Teils seit Jahren: In diesem Hamburger Bezirk stehen Hunderte Wohnungen leer
Beim einen bröckelt schon der Putz, beim anderen blättert die Fassade: In Eimsbüttel stehen hunderte Wohnungen leer – einige davon bereits seit vielen Jahren. Das prominenteste Beispiel ist wohl das Gründerzeithaus in der Grindelallee 80, weshalb die Lokalpolitik zuletzt sogar den Senat einschaltete, aber es gibt noch viele weitere. Was tut der Bezirk dagegen?
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Beim einen bröckelt schon die Fassade, beim anderen wuchert das Unkraut: Im Bezirk Eimsbüttel stehen Hunderte Wohnungen leer – einige davon bereits seit vielen Jahren. Das prominenteste Beispiel ist wohl das Gründerzeithaus in der Grindelallee 80, weswegen die Lokalpolitik zuletzt sogar den Senat einschaltete, aber es gibt noch viele weitere. Was tut der Bezirk dagegen?
Derzeit stehen im Bezirk Eimsbüttel insgesamt 445 Wohnungen leer. Das sind allerdings nur die, die nach dem Hamburger Wohnraumschutzgesetz „aktenkundig“, also bekannt sind. Von diesen 445 Leerständen sind 348 laut Bezirkssprecher Kay Becker „begründet“. Das heißt, entweder wird das Haus saniert oder abgerissen und neu gebaut.
Eimsbüttel: 26 Wohnungen stehen seit mehr als zwei Jahren leer
Bleiben also 97 Leerstände übrig – bei diesen Fällen geht es unter anderem um Erbschaftsstreitigkeiten. Manche Investoren versucht der Bezirk aber auch schon seit Jahren zu fassen, damit sie ihren Pflichten als Eigentümer nachkommen. In 26 Fällen stehen die Wohnungen seit mehr als zwei Jahren leer.
Ein Beispiel dafür ist die Grindelallee 80 in Rotherbaum, ganz in der Nähe der Uni. Eigentümer des Gebäudes ist seit zehn Jahren der Investor Sven B. Bereits einige Jahre nach dem Kauf kam es zu Wasserschäden und Schimmel, die Wärmeversorgung war immer wieder unterbrochen. 2019 ordnete der Bezirk für die acht Mietparteien die Zwangsräumung an.
Leerstand Grindelallee 80: Lokalpolitik schaltet Senat ein
Nach vier Jahren und 130.000 Euro an verhängten Bußgeldern beschloss die Bezirksversammlung auf Initiative der Linken, einen Treuhänder einzusetzen – es sei denn, das Haus würde innerhalb von sechs Monaten zwangsversteigert. Ein Treuhänder ist wie eine „Enteignung auf Zeit“. Dieser übernimmt die Verpflichtung des eigentlichen Eigentümers – also hier Wohnungen sanieren und vermieten – bis die Sache geklärt ist.
Weil sich B. allerdings seit fünf Jahren im Rechtsstreit mit einem möglichen Käufer für die Grindelallee 80 befindet, entschied der Bezirk, vorerst weder eine Zwangsversteigerung durchzuführen, noch einen Treuhänder einzusetzen. In der Lokalpolitik herrscht darüber Empörung, die Bezirksversammlung beschloss jetzt, den Senat einzuschalten.
Moorweidenstraße: Haus soll laut Bezirk saniert werden
Nur ein paar Ecken entfernt, in der Moorweidenstraße 12, wohnt ebenfalls niemand mehr. Eine erste Leerstandsmeldung erhielt der Bezirk laut Becker vor drei Jahren. Seit Oktober 2023 steht das gesamte altherrschaftliche Gebäude mit Säulen leer. Dort sei eine Sanierung geplant, Bußgelder gab es bislang noch keine.
Fünf Kilometer weiter befindet sich ein Haus in der Methfesselstraße 80 (Eimsbüttel), das sich auf den ersten Blick kaum von den Nebengebäuden unterscheidet. Wie auch in der Grindelallee handelt es sich um einen Gründerzeitbau vom Ende des 19. Jahrhunderts. Auffällig sind allerdings die Graffiti im Erdgeschoss und das Plakat mit der Aufschrift „Abriss, nein danke!“. Es hängt unter unter der Wohnung, in der seit Jahren der letzte Mieter wohnt.
2018 wechselte der Eigentümer der Immobilie und kündigte Modernisierungen an. Kurz darauf kamen jedoch Kündigungen, die ersten Mieter zogen aus. Man habe ihnen Geld angeboten, gaben einige gegenüber der „taz“ an. Der letzte Mieter blieb, setzte sich gegen die Kündigung zur Wehr. 2023 erteilte das Bezirksamt eine Genehmigung, das Haus umzubauen und aufzustocken. Bußgelder gab es bislang keine, es wurde lediglich mal damit gedroht.
An der Lohbek: Ein Haus wurde abgerissen – der Rest verfällt
Weiter geht es ins zwei Kilometer entfernte Lokstedt: Durch die Türen der Häuser An der Lohbek 2-8 ist schon lange niemand mehr gegangen. Das Ensemble steht seit mehr als zehn Jahren zum großen Teil leer, ein Schandfleck inmitten eines sonst belebten Wohngebiets. Bereits im August 2012 gab es die erste Leerstandsmeldung, so steht es in einer Anfrage von Mikey Kleinert (Linke), dann wurden die Wohnungen unter anderem an Geflüchtete zwischenvermietet.
Zwischenzeitlich gab es auch mal eine Baugenehmigung für einen viergeschossigen Neubau bei der Nummer 6. Das alte Gebäude wurde 2018 abgerissen, seitdem liegt die Fläche brach. Weil der Eigentümer keine Ersatzwohnungen schuf, musste er ein Bußgeld in Höhe von circa 800.000 Euro zahlen, wegen des Leerstands gab es allerdings noch keine Geldstrafe.
„Wo einst günstiger Wohnraum war, wird abgerissen und teuer neu gebaut. Bezirksamt und Senat müssen ihre Bemühungen gegen Leerstand verstärken“, fordert Kleinert. „Es darf nicht sein, dass Einträge teilweise seit 2013 im Internet stehen und noch heute leer sind.“ Unter serviceportal.hamburg.de können alle Hamburger übrigens selbst Leerstände direkt an den jeweiligen Bezirk melden.