Nur noch 30 km/h? Tempo-Bremse für ganz Hamburg – jetzt wird es konkret
Für Autofahrer könnte es bald heißen: Ab auf die Bremse! Die Idee, Tempo 30 statt Tempo 50 in Städten zur Regelgeschwindigkeit zu machen, kocht weiter hoch. Wer im Hamburger Rathaus dafür ist, wo Ausnahmen gelten sollen – und warum ein Punkt dagegen spricht.
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Für Autofahrer könnte es bald heißen: Ab auf die Bremse! Die Idee, Tempo 30 statt Tempo 50 in Städten zur Regelgeschwindigkeit zu machen, kocht weiter hoch. Der Grund dafür ist eine bundesweite Initiative, der sich inzwischen mehr als 170 Städte in Deutschland angeschlossen haben – Hamburg allerdings noch nicht. Das könnte sich aber bald ändern.
„Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ heißt die im Juli 2021 gegründete Städtegruppe. Sie setzt sich dafür ein, dass Kommunen frei entscheiden können, wo sie Tempo 30 anordnen. Bislang ist das nur in Ausnahmefällen möglich, etwa vor Schulen, Kitas oder Seniorenheimen. Ein aktuelles Beispiel ist die Quickbornstraße in Eimsbüttel. Der Bezirk will für das dort entstehende zukünftige Wohngebiet ein verkehrsberuhigtes Konzept entwerfen, das auch Tempo 30 beinhaltet.
Tempo 30: Das will die Städteinitiative bewirken
Die Initiative will jetzt aber einen ganzen Schritt weiter gehen. „Lebendige, attraktive Städte brauchen lebenswerte öffentliche Räume“, heißt es in dem Positionspapier. Tempo 30 spiele da eine zentrale Rolle. „Die Straßen werden wesentlich sicherer“, so die Initiatoren. „Die Straßen werden zudem leiser, die Luft wird sauberer und die Straßen sind wieder mehr als nur eine Verbindung von A nach B.“ Bedeutet im Klartext: Zukünftig sollen auch andere Gründe, neben einer erhöhten Unfallgefahr, eine Möglichkeit für Kommunen sein, Tempo 30 anzuordnen. Auch auf Hauptverkehrsstraßen.
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Inzwischen haben sich nach Angaben der Initiative bereits mehr als 170 deutsche Städte diesem Ziel angeschlossen, darunter Frankfurt, Köln und zuletzt auch Berlin. Die Hansestadt findet sich hingegen nicht auf der Liste.
Tempo 30 in Hamburg: Antrag auf Beitritt zur Initiative
Das wollen die Hamburger Linken ändern und setzten das Thema auf die Bürgerschaft-Agenda. „Dass der Hamburger Senat die Städteinitiative für Tempo 30 nicht unterstützt, zeigt einmal mehr die völlig überflüssige Rücksichtnahme auf die Autolobby in unserer Stadt“, sagt die verkehrspolitische Sprecherin Heike Sudmann.
Der ADAC sieht stadtweites Tempo 30 tatsächlich kritisch – allerdings laut eigener Aussage aus anderen Gründen. „Wenn überall nur noch mit Tempo 30 gefahren wird, dann verlagert sich der Autoverkehr in die Wohngebiete, weil das auf einmal der kürzere Weg ist“, so Sprecher Christian Hieff. „Dazu kommt, dass durch solche Maßnahmen auch der Busverkehr ausgebremst würde. Der vom Senat angestrebte Fünf-Minuten-Takt rückt damit in weite Ferne.“
Dem gegenüber steht eine Studie des Umweltbundesamtes, die die Leistungsfähigkeit der Hauptverkehrsstraßen bei Tempo 30 nicht groß beeinträchtigt sieht. „Andere Faktoren, wie die Qualität der Lichtsignalprogramme, die Anzahl querender Fußgänger oder Bushalte, Parkvorgänge oder Halten in zweiter Reihe haben in der Regel einen größeren Einfluss“, heißt es dort. Dazu kämen die Vorteile von weniger Lärmbelastung und höherer Verkehrssicherheit.
Tempo 30 in Hamburg: Unterstützung vom Umweltverband
Ähnliche Worte kommen vom Hamburger Landesverband des BUND. Tempo 30 bedeute „weniger Lärm, bessere Luft und Rettung von Menschenleben“, so der stellvertretende Vorsitzende Martin Mosel. Hamburg müsse alles dafür tun, schnellstmöglich Tempo 30 großflächig einzuführen.
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Abgeschmettert wurde der Vorschlag in der mehrheitlich rot-grünen Bürgerschaft jedenfalls nicht – dafür aber erst einmal in den Verkehrsausschuss rübergeschoben. Dort soll das Thema nun intensiver diskutiert werden. Der Senat teile „das Ziel, die Zahl der Verkehrstoten auf Null zu reduzieren“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) der MOPO. „Eine angemessene Geschwindigkeit im Straßenverkehr ist ein wichtiger Beitrag. Wir brauchen daher mehr Tempo 30 in Hamburg.“ Dafür sei mehr kommunale Verantwortung unersetzlich.
Tempo 30 in Hamburg: Verkehrsausschuss diskutiert
Dem schließt sich SPD-Verkehrspolitiker Ole Thorben Buschhüter auf MOPO-Nachfrage an. Er verweist allerdings auch auf den Bund, der zügig neue Regelungen treffen müsse. „In Hamburg gibt es Raum für mehr Tempo 30“, sagt er, schränkt allerdings ein: „Auf den Hauptverkehrsstraßen soll Tempo 50 die Regelgeschwindigkeit bleiben.“ Wie der ADAC-Sprecher nennt er als Gründe den möglichen Ausweichverkehr in Wohngebiete und den ausgebremsten Busverkehr.
Wie es in der Hansestadt weitergeht, entscheidet sich jetzt in den kommenden Sitzungen des Verkehrsausschusses. Derzeit gilt in 58 Prozent aller Hamburger Straßen Tempo 30, es ist aber tatsächlich realistisch, dass es künftig mehr werden. Ob darunter aber auch Hauptverkehrsstraßen sein werden, ist noch offen.