„Strom laden wird kaum länger dauern als Benzin tanken“
Noch fahren in Hamburg nicht einmal zwei Prozent E-Autos. Doch die Mineralölkonzerne müssen jetzt für die Zeit nach dem Verbrennermotor umsteuern. Brauchen wir überhaupt noch Tankstellen, wenn in Zukunft alle zu Hause oder beim Einkaufen Strom laden? Die MOPO sprach exklusiv mit Alexander Junge, Vorstand für Elektromobilität bei Aral, darüber, wie er Tankstellen zukunftsfit machen will, welche Energie der Konzern in Zukunft produziert und wieso Aral bald sogar zu den Hamburgern nach Hause kommt.
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Noch fahren in Hamburg nicht einmal zwei Prozent E-Autos. Doch die Mineralölkonzerne müssen jetzt für die Zeit nach dem Verbrennermotor umsteuern. Brauchen wir überhaupt noch Tankstellen, wenn in Zukunft alle zu Hause oder beim Einkaufen Strom laden? Die MOPO sprach exklusiv mit Alexander Junge, Vorstand für Elektromobilität bei Aral, darüber, wie er Tankstellen zukunftsfit machen will, welche Energie der Konzern in Zukunft produziert und wieso Aral bald sogar zu den Hamburgern nach Hause kommt.
Herr Junge, Sie sind der Mann, der für Aral das E-Ladegeschäft aufbaut. Was fahren Sie denn selbst für ein Auto und wo laden Sie?
Alexander Junge: Ich fahre selbst ein E-Auto und ich kann es zu Hause in Rellingen an der Wallbox laden. Aber ich nutze auch die Aral-Ladestationen und teste auch die Angebote der Konkurrenz.
MOPO: Es hat ja niemand Lust, den halben Tag auf der Autobahn-Tankstelle zu verbringen. Wie lange wird das Laden denn in Zukunft bei Aral dauern?
Junge: Wir bauen schon jetzt nur noch Ultraschnell-Ladesäulen mit 350 Kilowatt. An diesen Ladepunkten kann innerhalb von zehn Minuten Strom für 300 Kilometer Fahrtstrecke geladen werden. Und wenn Sie bedenken, dass der Fahrer an der Ladesäule zahlt und nicht mehr an die Kasse gehen muss, so sind Sie zeitlich nicht mehr weit von einem konventionellen Tankvorgang entfernt.
MOPO: Sind denn schon viele Autos in der Lage, so schnell zu laden?
Junge: Nein, bisher kann das nur ein Porsche-Modell. An diesen Stationen kann aber natürlich auch langsamer geladen werden. Aber wir bauen ja das Ladenetz für die Zukunft auf. Und in drei bis fünf Jahren wird die Mehrheit der Autos auf dem Markt so schnell laden können. Wir haben gerade den 1000. Ultraschnell-Ladepunkt in Betrieb genommen.
MOPO: Aral wirbt damit, dass an den Ladesäulen zu 100 Prozent Öko-Strom fließt. Wo kommt der her? Produziert Aral selbst?
Junge: Bisher kaufen wir alles am Strommarkt. Aber unser Mutterkonzern BP investiert beispielsweise auch in die Produktion von Windkraft und Solarstrom. Wir wollen gerade in Hamburg mehrere Stellen im Bereich Offshore-Windkraft schaffen und wollen Offshore-Anlagen in der Nordsee bauen.
MOPO: E-Kunden müssen nicht mehr zur Tankstelle, sie können auch zu Hause, beim Einkaufen oder bei der Firma laden. Wie sorgen Sie dafür, dass die Kunden weiterhin zu Ihnen kommen?
Junge: Derzeit finden 80 Prozent der Ladevorgänge zu Hause und bei der Arbeit statt. Wir gehen davon aus, dass sich das in den nächsten Jahren auf etwa 50 Prozent reduzieren wird. Aral will den Autofahrern das Laden dort anbieten, wo sie sich aufhalten. Daher haben wir eine Kooperation mit Rewe-Märkten und Burger-King-Restaurants. Dort gibt es unsere Ladesäulen. Wir installieren aber auch Ladesäulen bei Firmenkunden für ihre Flotte. Und ab Ende des Jahres bieten wir Privatkunden an, bei ihnen zu Hause eine Wallbox zu installieren.
MOPO: Dann entwickelt sich Aral ja gerade vom Benzin- zum Stromlieferanten.
Junge: Der BP-Konzern und wir als Teil davon erfindet sich gerade neu. Wir waren eine internationale Ölfirma und wollen in Zukunft ein integrierter Energiekonzern sein und dazu beitragen, die Mobilität zu dekarbonisieren.
MOPO: Noch fördert BP Öl und Gas etwa in der gleichen Menge, wie vor zehn Jahren. Bis wann soll diese Förderung beendet werden?
Junge: BP hat angekündigt, bis 2030 die Öl- und Gasförderung um 40 Prozent zu senken und bis spätestens 2050 klimaneutral zu sein. Dazu bauen wir jetzt das E-Ladegeschäft aus, setzen auf Offshore-Windanlagen und erzeugen bald grünen Wasserstoff für ThyssenKrupp und andere Firmen, denen wir bei der Dekarbonisierung ihrer Stahlproduktion helfen werden.
MOPO: Wie sieht es denn mit dem Ausbau von Aral-Ladesäulen in Hamburg aus?
Junge: In Hamburg sind bisher 24 Ultraschnellladesäulen entstanden, wir streben mehr als 100 an.
MOPO: Das ist ja bisher noch sehr überschaubar…
Junge: Wir würden gern viel schneller ausbauen. Aber Ultraschnellladesäulen arbeiten mit Trafos, und die müssen genehmigt werden. Dafür sind wir auf Behörden angewiesen. Manche Bezirke sind da sehr fix und schaffen das in drei Monaten. Aber jetzt haben wir gerade in zwei Fällen ganze zwei Jahre auf die Genehmigung warten müssen.
Was wünschen Sie sich von der Politik?
Hilfreich wäre es, wenn die Politik Trafos für Ladestationen baugenehmigungsfrei stellen würde, wie es bei den Ladesäulen bereits der Fall ist. Auch beim nötigen Anschluss ans Mittelspannungsnetz sind wir auf andere angewiesen. In Hamburg haben wir mit Stromnetz Hamburg sehr gute Erfahrungen gemacht. Da klappt das innerhalb von drei bis sechs Monaten. In anderen Städten müssen wir teilweise ein bis zwei Jahre warten. Im Sinne des schnellen Ausbaus einer E-Lade-Infrastruktur sollte das alles viel schneller gehen. Das würde ich mir wünschen.