Eine der Fahrradweichen in Hamburg auf der Jungiusstraße. Inzwischen wurde sie rot gefärbt.
  • Eine der Fahrradweichen in Hamburg auf der Jungiusstraße. Inzwischen wurde sie rot gefärbt.
  • Foto: Patrick Sun

Streit um diese Mittelstreifen: Kommt der Radweg-Ausbau in Hamburg zum Erliegen?

Die „goldene Mitte“ oder doch keine so gute Idee? Im vergangenen Jahr verhandelten die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Grünen mit der Initiative „Radentscheid Hamburg“ über die zukünftige Radverkehrsplanung. Daraufhin wurde unter anderem der Neubau von Radfahrstreifen in Mittellage gestoppt. Bremst dieses Verbot das städtische Projekt, 60 bis 80 Kilometer neue Radwege im Jahr zu bauen?

Vor einem Jahr versprach der Hamburger Senat, auf die sogenannten Fahrradweichen in Zukunft „grundsätzlich zu verzichten“. Diese findet man unter anderem am Gänsemarkt oder am Dammtorwall.

Radfahren in Hamburg: Fahrradweichen werden nicht mehr gebaut

Die Fahrradweiche gibt es seit Ende der 90er Jahre in Hamburg. Sie trennt die Spuren für Autos, die geradeaus fahren oder abbiegen, durch einen in der Mitte verlaufenden Radweg voneinander. Damit sollten vor allem Abbiegeunfälle zwischen Radfahrern und Autos verhindert werden.

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Doch nach den Gesprächen zwischen der Bürgerinitiative und den Fraktionen wurden die Fahrradweichen aus vielen Planungen rausgeschmissen. Stattdessen wurde vereinbart, Radwege an Hauptstraßen nach dem „Kopenhagener Modell“, das heißt mit baulicher Trennung zum Fuß- und zum Kfz-Verkehr, zu bauen: der „Radentscheid-Kompromiss“. Bestehende Fahrradweichen wurden mit roter Farbe angepinselt.

Radfahren in Hamburg: Ausbau der Radwege gebremst?

Das verursacht allerdings auch Probleme, wie die „Zeit“ berichtet. Demnach sei vor allem das Nebeneinander von geschützten Radwegen und Busverkehr eine Herausforderung für die Verkehrsplaner. Sämtliche Pläne für neue Radwege müssten auf die Vereinbarkeit mit dem Radentscheid-Kompromiss geprüft werden. Das nimmt Zeit in Anspruch, in der neue „Fahrradweichen“ bereits hätten gebaut werden können.

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Die Bürgerinitiative lehnt die Radfahrstreifen in Mittellage (RiM) allerdings weiterhin ab und beruft sich auf eine Studie der TU Berlin. Diese kam nach der Untersuchung von 48 mit Radverkehrsunfällen belasteten Knotenpunkten zu dem Ergebnis, dass sich diese Art der Verkehrsführung nicht positiv auf die Sicherheit auswirkt.

Fahrradweichen in Hamburg: Mehr Sicherheit für Radfahrer?

„Auch wenn manche Radfahrenden die RiM gerne benutzen – andere, vor allem Jüngere und Senioren, benutzen sie gar nicht erst“, sagt der Sprecher der Initiative, Felix Denecke, zur MOPO. Es sei fatal, wenn einzelne Gruppen von der Nutzung bestimmter Radwege abgehalten würden.

Beim Landesverband Hamburg des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) hat man noch keine abschließende Bewertung zu den Fahrradweichen gefällt. Es gebe zwar Beobachtungen, dass sich Radfahrende unsicher fühlten, heißt es auf MOPO-Nachfrage. Allerdings gebe es auch positive Erfahrungen mit dieser Streckenführung, wenn bei ihrem Bau gewisse Standards eingehalten würden.

Fahrradweichen in Hamburg: Was spricht dafür?

„Für die RiM spricht, dass sie im Vergleich zum indirekten Linksabbiegen, das heißt einmal geradeaus und einmal rechts abbiegen, für viele Radfahrende einen höheren Komfort bieten und den Radverkehrsfluss verbessern“, sagt Sprecher Dirk Lau.

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Die Verkehrsbehörde verteidigt hingegen die Entscheidung für einen Baustopp von Fahrradweichen. „Wenn wir noch mehr Menschen, unabhängig von Ziel, Fahrtempo oder Altersgruppe, dazu motivieren wollen, aufs Rad umzusteigen, brauchen wir eine neue Art der Radinfrastruktur“, sagt Sprecher Dennis Krämer. „Und zwar eine, die sich, wo es geht, durch eine bauliche Trennung zum Kfz-Verkehr auszeichnet.“

Verlangsamung des Ausbaus? Das sagt die Verkehrsbehörde

Auch wenn das potenziell den Ausbau verlangsamen könnte? „Eine schnelle Umsetzung mangelhafter Radinfrastruktur hilft genauso wenig wie eine rein quantitative Bewertung des Radwegausbaus“, ist sich Initiativen-Sprecher Denecke sicher. „Da ist es besser, für gute Radinfrastruktur etwas länger zu planen und dann gute Radwege zu erhalten.“ So könne man das Ziel des Senats erreichen, den Radverkehrsanteil auf bis zu 30 Prozent zu heben. 

Bis jetzt hat der neue Standard auch noch nicht zu einer Verlangsamung geführt, heißt es aus der Behörde. Im vergangenen Jahr habe man insgesamt 62 Kilometer Radwege gebaut und saniert – 63 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Und auch der Ausbau des Veloroutennetzes gehe voran: Inzwischen seien zwei Drittel der geplanten Velorouten fertig gestellt.

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