weihnachtspost! Wohnen Sie zur Miete, dann öffnen Sie den Briefkasten erst im neuen Jahr, soll Ihr Fest besinnlich und der Rutsch in 2024 ein guter bleiben! Denn die Post bringt in diesem Jahr nicht nur Geschenke ins Haus, sondern auch einen Packen Mieterhöhungen.
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Finger weg von der Weihnachtspost! Wohnen Sie zur Miete, dann öffnen Sie den Briefkasten erst im neuen Jahr, soll Ihr Fest besinnlich und der Rutsch in 2024 ein guter bleiben! Denn die Post bringt in diesem Jahr nicht nur Geschenke ins Haus, sondern auch einen Packen Mieterhöhungen.
Viele Vermieter:innen packen jetzt die Rute aus. Der Grund: Der neue Mietenspiegel ist gerade raus. Danach stiegen die Mieten in frei finanzierten Wohnungen seit 2021 um durchschnittlich 5,8 Prozent auf 9,83 Euro pro Quadratmeter.
„Wir dürfen damit rechnen, dass die Mieterhöhungen noch unterm Tannenbaum liegen werden“, prophezeit Rolf Bosse, Chef des Mietervereins zu Hamburg. Bis zu 200.000 Haushalte könnten Post bekommen. Denn die nach Baujahr, Wohnungsgröße, Lage und Wohnstandards geordneten Vergleichszahlen des Mietenspiegels sind eine wichtige Rechtsgrundlage für die Vermieter:innen, mehr Miete zu verlangen. „Nach der Veröffentlichung des Mietenspiegels rollt eine Welle von Mieterhöhungen über Hamburg“, warnt auch Maura Weigelt von der Volksinitiative „Hamburg enteignet“. Viele Eigentümer:innen hätten „nur auf die neuen Zahlen gewartet, um noch mehr Geld mit ihren Immobilien zu machen“.
Mietenspiegel angestiegen – Erhöhungswelle in Hamburg zu erwarten
Der Hamburger Mietenspiegel, der seit 1976 erhoben wird, ist seit jeher nicht unumstritten. Einerseits begrenzt er Mietsteigerungen, da die Vermieter:innen bei ihren Forderungen nur zehn Prozent über die hier ermittelten Vergleichsmieten hinausgehen dürfen. Andererseits löst er nach Erscheinen regelmäßig eine Mieterhöhungswelle aus. Den Mietmarkt bildet er nur annäherungsweise ab: Wohnungen, bei denen sechs Jahre lang die Mieten nicht gestiegen sind oder neu vereinbart worden sind, werden nicht berücksichtigt. Das treibt die Zahlen nach oben.
Um die Veränderung solcher Berechnungsgrundlagen hatte es im Vorfeld einen Eklat in dem zuständigen Arbeitskreis gegeben, in dem neben der Stadtentwicklungsbehörde auch Grundeigentümer:innen und Mieter:innenvereine sitzen. Weil etwa „Mietzinsvereinbarungen, die gegen die Mietpreisbremse verstoßen und damit rechtswidrig sind“, in den Mietenspiegel weiterhin mit einfließen“ und „in erheblichem Maße preistreibend“ wirken, versagte der Verein Mieter helfen Mietern (MhM) erstmals seit über 30 Jahren dem neuen Mietenspiegel seine Zustimmung – ein absolutes Novum.
Hamburger Mietenspiegel ist seit jeher umstritten
Während MhM die ermittelten Vergleichsmieten zu hoch sind, sind sie der CDU zu niedrig. Sie unterstellt dem Senat „Statistik-Tricks“, weil „die hohen Mieten in den sehr guten Wohnlagen nicht mit in die Statistik aufgenommen wurden“. „Ohne diese Erhebungen sind die präsentierten Zahlen praktisch nichtig“, wirft die CDU-Abgeordnete Anke Frieling dem Arbeitskreis vor, die Vergleichsmieten künstlich nach unten zu drücken.“ Klar wird so: Der Mietenspiegel ist kein objektiver Miethöhenmesser, sondern auch ein politisches Kampfinstrument, das dazu dienen kann, Mieterhöhungen zu begrenzen oder aber ihnen freien Lauf zu lassen.
Die Opposition beklagt die Mieterhöhungen einhellig und wirft dem Senat politisches Versagen vor. Während die Linke eine „Mietpreisbremse“ und die FDP den „Abbau bürokratischer Bauvorschriften“ fordert, um Mieterhöhungswellen auszubremsen und den Neubau voranzutreiben, versucht die SPD, die neue Erhebung zur Erfolgsgeschichte ihrer Wohnungspolitik umzudeuten. So betonen Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein und die Bürgerschaftsabgeordnete Martina Koeppen (beide SPD) unisono, dass die 5,8-Prozent-Steigerung trotz Inflation deutlich unter der Steigerung des Vorgänger-Mietenspiegels von 2021 (7,3 Prozent) liege. Dabei verschweigen beide, dass dieser Mietensprung ein bislang einmaliger Ausreißer war, der Mietenspiegel von 2019 etwa nur eine Mietsteigerung von 2,6 Prozent auswies.
Opposition kritisiert Senat hinsichtlich der Mieterhöhungen
Auch der sozialdemokratische Verweis darauf, dass die Mieten in München, Stuttgart und Frankfurt noch höher lägen als an der Elbe, hilft Hamburgs Mieter:innen nicht weiter. Er erinnert an die tröstenden Worte des Zahnarztes, der einer schmerzgeplagten Patientin sagt, ihre Vorgängerin habe noch mehr gelitten.
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„Ich warne den Senat vor einem Realitätsverlust, die große Schockwelle kommt erst noch“, schlägt deshalb die FDP-Vizechefin Katarina Blume alarmistische Töne an und verweist darauf, „dass die Zahlen fertiggestellter Wohnungen in Hamburg drastisch zurückgegangen“ sind und noch weiter sinken werden. Es sei „völlig klar, dass sich der Wohnungsmangel weiter verschärfen“ werde und damit auch der Mietengalopp. Keine guten Aussichten für Hamburgs Mieter:innen.