• Verbotene Versammlung an der Sternschanze: Polizisten drücken einen Mann zu Boden.
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Streit nach Demos: 1. Mai in Hamburg: War das verhältnismäßig?

Wasserwerfer, Einkesselungen, Reiterstaffeln: „Unverhältnismäßig“, gar „beschämend“ seien die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten am 1. Mai gewesen, twittert die Grünen-Fraktionschefin. Das gerichtliche Verbot mehrerer linksradikaler Demonstrationen hatte für eine aufgeheizte Stimmung gesorgt. Viele Teilnehmer kamen trotzdem und lieferten sich Scharmützel mit der Polizei.

Rund 40 Teilnehmer einer nicht angemeldeten Versammlung wurden am Nachmittag des 1. Mai mehrere Stunden auf der St. Petersburger Straße zwischen Messehallen und dem Park „Planten un Blomen“ eingekesselt. Zuvor hatte die Polizei mit einer Reiterstaffel eine große Menschenmenge im Schanzenpark auseinander getrieben. 

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Eine Teilnehmerin einer verbotenen Demonstration wird von Polizisten festgehalten.

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„Die Polizisten haben uns immer weiter zusammengedrängt“, sagt eine 15-Jährige  zur MOPO: „Wir konnten in dem Kessel die Abstände überhaupt nicht mehr einhalten, standen bis auf wenige Zentimeter zusammen. Ich war schockiert.“

Ein Journalist, der sich ebenfalls mehrere Stunden in dem Kessel befand, bestätigt die Enge, erklärt, dass er trotz seines Presseausweises nicht herausgelassen wurde. Beide schildern, dass Teilnehmer stundenlang nicht auf die Toilette durften. „Wir haben versucht, mit den Transparenten und Plakaten einen Sichtschutz zu bauen“, so die Schülerin.

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Polizeikräfte halten einen Demonstranten in St. Georg am Boden.

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Die Polizei erklärt dazu, dass „über 40 Personen insbesondere zur Verhinderung von Straftaten in Gewahrsam genommen“ wurden. 

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Wenig später räumten Einsatzkräfte die Piazza vor der Roten Flora mit Wasserwerfern. Die Grünen-Fraktionschefin betont gegenüber der MOPO die wichtige Rolle der Polizei in einem Rechtsstaat, übt gleichzeitig aber deutliche Kritik: „Unsere parlamentarischen Beobachter*innen meldeten Situationen, die beispielsweise das Aufgebot und den Einsatz von Wasserwerfern als unverhältnismäßig bewerteten, da Abstände und Maskenpflicht überwiegend eingehalten wurden.“

Via Twitter hatte Jasberg geschrieben: „Es beschämt mich, dass Hamburg erneut Bilder von Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant*innen und Polizei sendet, die Fragen zur Verhältnismäßigkeit aufwerfen.“

Die Grüne Bürgerschaftsabgeordnete Miriam Block findet es „unfassbar, dass die Polizei nicht deeskalativ vorgeht“. Auch der innenpolitische Sprecher der Linken, Deniz Celik, ist auf Zinne: „Das Verbot von Kundgebungen ist ein beispielloser Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Die grundrechtsfeindliche Haltung des Senats ist unerträglich!“

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Wasserwerfer, Polizeikräfte und Demonstranten am Schulterblatt.

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Tatsächlich hatte das Verwaltungsgericht alle Demos von Linksradikalen verboten. „Wer hat, der gibt – Solidarisch durch die Krise“ unter diesem Motto wollte ein „Bündnis für Umverteilung“ drei Kundgebungen in den noblen Quartieren von Harvestehude und Winterhude (je 400 Teilnehmer) sowie auf der Moorweide (600 Teilnehmer) anmelden, mt Masken sowie unter Wahrung der Abstandsregeln.

Das Verwaltungsgericht verbot die Zusammenkünfte. Begründung: Auch unter freiem Himmel könne es zu Ansteckungen kommen, außerdem sei mit einer „gemeinsamen Anreise“ sowie einem Wechsel der Teilnehmer zwischen den nah beieinander liegenden Kundgebungsorten an der Alster zu rechnen: „Bei lebensnaher Betrachtung ist zu befürchten, dass es zu Ansammlungen kommt und Hygieneabstände nicht immer eingehalten werden“, so die Richter.

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Räumung vor der Roten Flora

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Auch die Demo des „Roten Aufbaus“ und die Anmeldung der Anarchisten vom „Schwarz Roten 1. Mai“ wurden mit Verweis auf die Ansteckungsgefahr verboten. Das Bündnis „Wer hat, der gibt“ geißelt die „schräge Gewichtung“: „Für den Hamburger Senat, die Behörden und das Verwaltungsgerichten ist es offenbar unter dem Gesichtspunkt des Infektionsschutzes hinnehmbar, dass an Wochentagen der ÖPNV zu den Stoßzeiten aus allen Nähten platzt, aber nicht, dass am 01. Mai für wenige Stundenrelativ kleine Versammlungen unter freien Himmel stattfinden können.“

Laut Infektionschutzgesetz sind Demos nur mit Ausnahmegenehmigung und auch dann nur mit maximal 50 Personen zulässig.

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