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  • Foto: picture alliance/dpa

Stutthof: „Hölle des Wahnsinns“: Angeklagter (93) im KZ-Prozess entschuldigt sich

Dem 93-jährigen Bruno D. wird in Hamburg der Prozess gemacht. Er hat zugegeben, als Wachmann im KZ Stutthof beschäftigt gewesen zu sein – und hat sich in seinem sogenannten letzten Wort für die Verbrechen im Konzentrationslager entschuldigt. 

Dennoch: Der Verteidiger von Bruno D. hat Freispruch für den Angeklagten gefordert. Die alleinige Mitgliedschaft in der SS-Wachmannschaft sei in der deutschen Rechtsprechung bislang nicht als Beihilfe zum Mord gewertet worden, argumentierte Rechtsanwalt Stefan Waterkamp vor der Jugendkammer am Landgericht.

Der Angeklagte habe bei Beginn seines Dienstes 1944 geglaubt, Stutthof sei ein Lager für politische Häftlinge. Insofern habe er als 17-Jähriger nicht erkennen können, dass der Befehl zum Wachdienst dort von vornherein verbrecherisch war. Sein Mandant habe damals keine nationalsozialistische, antisemitische Gesinnung gehabt

Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre Haft

Die Staatsanwaltschaft hat eine Jugendstrafe von drei Jahren Haft gefordert. Der damals 17 bis 18 Jahre alte SS-Wachmann habe gewusst, was in der Gaskammer des Lagers bei Danzig passierte und dass Menschen in einem Nebenraum des Krematoriums erschossen wurden.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass während der Zeit des Angeklagten als Wachmann mindestens 30 Menschen im Krematorium erschossen und 200 vergast wurden. Weitere 5000 Gefangene seien den lebensfeindlichen Bedingungen im Lager zum Opfer gefallen.

KZ Stutthof: Angeklagter entschuldigt sich bei den Opfern

Für die Haupttat, die Ermordung von 5230 Menschen in dem Lager bei Danzig zwischen August 1944 und April 1945, sei es egal gewesen, ob der Angeklagte auf dem Wachturm gestanden habe oder nicht. Den Terror gegen die Gefangenen hätten die SS-Mannschaften im Lager und deren Helfer, die sogenannten Kapos, ausgeübt, so Waterkamp.

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„Das darf sich niemals wiederholen“, sagte der Angeklagte mit fester Stimme. Er betonte in seinem Schlusswort, dass er sich niemals freiwillig zur SS gemeldet hätte. Hätte er die Möglichkeit gehabt, sich dem Dienst zu entziehen, hätte er sie mit Sicherheit genutzt. Er gab an, erst durch den Prozess von dem wahren Ausmaß der in dem Lager verübten „Grausamkeiten“ erfahren zu haben.

Wachmann im KZ Stutthof: Urteil im Prozess am Donnerstag erwartet

Der 93-Jährige fügte hinzu: „Heute möchte ich mich bei allen Menschen, die durch diese Hölle des Wahnsinns gegangen sind, und bei ihren Angehörigen und Hinterbliebenen entschuldigen.“

Die Vertreter der rund 40 Nebenkläger sprachen sich für eine Verurteilung, aber keine höhere Strafe als von der Staatsanwaltschaft geforderten, aus. Einige der Überlebenden und Hinterbliebenden der KZ-Opfer äußerten auch den Wunsch, der 93-Jährige möge nicht inhaftiert werden.

Das Gericht will am Donnerstag das Urteil verkünden. (hb/dpa/AFP)

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