Streit um das Hafen-„Basta“ von Scholz: „Katastrophe“ oder notwendig?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat ein weiteres „Basta“ gesprochen – und will den Teilverkauf des Hamburger Containerterminals Tollerort (CTT) an China durchdrücken. Das sorgt für viel Kritik. In der Hansestadt ist sich aber ausgerechnet die Opposition in der Bürgerschaft nicht einig.
Die chinesische Reederei Cosco will sich zu mehr als einem Drittel am Hamburger Containerterminal Tollerort beteiligen. Weil es sich um kritische Infrastruktur handelt, leitete das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) eine staatliche Investitionsprüfung ein. Daran beteiligt sind außerdem noch die von SPD, FDP oder Grünen geführten Bundesministerien für Innen-, Verteidigungs-, Finanz-, Verkehrs- und Außenpolitik. Alle sechs Fachministerin hätten das Geschäft abgelehnt, Olaf Scholz aber wolle sich Berichten zufolge darüber hinwegsetzen.
„Das ist weder gut für unsere Wirtschaft noch für unsere Sicherheit“, kommentierte dies Grünen-Chef Omid Nouripour im Gespräch mit „t-online“. „Die Beteiligung Chinas am Hamburger Hafen wäre industriepolitisch, sicherheitspolitisch und hafenrechtlich eine Katastrophe“, erklärte der Hamburger Landesvorsitzende der Jungen Liberalen, Nils Knoben. Der Hamburger FDP-Chef Michael Kruse sprach von einem „gefährlichen“ Vorhaben.
Wiese: Hamburg benötigt strategische Terminalbeteiligungen
Ähnlich äußerte sich der der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt: China würde „sensible, interne Einblicke über die Strategie der Hamburger Hafen und Logistik AG“ erhalten. „Genau das sollten wir den Chinesen nicht auch noch auf dem Silbertablett servieren“, sagte der Bundestagsabgeordnete der „Welt“.
Aus Sicht des Hamburger CDU-Wirtschaftsexperten gingen die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik in jedem Fall vor. Aber: „Ob der Vertrag der Hamburger Hafengesellschaft HHLA mit der chinesischen Staatsreederei Cosco den Sicherheitsinteressen entspricht, ist völlig unklar.“ Bundesregierung und Senat hätten bislang keine Transparenz hergestellt.
„Der Welthafen Hamburg steht im internationalen Wettbewerb und braucht beste politische Rahmenbedingungen, um die Versorgung in Deutschland weiterhin sicherstellen zu können“, sagte Wiese. Dazu gehörten auch strategische Terminalbeteiligungen von Reedereien, die ihre Ladung in Hamburg umschlagen. Allerdings habe der russische Angriffskrieg in der Ukraine auch den Blick auf China verändert.
Linke gegen Hafen-Verkauf an Cosco – AfD fürchtet Abhängigkeit
Ein Verkauf der Terminal-Anteile an Cosco wäre ein Fehler, sagte hingegen Norbert Hackbusch, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linken. „Er beschädigt die Souveränität des Hamburger Hafens.“ Es sei nicht zuerst die Frage, wo ein Konzern sitze, der sich in den Hafen einkauft, sagte der Hafenexperte der Linken, David Stoop. „Es ist eine prinzipielle Frage, ob wir diese wichtige öffentliche Infrastruktur überhaupt Konzerninteressen überlassen wollen. Und da sagen wir Linken natürlich nein.“
Die AfD befürchtet zu großen Einfluss Chinas im Falle eines Einstiegs des Staatskonzerns im Hafen. „Deutschland darf sich in keine einseitigen Abhängigkeiten begeben – schon gar nicht in die der Kommunistischen Partei Chinas“, sagte ihr Hafen-Experte Krzysztof Walczak. „Der Bundeskanzler agiert unverantwortlich – weder im Sinne der Bürger noch der Politik.“
China gilt als Hamburgs wichtigster Handelspartner
China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner im drittgrößten europäischen Seehafen. Der Cosco-Konzern, der auch die weltweit viertgrößte Containerreederei betreibt, lässt seine Schiffe seit Jahrzehnten am CTT festmachen. Cosco hält in Europa bereits etliche Beteiligungen an Hafenterminals.
CTT mit vier Liegeplätzen und 14 Containerbrücken ist eines von drei Containerterminals, die die HHLA im Hamburger Hafen betreibt. Cosco will im Gegenzug zum Einstieg dort seine Ladungsströme in der Hansestadt konzentrieren, CTT soll zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa werden. Ein chinesischer Einstieg beim Hamburger Hafen könne daher wirtschaftlich durchaus Sinn machen, hieß es in Berlin hinter den Kulissen. Das könnte bedeuten, dass mehr Containerschiffe nach Hamburg fahren. Europas drittgrößter Hafen hat in den vergangenen Jahren gegenüber den größeren Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen an Boden verloren. (afp/dpa/mp)