Täter lauerte im Parkhaus und stach 36 Mal zu – Mutter (41) starb auf Fahrersitz
„Sie haben einem neun Jahre alten Kind die Mutter genommen. Sie haben Ihrem eigenen Kind den Vater genommen. Und den Angehörigen des Opfers haben Sie großes Leid beschert.“ Das waren die Worte des Vorsitzenden Richters an den Mann gerichtet, der seine ehemalige Lebensgefährtin Nicole B. (41) getötet hatte. 36 Mal stach er auf die Frau ein, die er seine „große Liebe“ nannte. Der „Parkhaus-Mord“ von Othmarschen erschütterte im Jahr 2009 Hamburg und sorgte bundesweit für Aufsehen.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Neukunden lesen die ersten 4 Wochen für nur 1 €!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
„Sie haben einem neun Jahre alten Kind die Mutter genommen. Sie haben Ihrem eigenen Kind den Vater genommen. Und den Angehörigen des Opfers haben Sie großes Leid beschert.“ Das waren die Worte des Vorsitzenden Richters an den Mann gerichtet, der seine ehemalige Lebensgefährtin Nicole B. (41) getötet hatte. 36 Mal stach er auf die Frau ein, die er seine „große Liebe“ nannte. Der „Parkhaus-Mord“ von Othmarschen erschütterte im Jahr 2009 Hamburg und sorgte bundesweit für Aufsehen.
Es stehen kaum Autos im Parkhaus an der Paul-Ehrlich-Straße, als Nicole B. am frühen Abend des 25. März 2009 zu ihrem Fahrzeug geht. Nach ihrem Dienst an der Rezeption des inzwischen abgerissenen Fitness-Clubs „Aquafit“ in Othmarschen will sie nach Hause fahren. Doch im Dunkel des Parkhauses wartet ihr Ex-Freund Mehmet S. (Name geändert). Er hat ein Klappmesser in der Jackentasche – seitdem er mehrfach bedroht worden sei, habe er immer eins dabei, sagt er später.
Täter leugnete – Faserspuren überführten ihn
Der muskulöse, stiernackige Mann mit der Halbglatze lauert der Frau auf, will sie zur Rede stellen. Es ist nicht das erste Mal, dass er ihr nachstellt. Deshalb darf er sich seiner Ex per einstweiliger Verfügung nicht mehr nähern. Die Frau flüchtet in ihr Auto, schließt ab. Doch ihr Ex schlägt die Seitenscheibe des Toyota ein, reißt die Tür auf und sticht 36 Mal auf sie ein. Die Mutter eines Sohnes verblutet auf dem Fahrersitz. Ein Kollege findet später ihre Leiche.
Nach dem grausamen Verbrechen geriet Mehmet S. sofort unter Verdacht. Die Polizei fahndete nach ihm. Doch der damals 41-jährige Bodybuilder und Montagearbeiter war abgetaucht. Erst drei Tage nach dem Verbrechen meldete er sich auf dem Polizeikommissariat 46 in Harburg. Festgenommen wurde er nicht. Er leugnete die Tat. Und es gab keine Beweise. Zwei Wochen später fanden Kriminaltechniker jedoch eindeutige Spuren, die den Mann überführten. Im Auto und an der Leiche wurden Faserspuren seiner Hose entdeckt, die er nur am Tattag hinterlassen haben konnte. Der Mann wurde vor seiner Wohnung an der Kalischerstraße in Harburg festgenommen. Dabei leistete er erheblichen Widerstand.
Das könnte Sie auch interessieren: 120 Seiten Verbrechen – die spektakulärsten Fälle des MOPO-Reporters
Im Prozess sagte der Täter, Nicole B. habe im Parkhaus jegliches Gespräch abgelehnt. Er solle sich „verpissen“, habe sie gerufen und sei in ihren Toyota gestiegen. „Plötzlich war alles verschwommen. Ich habe nur noch ein böses Gesicht gesehen, aber es war nicht ihres.“ Er habe das Seitenfenster des Autos eingeschlagen, die Tür aufgerissen und auf seine Ex eingestochen. Sie habe noch seinen Namen gerufen und gefragt: „Was machst du da?“
Nach der Tat habe er seine Ex-Freundin minutenlang angeschaut. „Ich war mir sicher, dass sie tot ist.“ Er sei dann mit der S-Bahn nach Harburg gefahren, wo er neben der Post das blutige Messer „ein, zwei Stunden“ angestarrt habe. „Ich wollte mir das Messer ins Herz rammen“, sagte Mehmet S. im Prozess leise, „aber ich konnte es nicht.“ Die Schwestern der Getöteten saßen mit im Gerichtssaal. Die Worte des Mannes, der ihnen Nicole nahm – für sie unerträglich. Eine der Frauen stürzte schluchzend aus dem Saal.
Nach fünf Jahren Knast wieder auf freiem Fuß
Der Staatsanwalt beschrieb den 41-Jährigen zwar als aggressiven, aufbrausenden Menschen, doch laut eines psychiatrischen Gutachtens habe er große ungelöste psychische Probleme gehabt und sei emotional zutiefst von Nicole B. abhängig gewesen. Da der Mann im Zustand stark verminderter Schuldfähigkeit ungeplant aus einem „Gefühl der Verzweiflung und Ausweglosigkeit“ getötet habe, kam für die Familie des Opfers die schmerzliche Wende: Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung plädierten nur auf Totschlag. Dabei war die Anklage zuvor von einem kaltblütigen Mord aus „Wut, Rache und Eifersucht“ ausgegangen.
Achteinhalb Jahre Haft – so lautete das Urteil am 20. November 2009. Doch nach fünf Jahren in der JVA Fuhlsbüttel kam Mehmet S. wieder auf freien Fuß. Da die Zeit der Untersuchungshaft angerechnet wurde und er zwei Drittel seiner Strafe verbüßt hatte, wurde er aus der Haft entlassen, der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. 2020 wurde die Reststrafe erlassen.