Tausende Fahrten ausgefallen: Das Fähren-Fiasko von Finkenwerder
Die Fähren galten lange als das zuverlässigste Verkehrsmittel in Hamburg. Sie fuhren bei Stau im Elbtunnel, bei umgekippten Bäumen oder Weichenstörungen. Doch dieses Bild hat sich längst gewandelt: In den vergangenen Monaten klagten Fahrgäste immer wieder über Ausfälle. Neue Zahlen zeigen jetzt, welche Linie besonders betroffen ist. Woran liegt das – und wie das Fähr-Unternehmen Hadag jetzt umsteuern will.
Die Fähren galten lange als das zuverlässigste Verkehrsmittel in Hamburg. Sie fuhren bei Stau im Elbtunnel, bei umgekippten Bäumen oder Weichenstörungen. Doch dieses Bild hat sich längst gewandelt: In den vergangenen Monaten klagten Fahrgäste immer wieder über Ausfälle. Neue Zahlen zeigen jetzt, welche Linie besonders betroffen ist. Woran liegt das und wie das Fähr-Unternehmen Hadag jetzt umsteuern will.
Vor allem für die Einwohner von Finkenwerder sind die Fähren eines der wichtigsten Verkehrsmittel – aber auch Touristen nutzen die Schiffe gern als günstige Alternative zu einer Hafenrundfahrt. Mit Abstand am meisten Fahrgäste sind auf der Linie 62 unterwegs, die zwischen Landungsbrücken und Finkenwerder hin und her pendelt – vier Millionen waren es im Jahr 2022.
So viele Ausfälle gab es dieses Jahr auf Fähren der Linie 62
Im Frühling und Sommer schafft diese Fähre zwischen 4100 und 4200 Fahrten pro Monat – im Winter sind es etwas weniger, zwischen 3700 und 3800 Touren. Wie eine Senats-Anfrage der Verkehrsexpertin Heike Sudmann (Linke) offenlegt, fielen auf dieser Linie im Jahr 2022 insgesamt 208 Fahrten aus.
Im Vergleich zu diesem Jahr erscheint diese Zahl allerdings lächerlich gering. Allein bis Ende August 2023 fielen insgesamt 1769 Fahrten auf der 62er Fähre aus. Mit Abstand vorne liegt der August mit 343 Fahrtausfällen. Knapp dahinter der März mit 296 Touren – in diesem Monat wurde aber auch bei der Hadag gestreikt.

Ebenfalls nach Finkenwerder fährt die Fähre 64, die auf dem Weg vom Anleger Teufelsbrück in Nienstedten noch am Rüschpark hält. Mit 2400 bis 2600 Fahrten pro Monat nimmt das Schiff jährlich um die 640.000 Fahrgäste mit. Bislang eine der zuverlässigsten Linien: Nur 25 Fahrten fielen im gesamten Jahr 2022 aus – dieses Jahr waren es bis Ende August bereits 847. An der Spitze steht der Streik-Monat März mit 185 entfallenen Fahrten.
Ausfälle auf der Linie 68 sind sprunghaft angestiegen
Eine wichtige Verbindung ist auch die Fährlinie 68, die vom Anleger Teufelsbrück direkt zum Airbus-Gelände pendelt. Pro Monat legen die Schiffe zwischen 3000 und 3600 Fahrten zurück und transportieren so jährlich um die zwei Millionen Passagiere. 130 Ausfälle sind für das Jahr 2022 vermerkt. Dann explodierte die Zahl: Bis Ende August entfielen bereits unfassbare 2604 Fahrten. Ausfall-Spitze war mit Abstand der Juni, hier warteten Fahrgäste 706 Mal vergeblich.
Sudmann bezeichnet die Zahlen als „niederschmetternd“. „Dieses Desaster zeichnete sich seit Februar 2023 deutlich ab, weshalb haben weder die Hadag noch der Senat früher reagiert?“ In diesem Monat begann der vermehrte Ausfall der Fahrten.
Hadag bestätigt Engpass bei ihren Schiffskapitänen
Auf MOPO-Anfrage bestätigt die Hadag, dass es aktuell einen Engpass bei den Schiffsführern gebe. Seit August leiten Tanja Cohrt und Martin Lobmeyer das Tochterunternehmen der städtischen Hochbahn, die laut eigener Aussage eine Mitarbeiter-Offensive gestartet haben. Zum Beispiel bekommt jetzt ein Angestellter, der einen neuen Schiffsführer anwirbt, eine Prämie von 2500 Euro.
„Man muss auch sehen, dass wir seit Anfang August sehr intensiv und erfolgreich daran gearbeitet haben, dass keine weiteren Kündigungen erfolgten“, sagt Cohrt zur MOPO. Mit dem Tarifabschluss im Frühjahr, dem die Streiks im März vorausgegangen waren, sei man konkurrenzfähig mit anderen Arbeitgebern im Hafen.

Seit August helfen bei Bedarf zudem Kollegen von der Alster-Touristik GmbH sowie zwei Mitarbeiter der Hamburg Port Authority aus. Im September waren bei der Hadag insgesamt 72 Schiffsführer angestellt, laut Cohrt sollen es im November 76 sein. Das seien wieder genug für „einen verlässlichen Betrieb“.
Angesichts der bald möglichen Konkurrenz auf dem Wasser muss die Hadag das auch gewährleiten können: Immerhin sollen voraussichtlich ab 2024 Wassertaxis auf der Elbe düsen. Mit diesen würde sich die Fahrt von Finkenwerder bis zu den Landungsbrücken von 27 auf neun Minuten verkürzen. Und auch die schwedische Firma „Candela“ liebäugelt damit, in Hamburg seine elektrischen Flug-Fähren aufs Wasser zu bringen.