Streit ums „Dorotheen Eck“: Hausbesitzerin wehrt sich gegen „Hasswelle“
Als wäre ein Schneeball über sie hinweggerollt: So beschreibt Elke Müller die vergangenen Wochen. Gemeinsam mit ihrer Familie vermietet die 84-Jährige das Lokal unter ihrer Wohnung an das Dorotheen Eck. Dessen Mietvertrag läuft nach 115 Jahren aus. Weil er nicht verlängert wird, hat Familie Müller jetzt eine ganze Kampagne am Hals – und wird im Stadtteil an den Pranger gestellt.
Als wäre eine Lawine über sie hinweggerollt: So beschreibt Elke Müller die vergangenen Wochen. Gemeinsam mit ihrer Familie vermietet die 84-Jährige das Lokal unter ihrer Wohnung an das „Dorotheen Eck“. Dessen Mietvertrag läuft nach 115 Jahren aus. Weil er nicht verlängert wird, hat Familie Müller jetzt eine ganze Kampagne am Hals – und wird im Stadtteil an den Pranger gestellt.
Elke Müller sitzt erschüttert in ihrem Wohnzimmer in der Dorotheenstraße 190. Seit einigen Tagen hängen Plakate an der Fassade des Hauses, das der Familie ihres Mannes seit mehr als hundert Jahren gehört. „Als ich das gesehen habe, bin ich aus allen Wolken gefallen“, erzählt sie. „Wir wurden dort namentlich als Miethaie dargestellt, die eine Traditionskneipe aus kapitalistischen Gründen von ihrem Standort vertreiben wollen.“
„Dorotheen Eck“: Wirts-Ehepaar verlangte 180.000 Euro
Tatsächlich haben Gäste des „Doro Eck“ am vergangenen Donnerstag bei einem Treffen eine Kampagne zur Rettung der Kneipe gestartet. Sie behaupten, dass die Erbengemeinschaft Müller den Vertrag aus finanziellen Gründen nicht verlängern und die Kneipe an das Nachbarlokal und vegane Restaurant „Froindlichst“ übergeben will.

„Es war ganz anders“, sagt Elke Müller. „Die Wirtsleute Olaf Dao und Gabriele Holzmann kamen vor zwei Jahren auf unsere Familie zu, weil sie in den Ruhestand gehen wollen. Wir schlugen daraufhin vor, die Räumlichkeiten an das ,Froindlichst‘ zu übergeben. Dao und Holzmann schien diese Idee zu gefallen. Allerdings verlangten sie eine utopische Ablöse von 180.000 Euro.“ Deshalb entschieden die Müllers und das „Froindlichst“, zu warten, bis der Vertrag für das „Doro Eck“ im Februar 2024 regulär ausläuft.

Das könnte Sie auch interessieren: Das Sterben der Hamburger Eck-Kneipen: Diese Kult-Läden sind betroffen
Das ist auch dringend nötig: „Die Kneipe würde so gar nicht mehr zugelassen werden. Beim Feudeln tropft das Wasser in den Keller. Der Rauch zieht so stark in meine Wohnung, dass ich abends nicht in meinem Wohnzimmer sitzen kann“, so Müller.
Hausbesitzerin wird beim Einkaufen angesprochen
Nicht nur das „Doro Eck“ sei knapp bei Kasse, sondern auch die Erbengemeinschaft. „Die Eltern meines Mannes haben das Haus 1912 übernommen. Seitdem war unser oberstes Ziel, es in der Familie zu behalten. In den 60er Jahren eröffneten wir unsere Konditorei – dort, wo heute das ,Froindlichst‘ ist“, sagt Elke Müller.

„Wir versuchen, so kulant wie möglich mit unseren Mietern zu sein. Deshalb bezahlen die Wirte 1300 Euro für 100 Quadratmeter Gewerbefläche inklusive Bierkeller. Für die Wohnung im Geschoss über mir verlange ich 900 Euro für 108 Quadratmeter. Wo ist da der Miethai? Deshalb verletzt es mich besonders, dass gerade so eine Hasswelle über uns rollt. Ich werde beim Einkaufen darauf angesprochen, warum ich die Traditionskneipe loswerden will.“

Olaf Dao habe sich kürzlich bei ihr entschuldigt: „Das sei alles nicht auf seinem Mist gewachsen. Die Gäste hätten die Kampagne initiiert“, so Müller. „Dabei ist alles, was ich will, meine Rente und die Zukunft des Hauses zu sichern. Ich hoffe so sehr, dass die Übernahme im kommenden Jahr friedlich abläuft.“