Vor 30 Jahren: Dealer in Hamburg erschossen – er war erst 16
Cemal A. wurde gerade mal 16 Jahre alt. In Wilhelmsburg war er vor 30 Jahren in Drogendeals verwickelt, die Polizei fasste den Jungen und er sagte aus. Das war sein Todesurteil. Zwei Killer töteten den 16-Jährigen im Februar 1992 mit vier Schüssen.
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Cemal A. wurde gerade mal 16 Jahre alt. In Wilhelmsburg war er vor 30 Jahren in Drogendeals verwickelt, die Polizei fasste den Jungen und er sagte aus. Das war sein Todesurteil. Zwei Killer töteten den 16-Jährigen im Februar 1992 mit vier Schüssen.
Schwatzhaftigkeit ist im Dealer-Milieu nicht gern gesehen. Aber Cemal A. war sehr kontaktfreudig und redete gern. Der Junge aus der Türkei war als Kleindealer für eine kurdische Dealer-Connection unterwegs – und er soll es mit der Abrechnung der Erlöse aus dem Heroinhandel nicht so genau genommen haben.
Cemal A. war ein Kleindealer in Hamburg
Einer der Bosse dieser Dealer-Connection war Mehmet. 1991 nahm sich der 19-Jährige Cemal zur Brust. Zusammen mit Komplizen entführte er den Jugendlichen nach Pinneberg, verprügelte ihn und schor ihm den Kopf kahl. In diesem mörderischen Milieu galt das als allerletzte Warnung.
Schließlich wurde Cemal von der Polizei gefasst. Er kam kurzzeitig in Haft. Auch sein Vater saß im Gefängnis: Ihm wurde vorgeworfen, mit kiloweise Heroin gedealt zu haben. Seinem Sohn wurde Kleindealerei zur Last gelegt. Aber im Gegensatz zu seinem Vater, der bei der Kripo schwieg, machte Cemal A. Aussagen. Doch dann bekam er Angst.
Er widerrief das Gesagte und schwieg anschließend. Der Grund war vermutlich, dass seine Ex-Freundin entführt wurde: Auch die 20-Jährige hatte gedealt und war ebenfalls von Mitgliedern einer Heroin-Connection verschleppt, misshandelt und schwer verletzt worden. Ihr wurde mehrfach mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen.
Aus Wilhelmsburg verschleppt und getötet: Passanten finden Leiche im Graben
Cemal A. – inzwischen wieder auf freiem Fuß – saß am 20. Februar 1992 in einem Bistro an der Veringstraße in Wilhelmsburg. Zeugen beobachteten, wie er gegen 19.15 Uhr von zwei Männern angesprochen und mitgeschleppt wurde.
14 Stunden später entdeckten Spaziergänger seine Leiche in einem Wassergraben am Giebelortsdamm an der Grenze zwischen Rönneburg und dem Landkreis Harburg unweit der Autobahn 1. Der junge Kleindealer war mit vier Schüssen in den Bauch getötet worden.
Anfang der 90er ist Hamburg eine Drogen-Hochburg
Anfang der 90er Jahre war Hamburg eine der Drogen-Hochburgen Europas. Tausende Junkies waren bereit, für den nächsten Schuss Heroin alles zu tun – auch schwerste Verbrechen zu begehen.
Der Autor
Thomas Hirschbiegel (hier am Tatort Giebelortsdamm/Seevetal) ist seit 1977 bei der MOPO. Der 62-Jährige war fast 40 Jahre Polizeireporter, schreibt heute als Chefreporter auch über Stadtentwicklung, Autos oder „Lost Places“. An den Mord vor 30 Jahren erinnert er sich: „Die 1990er Jahre waren für uns Polizeireporter geprägt von einer erschreckenden Drogenkriminalität. Es gab brutale Verteilungskämpfe unter den Dealern, und Hunderte Heroinabhängige waren bereit, für den nächsten Schuss des Rauschgifts zu rauben und zu morden.“
Die Dealer machten Millionen-Profite, doch der lukrative Drogenmarkt in der Hansestadt war hart umkämpft. 1990 war einem erst 13-jährigen Kleindealer in Wandsbek von Konkurrenten ein Auge ausgestochen worden. Bei Schießereien im Drogenmilieu gab es regelmäßig Schwerverletzte. Fast jeder Dealer hatte damals eine scharfe Schusswaffe bei sich.
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1992 entdeckten Polizisten bei einem 18-jährigen Dealer in Bramfeld neben einem Pfund Heroin auch eine Walther-Pistole mit 100 Schuss Munition. Außerdem fanden die Beamten ein Kampfmesser, einen Schlagstock mit Reizgas-Patrone im Griff, ein Würgeholz und sogar eine britische Maschinenpistole vom Fabrikat „Sten“ mit drei gefüllten Magazinen!