Tauchboot-Drama: MOPO-Redakteurin erinnert sich an eigenen Grusel-Trip
Es war ein tagelanges Drama: Fast eine Woche lang suchten Spezialkräfte nach dem verschollenen Tauchboot „Titan“, das sich mit fünf Insassen an Bord auf dem Weg zum Wrack der „Titanic“ befunden hatte. Die ganze Welt fieberte mit und bangte um die fünf Männer in der engen Kapsel und die knappen Sauerstoffreserven. Bei MOPO-Redakteurin Nina Gessner kamen Erinnerungen hoch. Erinnerungen einen gefährlichen U-Boot-Trip vor 25 Jahren.
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Es war ein tagelanges Drama: Fast eine Woche lang suchten Spezialkräfte nach dem verschollenen Tauchboot „Titan“, das sich auf dem Weg zum Wrack der „Titanic“ befunden hatte. Die ganze Welt fieberte mit und bangte um die fünf Männer in der engen Kapsel und die knappen Sauerstoffreserven. Bei MOPO-Redakteurin Nina Gessner kamen Erinnerungen hoch. Erinnerungen einen gefährlichen U-Boot-Trip in Honduras vor 25 Jahren.
Damals war ich noch jung, naiv – und abenteuerlustig. Meine Familie und ich verbrachten die Ferien auf der Karibik-Insel Roatan vor Honduras. In dem Hotel, in dem wir untergebracht waren, wohnte auch ein junger US-Amerikaner. Sein besonderes Spielzeug: ein U-Boot.
U-Boot Marke Eigenbau: US-Amerikaner begann mit 15 Jahren an einer Stahlröhre zu basteln
Das strahlend gelbe Unterwasser-Gefährt war Karl Stanleys ganzer Stolz. Jahrelang hatte der damals 27-Jährige daran herumgetüftelt und sich damit einen Kindheitstraum erfüllt. Mit neun Jahren hatte er Jules Vernes‘ Geschichten von Kapitän Nemo und seinem U-Boot „Nautilus“ gelesen. In seiner Pubertät beschäftigte sich Stanley mit U-Boot-Konstruktionsplänen. Im Alter von 15 Jahren kaufte er sich eine Stahlröhre und legte los.
Acht Jahre und viele Schweiß-Einsätze später war die „C-Bug“ (kurz für: Controlled By Buoyancy Underwater Glider) fertig. Einen Motor hatte die Tauchkapsel nicht. Das Ab- und Auftauchen wurde über Luftkammern geregelt. All das erklärte Stanley an einem Info-Abend im Hotel, bei dem er für Trips mit seiner selbstgebastelten „Yellow Submarine“ warb.
Mich reizte das. Als Taucherin war die maximale Tiefe, die ich je erreicht hatte, 40 Meter. Mit der „C-Bug“ waren 200 Meter möglich. Wie würde es dort aussehen? Welche Lebewesen sind dort noch vorhanden? Und wie ist es überhaupt, mit einem U-Boot zu tauchen, statt mit einer Sauerstoffflasche auf dem Rücken?
Gruselig: Bei einem Unfall hätte es in Honduras keine Möglichkeit zur Rettung gegeben
All das wollte ich wissen, als ich in das 3,50 Meter lange und 1,70 Meter breite U-Boot mit Platz für zwei Personen stieg. Mein Vater stand, stolz über den Mut seiner Tochter, am Ufer. Auch meine Schwester sah zu. Nur meine Mutter konnte das alles nicht ertragen. Sie blieb im Hotelzimmer. Denn eins war klar: Sollte das Boot dort unten irgendwo hängenbleiben oder das Luftkammer-System versagen, dann hätte es in einem Dritte-Welt-Land wie Honduras keine Chance auf einen Rettungseinsatz gegeben.
Wie ich es damals geschafft habe, diesen Gedanken auszublenden, weiß ich bis heute nicht. Das türkisfarbene Karibikwasser wurde beim Abtauchen immer dunkler und dunkler. Die bunten Fische und Korallen ließen Kapitän Karl Stanley und ich hinter uns. Als wir die Tiefe von etwa 200 Metern erreichten, war es fast komplett dunkel. Die „C-Bug“ hatte weder Innen- noch Außenbeleuchtung. Vor den Bullaugen gab es nur noch merkwürdig geformte Seegurken zu sehen. Es wurde kalt.
Was nützen Sauerstoffreserven bei einer Katastrophe in unerreichbaren Tiefen?
Die Sauerstoffreserven des U-Bootes hätten für drei Tage gereicht. Daran musste ich denken, als ich die Berichte über die verschollene „Titan“ las, die Luft für 96 Stunden hatte. Aber was nützt das in diesen Tiefen, in denen es nur einen langsamen Erstickungstod bedeuten würde?
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Wie es aussieht, ist die „Titan“ implodiert. Die Untersuchungen laufen noch. Den Horror, den die Insassen erlebt haben, mag man sich nicht ausmalen. Die Erleichterung meiner Familie und meiner selbst, als ich damals nach dem etwa einstündigen Trip wieder festen Boden betrat, habe ich nicht vergessen. Und mit der Abenteuerlust ist es zumindest in dieser Hinsicht endgültig vorbei: In ein U-Boot kriegen mich keine zehn Pferde mehr hinein. Schon gar nicht in so ein kleines!