Mann in Winterhude erschossen: „Das Blut tropfte auf meinen Kopf“
Wenn jemand zu spät zu einer Geburtstagsfeier erscheint, dann ist das unhöflich, aber sicher kein Mordmotiv. Doch genau aus diesem Grund erschoss Karl M. (47, Name geändert) am 14. Juli 1973 den 27-jährigen Rüdiger K. an der Gertigstraße in Winterhude. Und danach hatte der Schütze noch immer nicht genug.
Wenn jemand zu spät zu einer Geburtstagsfeier erscheint, dann ist das unhöflich, aber sicher kein Mordmotiv. Doch genau aus diesem Grund erschoss Karl M. (47, Name geändert) am 14. Juli 1973 den 27-jährigen Rüdiger K. an der Gertigstraße in Winterhude. Und danach hatte der Schütze noch immer nicht genug.
An seinem 47. Geburtstag hatte Karl M. in seiner Wohnung im Haus Gertigstraße 66 gemeinsam mit seiner Frau (46) eine Freundin und deren beide Söhne eingeladen. Während Detlev K. (25) zusammen mit seiner Mutter am Abend pünktlich erschien, verspätete sich Rüdiger K. deutlich.

Als der 27-Jährige dann gegen 23.15 Uhr endlich erschien, war das Geburtstagskind sauer. Das mag wohl auch an seinem erheblichen Alkoholpegel gelegen haben. Nach einem heftigen Streit sprang Karl M. auf und schrie: „Ich leg dich um!“ Er rannte aus dem Wohnzimmer und holte aus der Küche ein Kleinkalibergewehr. Die 5,5-Millimeter-Waffe war damals noch ab 18 Jahren frei erhältlich.
Täter schoss mit einem Gewehr
Mit dem Gewehr eröffnete der 47-Jährige das Feuer auf den jungen Mann. Die Ehefrau des Schützen warf sich noch dazwischen – doch es war zu spät. Rüdiger K. wurde von drei Kugeln in die Brust getroffen, brach vor den Augen seiner Familie zusammen. Sterbend schleppte sich Rüdiger K. noch auf den Balkon der Wohnung im 3. Stock. Eine 80-jährige Nachbarin war in der Wohnung unter dem Tatort durch den Lärm unruhig geworden und ebenfalls auf den Balkon gegangen.

Der Autor
Thomas Hirschbiegel (hier am Tatort Gertigstraße 66) ist seit 1977 bei der MOPO. Der 63-Jährige war fast 40 Jahre Polizeireporter, schreibt heute als Chefreporter auch über Stadtentwicklung, Oldtimer oder „Lost Places“. Zu dem Mordfall vor 50 Jahren sagt er: „Früher war alles besser, Hamburg sicherer und es gab so etwas wie gute alte Zeiten? Völliger Quatsch. Die Zeit zwischen 1970 und 2000 war, was die Kriminalität betraf, wohl die schlimmste Periode der Hamburger Kriminalgeschichte. Es wurde fast jede Woche aus nichtigem Anlass getötet, viele Menschen soffen ohne Ende Alkohol und begingen im Rausch schlimmste Verbrechen.“
Den MOPO-Reportern sagte sie am nächsten Tag: „Es war makaber. Auf dem Balkon tropfte es auf meinen Kopf. Ich dachte, es regnet, und wischte mir mit der Hand die Nässe ab. Da merkte ich – es war Blut.“
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In der Wohnung oben ging das Drama weiter. Der Todesschütze war immer noch rasend und suchte mit dem Gewehr in der Hand auch nach dem Bruder des Opfers. Doch dem 25-Jährigen gelang es, sich im Badezimmer einzuschließen. Bevor Karl M. die Tür eintreten konnte, erschien die Polizei und überwältigte den 47-Jährigen.
Das Opfer wurde ins Krankenhaus Barmbek gebracht. Doch kurz nach 1 Uhr nachts stellten die Ärzte den Tod des 27-Jährigen fest. Rüdiger K. war von den Kugeln in Leber und Lunge getroffen worden.