Stinkefinger-Skulptur in Hamburg: Iran-Konsulat fühlt sich provoziert
Eine Faust, eine Hand mit Victory-Zeichen, ein Stinkefinger: Vor dem Konsulat der Islamischen Republik Iran in der Bebelallee (Winterhude) ist am Samstag eine Skulptur eingeweiht worden, die deutliche Kritik an dem Mullah-Regime in Teheran übt. Die Diplomaten hinter der Mauer fühlen sich provoziert.
Eine Faust, eine Hand mit Victory-Zeichen, ein Stinkefinger: Vor dem Konsulat der Islamischen Republik Iran in der Bebelallee (Winterhude) ist am Samstag eine Skulptur eingeweiht worden, die deutliche Kritik an dem Mullah-Regime in Teheran übt. Die Diplomaten hinter der Mauer fühlen sich provoziert.
Es ist der Ruf nach Freiheit, der am späten Samstagnachmittag über die Wiese gegenüber dem Konsulat schallt. Rund 300 Männer, Frauen und Kinder mit persischen Wurzeln haben sich versammelt, um die neue Skulptur einzuweihen. Sie singen: „Azadi, Azadi, Azadi“ (Freiheit), und in ihren Gesichtern wechseln sich Emotionen wie Trauer, Wut und Hoffnung ab.

Zwei Künstlerinnen aus Hamburg schaffen Skulptur als Zeichen des Widerstands gegen die Tyrannei
„Jinas Beet“ heißt die von zwei Künstlerinnen erschaffene Skulptur, die vielmehr ein Mahnmal sein soll. Benannt ist es nach der Studentin Jina Mahsa Amini, deren gewaltsamer Tod durch Regime-Schergen im September 2022 zu monatelangen Protesten im Iran selbst sowie der zahlreichen Exil-Gemeinden geführt hatte. Zwischen den sieben Beton-Händen, die alle Gesten des Widerstands ausdrücken, sind Samen gesät, aus denen bald weiße und rote Blumen wachsen sollen. Ein Beet in den Farben der iranischen Flagge.
„Samen, die einmal eingepflanzt worden sind, kann man nicht am Wachsen hindern. Man kann Menschen töten, aber Ideen sterben nicht. Die Samen der Freiheit sind in die Herzen des iranischen Volkes eingepflanzt, so wie die Pflanzen in ,Jinas Beet‘ wachsen“, heißt es in einem Statement der beiden Künstlerinnen, das von einer Aktivistin verlesen wird.

Die Künstlerinnen selbst wollen aus Sicherheitsgründen anonym bleiben. Niemand weiß, ob sich unter den Versammelten auf der Wiese auch Spione befinden. Und die Kamera an der Frontseite des Konsulats zeichnet ebenfalls auf, was dort geschieht. Die Macht des iranischen Geheimdienstes ist groß. Aktuell ist der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd akut von einer Hinrichtung bedroht. Der 68-Jährige war bei einer Zwischenlandung in Dubai von Agenten entführt und nach Teheran gebracht worden. Niemand weiß, wo das Regime als nächstes zuschlägt. Die Angst ist allgegenwärtig.
„Beleidigung“: Konsulat der Islamischen Republik Iran legt Beschwerde gegen das Mahnmal ein
Den Künstlerinnen ist aber vor allem wichtig, dass ihr Werk im Vordergrund steht und nicht sie selbst. „Wir können die Bilder nicht vergessen, in denen unglaublich mutige junge Frauen sich selbst fotografierten, wie sie in Schulen den Bildern Khomeinis und Khameneis den Mittelfinger zeigten“, heißt es in ihrem Statement. „Die Hände verkörpern die Kämpfer und Kämpferinnen im Iran, die durch die Kunst unsterblich werden.“ Das Beet sei ein Zeichen des Widerstands gegen die Tyrannei und Brutalität des Regimes und ein Symbol der Solidarität von Hamburg aus.

Für das Konsulat ist die Skulptur eine pure Provokation. Es hat beim Bezirksamt Hamburg-Nord Beschwerde gegen das (Wider–)Standbild auf öffentlichem Grund eingelegt – wegen „Beleidigung“. Weit kommen wird es damit jedoch nicht. Denn das Kunstwerk ist vom Bezirk nicht nur genehmigt, sondern auch finanziert worden – als Ergebnis eines interfraktionellen Antrags, dem sämtliche Parteien einstimmig zugestimmt haben.
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Ein halbes Jahr darf „Jinas Beet“ dort an der Bebelallee stehen. „Wir werden nach sechs Monaten eine Verlängerung beantragen“, verspricht Angelika Traversi, Vorsitzende der Linksfraktion im Bezirk Nord. Und die beiden Künstlerinnen erklären: „Wir wollen, dass diese Skulptur für immer hierbleibt. So lange, bis sie hier abgebaut und auf der anderen Straßenseite im Hof des Konsulats wieder aufgebaut wird. Im Konsulat eines freien Iran.“