Blutbad vor 21 Jahren: Plötzlich zündet der Geiselnehmer eine Handgranate
Samir B. nahm eine Geisel, raste durch Eimsbüttel und Hoheluft, feuerte mehrfach auf Polizisten. Am Grindelhof zündete der 25-Jährige schließlich eine Handgrante: Die Spur der Gewalt, die Samir B. vor fast genau 20 Jahren in Hamburg hinterließ, ist beispiellos.
Alles beginnt am 26. Februar 2001 um 15.16 Uhr mit einem Routineeinsatz der Polizei an der Eimsbütteler Chaussee. Im dortigen Fitnessstudio „Body Top“ randaliert Samir B. und wirft eine Fünf-Kilo-Hantel durch die Scheibe. Als Polizisten ihn wenig später am Doormannsweg stellen, zieht der muskulöse Mann eine Neun-Millimeter-Pistole und schießt auf die Beamten. Die erwidern das Feuer, doch Samir B. feuert immer weiter. Kugeln verfehlen Passanten nur um Haaresbreite. Dann folgt eine unfassbare Verfolgungsjagd quer durch die Stadt.
Samir B. nahm eine Geisel, raste durch Eimsbüttel und Hoheluft, feuerte mehrfach auf Polizisten. Am Grindelhof zündete der 25-Jährige schließlich eine Handgrante: Die Spur der Gewalt, die Samir B. vor fast genau 20 Jahren in Hamburg hinterließ, ist beispiellos.
Alles beginnt am 26. Februar 2001 um 15.16 Uhr mit einem Routineeinsatz der Polizei an der Eimsbütteler Chaussee. Im dortigen Fitnessstudio „Body Top“ randaliert Samir B. und wirft eine Fünf-Kilo-Hantel durch die Scheibe. Als Polizisten ihn wenig später am Doormannsweg stellen, zieht der muskulöse Mann eine Neun-Millimeter-Pistole und schießt auf die Beamten. Die erwidern das Feuer, doch Samir B. feuert immer weiter. Kugeln verfehlen Passanten nur um Haaresbreite.
Der Autor
Thomas Hirschbiegel (hier am Tatort Grindelhof) ist seit 1977 bei der MOPO. Der 62-Jährige war fast 40 Jahre Polizeireporter, schreibt heute als Chefreporter auch über Stadtentwicklung, Architektur oder „Lost Places“.
An den Amoklauf vor 20 Jahren erinnert er sich gut: „Wir haben die Verfolgungsjagd am Polizeifunk verfolgt. Das war wirklich extrem dramatisch. Ein Wunder, dass weder Polizisten noch Passanten durch die Dutzenden Schüsse des Geiselnehmers verletzt wurden.“ Die Hintergründe von Samir B.s Taten haben die MOPO dann tagelang beschäftigt.
Tatort Hamburg: Amoklauf am Grindelhof
Der Amokläufer rennt über den Eppendorfer Weg zur Gärtnerstraße. Dort sitzt ein 34-jähriger Elektriker in seinem Ford Transit. Samir B. reißt die Beifahrertür auf, springt in das Auto, hält dem Handwerker die Pistole an den Kopf und zwingt ihn loszufahren. Aus dem Auto heraus schießt Samir B. auf verfolgende Streifenwagen.
Die Fahrt geht über Eppendorfer Baum und Hochallee bis zum Grindelhof. Der Geiselnehmer zwingt sein Opfer, über rote Ampeln zu rasen, lädt seine Waffe nach und feuert immer wieder aus dem Autofenster auf Polizisten. Inzwischen verfolgen 20 Streifenwagen den Transporter.
20 Streifenwagen verfolgten den Amokläufer
Am Grindelhof, unweit des Geschäfts „Blumen Lund“, können Polizisten den Transporter mit einem Streifenwagen abdrängen und so die Amokfahrt stoppen. Doch in dem Moment, als Beamte mit gezückten Waffen auf den Transporter zulaufen, zündet der Geiselnehmer eine Handgranate. Der Sprengkörper verletzt die Geisel schwer, auch zwei Polizisten werden durch Splitter verletzt. Die Detonation der Granate reißt dem Täter die rechte Hand ab.
- Thomas Hirschbiegel In diesem Fitnessstudio begann der Amoklauf des Samir B. (25)
- Thomas Hirschbiegel Der Beamte rechts wurde von einem Granatsplitter getroffen. Seine Schutzweste bewahrte ihn vor einer schweren Verletzung.
Erst einen Tag nach dem Amoklauf kann die Identität des Verbrechers ermittelt werden. Samir B. war 1996 aus Algerien nach Deutschland gekommen und hatte einen Asylantrag gestellt. Der wurde abgelehnt. Zu einer Abschiebung kam es allerdings nicht, weil Samir B. keinen Pass besaß. Er landete wegen kleinerer Delikte im Knast, nach der Entlassung lebte er in einer Flüchtlingsunterkunft in Sasel.
Bei den Ermittlungen nach dem Amoklauf kommt heraus, dass Samir B. bereits fünf Tage vorher eine Gewalttat verübt hatte. An der Knorrestraße (St. Georg) griff Samir B. ein schwules Paar an, beschimpfte die Männer (26 und 35) als „Schweine“. Er verfolgte das Paar, stach dem Älteren mit einem Messer in den Rücken, schlug den Jüngeren zu Boden und schoß ihm in die Hüfte. „Eiskalt wie ein Roboter“ hätte der Angreifer agiert, erzählte ein Opfer.
Im Juli 2001 steht Samir B. vor dem Landgericht, sagt: „Ich wollte sterben, ich wurde verfolgt. Was sollte ich machen?“ Ein Gutachter bescheinigt dem Täter eine paranoide Psychose, also so etwas wie „Verfolgungswahn“. Am 2. August entscheidet das Gericht, dass Samir B. auf unbestimmte Zeit in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht wird.