Strompreis-Schock! Soll ich in Hamburg noch schnell den Anbieter wechseln?
Zögern kann teuer werden: Wer gestern noch einen neuen Stromvertrag für 40 Cent im Netz gesehen hat, kann heute denselben Vertrag für 44 Cent finden. Einmal drüber geschlafen und zack ein paar hundert Euro mehr auf der Jahresstromrechnung. Und nun? Sollte man direkt in die billige Grundversorgung wechseln? Was ist eigentlich der Unterschied zur Ersatzversorgung? Ist Laufzeit oder Preisbindung wichtiger? Und was zu Hölle hat es mit dem Merit-Order-Prinzip auf sich? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen zum Preisschock auf dem Strommarkt – und wer in Hamburg für die Grundversorgung zuständig ist.
Zögern kann teuer werden: Wer gestern noch einen neuen Stromvertrag für 40 Cent im Netz gesehen hat, kann heute denselben Vertrag für 44 Cent finden. Einmal drüber geschlafen und zack ein paar hundert Euro mehr auf der Jahresstromrechnung. Und nun? Sollte man direkt in die billige Grundversorgung wechseln? Was ist eigentlich der Unterschied zur Ersatzversorgung? Ist Laufzeit oder Preisbindung wichtiger? Und was zu Hölle hat es mit dem Merit-Order-Prinzip auf sich? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen zum Preisschock auf dem Strommarkt.
Ist es sinnvoll, in die Grundversorgung zu wechseln?
Grundversorger ist immer derjenige Anbieter, der die meisten Kunden in einer Region hat. Grundversorger für Gas ist in Hamburg Eon und für Strom Vattenfall.
Viele Jahre lang gab es jede Menge billigere Angebote als die Grundversorgung, das hat sich seit dem Ukraine-Krieg umgekehrt: Die Grundversorgung Strom kostet bei Vattenfall derzeit 28,88 Cent pro Kilowattstunde, ab 1. Oktober erhöht sich der Preis auf immer noch günstige 33,29 Cent. „Das ist tatsächlich aktuell der günstigste Preis in Hamburg“, sagt Jan Bornemann, Energie-Experte der Hamburger Verbraucherzentrale. In die Grundversorgung kommt man automatisch, wenn man seinem bisherigen Anbieter kündigt. Achtung: Im Umland sind andere Grundversorger zuständig, und die können viel teurer sein als Vattenfall.
Was spricht gegen die supergünstige Grundversorgung?
Man pokert – und kann am Ende auch schlechte Karten haben: „Es gibt in der Grundversorgung keine Preisgarantie und keine Mindestlaufzeit“, sagt Jan Bornemann: „Jederzeit können die Preise erhöht werden, mit einer Vorlaufzeit von sechs Wochen.“ Es könne also günstiger sein, einen etwas teureren Grundpreis zu akzeptieren, wenn der Anbieter dafür eine Preisgarantie über ein oder zwei Jahre anbietet. Bornemann: „Bisher waren die Preiserhöhungen in der Grundversorgung bei Vattenfall im Bundesvergleich moderat, aber das muss nicht so bleiben.“

Und wenn wir jetzt alle in die Grundversorgung wechseln?
Wenn die Hamburger jetzt massenhaft ihre Verträge kündigen und in die Grundversorgung wechseln, muss auch ein so großes Unternehmen wie Vattenfall zusätzlichen Strom an der Börse dazukaufen – zu Tagespreisen von aktuell knapp 50 Cent pro Kilowattstunde. Vor drei Wochen lag der Preis sogar bei knapp 60 Cent. Zum Vergleich: Vor einem Jahr wurden knapp elf Cent fällig.
Was ist der Unterschied zwischen Grund- und Ersatzversorgung?
In die Ersatzversorgung, ebenfalls bei Vattenfall, fällt man nur, wenn der bisherige Anbieter pleite ist. Aktueller Tarif: Fast 67 Cent. Das Ziel: Die verschreckten Kunden sollen sich möglichst schnell einen neuen Anbieter suchen. Tut man das nicht, fällt man nach drei kostspieligen Monaten in die (derzeit) halb so teure Grundversorgung.
Nehmen die Anbieter überhaupt neue Kunden an? Und zu welchem Preis?
Anders als beim Gas gibt es für Stromkunden (noch) keinen Aufnahmestopp. Die Preisgestaltung legt aber in einigen Fällen nahe, dass man im Moment nicht scharf ist auf Neuzugänge, für die man an der Börse für teuer Geld Strom zukaufen muss: Lichtblick etwa bietet Neukunden derzeit nur zwei Tarife an, für 93,35 Cent („Relax“) und 95,85 Cent („Komfort”). Der einzige Eon-Tarif liegt bei 93,08 Cent. Der Vattenfall-Tarif für Neukunden liegt am 16. September bei 44,7 Cent (am Vortag: 40 Cent) bei zwölf Monaten Laufzeit. Hamburg Energie bietet Neukunden derzeit Verträge für knapp 44 Cent an, bei einer Laufzeit bis Ende 2023.
Ist die Laufzeit wichtiger oder die Preisgarantie?
Die Preisgarantie sei wichtiger, sagt Jan Bornemann, die derzeit aber meist nur für zwölf Monate oder maximal bis Ende 2023 angeboten wird. Bei Laufzeiten von zwei Jahren sollte man darauf achten, ob die Kilowattstunde teurer ist als etwa bei einem Jahr.
Drohen Preissteigerungen von bis zu 60 Prozent?
Der Verband der deutschen Stadtwerke rechnet mit Preissteigerungen bis zu 60 Prozent. Die Hamburger Energiewerke mit ihrer Marke Hamburg Energie sind zwar Mitglied im Verband, wagen aber keine Prognose: „Aufgrund der dynamischen Lage an den Energiemärkten können wir für unsere Bestandskunden zurzeit keine Angaben zu konkreten Auswirkungen auf den Strompreis machen“, so eine Sprecherin auf MOPO-Nachfrage.
Und was hat es mit diesem Merit-Order-Prinzip auf sich?
Das Merit-Order-Prinzip gilt am europäischen Strommarkt und besagt, dass der Preis durch das am teuersten produzierende Kraftwerk bestimmt wird. Das hatte viele Jahre den Effekt, dass Ökostrom aus Wind- und Sonnenenergie konkurrenzfähig war. Aber inzwischen sind Gaskraftwerke die teuersten von allen: Der Gaspreis riss den Strompreis mit sich nach oben, was den Stromerzeugern gigantische „Zufallsgewinne“ beschert.
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Inzwischen ist auch Bundeswirtschaftsminister Habeck dafür, den Strompreis vom Gaspreis zu entkoppeln und die Übergewinne abzuschöpfen, was Deutschland zunächst als Eingriff in den Markt abgelehnt hat. Die EU-Spitze schlägt außerdem vor, einen Höchstpreis beim Verkauf von Strom von 18 Cent pro Kilowattstunde einzuführen.