Strompreis steigt deutlich: Kündigen? Das raten Experten
Es war zu erwarten, aber schockte dann doch viele. Vattenfall, mit 700.000 Kunden der größte Stromanbieter in Hamburg, erhöht ab Februar erneut die Preise. Der Grundtarif wird 25 Prozent teurer. Viele Kunden überlegen jetzt, ob sie schnell kündigen und den Anbieter wechseln sollen. Die MOPO sprach mit Jan Bornemann von der Verbraucherzentrale über Möglichkeiten und Risiken für Kunden und darüber, in welche Richtung die Strompreise sich in Zukunft entwickeln.
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Es war zu erwarten, aber schockte dann doch viele. Vattenfall, mit 700.000 Kunden der größte Stromanbieter in Hamburg, erhöht ab Februar erneut die Preise. Der Grundtarif wird 25 Prozent teurer. Viele Kunden überlegen jetzt, ob sie schnell kündigen und den Anbieter wechseln sollen. Die MOPO sprach mit Jan Bornemann von der Verbraucherzentrale über Möglichkeiten und Risiken für Kunden und darüber, in welche Richtung die Strompreise sich in Zukunft entwickeln.
Wie stark steigt der Strompreis bei Vattenfall?
Das Unternehmen rechnet vor, dass es für einen typischen Haushalt im Grundversorgungstarif im Monat rund 20 Euro teurer wird (bei einem Jahresstromverbrauch von 2.500 Kilowattstunden). Der Verbrauchspreis steigt von 33,29 Cent pro Kilowattstunde auf 41,96 Cent. Auch der Grundpreis steigt um zwei Euro pro Monat. Das entspricht insgesamt einer Steigerung von 25 Prozent.
Können Hamburger Stromkunden jetzt einfach kündigen?
Ja, laut Vattenfall kann jeder Kunde nun kündigen, die Kündigung muss bis zum Zeitpunkt der Erhöhung im Februar in Textform bei Vattenfall vorliegen. Darin sollte als Grund die Sonderkündigung wegen der Preiserhöhung genannt werden. Adresse: Vattenfall Europe Sales GmbH, Privat- und Geschäftskunden, 11511 Berlin, Mail: onlineservice@vattenfall.de
Rät die Verbraucherzentrale zum Kündigen des Vertrags?
„Jetzt einen Ratschlag zu geben, dazu muss man einen Blick in die Glaskugel wagen“, sagt Jan Bornemann von der Hamburger Verbraucherzentrale. Denn niemand könne absehen, wie die Preise sich weiter entwickeln. Wer jetzt von der Sonderkündigung Gebrauch mache, der finde sehr wahrscheinlich kein günstigeres Angebot auf dem Markt. „Im Schnitt liegen die Preise deutlich über den Vattenfall-Preisen.“ Die Kilowattstunde kostet aktuell überall knapp 50 Cent.
Bornemann rät allen, die klar kalkulieren wollen dazu, in einen etwas teureren Tarif eines anderen Anbieters zu wechseln, der dann aber durch Laufzeiten von einem oder zwei Jahren die Preise festlegt. „Das ist dann zunächst teurer, aber es gibt keine Überraschungen.“ Dabei besteht aber das Problem, dass diese Kunden nicht aus ihren Verträgen kommen, falls der Strompreis auf dem Markt sinkt.
Wohin? Grundversorger oder lieber langfristiger Vertrag?
Wer lieber aktuell nicht noch mehr zahlen will, der sollte bei Vattenfall bleiben. „Dann hat man allerdings das Risiko, dass der Strompreis auf dem Markt weiter steigt und auch Vattenfall erneut Erhöhungen vornimmt.“ Die dann womöglich über den 50 Cent liegen. „Aber bei Vattenfall sind in der Grundversorgung die Preise nur moderat gestiegen, daher sind wir zuversichtlich, dass das so bleibt.“
Einziger Wackelfaktor: Wenn viele Kunden Preiserhöhungen bekommen und zu ihrem Grundversorger wechseln, dann kann der das nicht ablehnen und muss vielleicht mehr Strom am Markt dazukaufen. In Hamburg ist Vattenfall Grundversorger, bei großen Zukäufen zu aktuellen Preisen könnte das Unternehmen daher auch weiter an der Preisschraube drehen. Tariferhöhungen sind bei der Grundversorgung zulässig – mit einer Vorlaufzeit von sechs Wochen. Kunden können dort mit zweiwöchiger Frist kündigen.
Auch andere Stromanbieter erhöhen – was tun?
Zum Vergleich mit Vattenfall: Beim städtischen Stromversorger Hamburg Energie steigen die Preise ab Januar von bislang 30,53 auf 49,95 Cent je Kilowattstunde. Kunden zahlen dort also noch mehr als zukünftig bei Vattenfall. Alle Kunden anderer Anbieter, die jetzt Preiserhöhungen bekommen, sollten daher prüfen, ob sie nicht zum Hamburger Grundversorger Vattenfall wechseln wollen. Preislich dürfte sich das rechnen.
Nehmen Unternehmen aktuell überhaupt neue Kunden?
Ja, allerdings sehr überschaubar und die Konditionen für Neukunden sind halt recht unattraktiv. Viele Vergleichsportale bieten daher ihren Nutzern derzeit an, dass sie ihnen Push-Nachrichten per „Spar-Alarm“ schicken, wenn neue Angebote auf den Markt kommen. Die Verbraucherzentrale rät dazu, auch jenseits der Vergleichsportale zu gucken, da kleinere Stadtwerke auch attraktiv sind und dort nicht auftauchen.
Wie hilft der Strompreisdeckel bei steigenden Kosten?
Bereits ab Januar tritt die sogenannte Strompreisbremse in Kraft. Ein durchschnittlicher Haushalt soll dann ein Grundkontingent von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs günstiger erhalten. Der Preis wird bei 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Davon profitieren auch Vattenfall-Kunden nach aktuellem Stand leicht.
Eine Gefahr des Deckels ist allerdings wie schon beim Benzinpreisdeckel, dass jetzt die Strompreise von Energie-Unternehmen noch weiter angehoben werden, um kräftig zu profitieren und sich das vom Steuerzahler vergolden zu lassen. „Es müsste viel mehr Transparanz herrschen, wie die Strompreise zustande kommen“, sagt Jan Bornemann. „Denn Unternehmen können den Deckel natürlich auch missbrauchen.“
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Die angekündigte Abschöpfung von Übergewinnen durch den Staat könnte am Ende vor dem Verfassungsgericht enden, weil die Unternehmen sich dagegen wehren. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, die Einnahmen der Hersteller von billiger produziertem Strom (aus Sonne, Wind, Atomkraft und Kohle) zum Teil abzuschöpfen und Verbraucher mit dem Geld zu entlasten. Denn sie profitieren von den explodierenden Strompreisen, ohne selbst großartig höhere Kosten zu haben.