Ständige Verstöße gegen Nachtflugverbot: Was ist am Flughafen los?
Nach 23 Uhr starten oder landen – das ist am Helmut-Schmidt-Flughafen nur in Ausnahmen erlaubt. Zu laut dröhnen die Triebwerke sonst über die Köpfe von Tausenden Hamburgern und Schleswig-Holsteinern. Doch nun ergab eine Anfrage der Linken: Die nächtlichen Flüge sind so häufig, dass von einer Ausnahme keine Rede mehr sein kann.
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Nach 23 Uhr starten oder landen – das ist am Helmut-Schmidt-Flughafen nur in Ausnahmen erlaubt. Zu laut dröhnen die Triebwerke sonst über die Köpfe von Tausenden Hamburgern und Schleswig-Holsteinern. Doch nun ergab eine Anfrage der Linken: Die nächtlichen Flüge sind so häufig, dass von einer Ausnahme keine Rede mehr sein kann.
Hunderte Mal im Jahr donnern Flugzeuge nachts über Hamburg, dabei gilt ab 23 Uhr auch am Flughafen Ruhe. Die meisten Starts zur Schlafenszeit gehen auf das Konto zweier Billig-Airlines.
Hamburger Flughafen: Sonderregeln für Flüge nach 23 Uhr
Bis Mitternacht dürfen Flieger nur dann starten oder landen, wenn ihre Verspätung als „unvermeidbar“ betrachtet wird, danach nur noch in Notfällen. Wenn es sich um einen medizinischen Hilfsflug handelt, zum Beispiel. Oder hoheitliche Stellen, wie die Polizei oder das Militär, fliegen wollen. Linienmaschinen brauchen eine Sondergenehmigung.
In der Realität sind die späten Flüge aber keine Ausnahmen: Die Senatsantwort auf eine Anfrage der Linken ergab, dass über die Sommermonate in 87 der 94 betrachteten Betriebsnächten 453 Linien- und Touristikflüge zwischen 23 und 6 Uhr gingen – das sind im Schnitt fünf Flieger pro Nacht. Die allermeisten starten oder landeten vor 0 Uhr. Doch auch nach Mitternacht wurden für 15 Linienflüge Ausnahmen gemacht. Eigentlich wurden 550 verspätete Flüge im gesamten Jahr 2022 erwartet – doch diese Anzahl wurde schon Mitte August erreicht.
Hamburger Linke: „Nachtflüge mit Gesundheit der Bevölkerung unvereinbar”
„So viele Landungen nach 23 Uhr sind mit einem Stadtflughafen und der Gesundheit der Bevölkerung unvereinbar“, findet Stephan Jersch (Linke). „Es ist, als wären die verschiedenen Pläne zur Fluglärmreduzierung an Corona gestorben.“ Er fordert, alle Starts nach 23 Uhr für Linien- oder Tourismusflüge als vermeidbar einzustufen und nicht zu genehmigen. „Das träfe vor allem zwei Billigflieger, die knapp 99 Prozent dieser Starts durchführten.”
Denn bei den besonders lauten Starts führten Ryanair mit 42 und easyJet mit 31 Fällen das Feld an. Für die etwas leiseren Landungen nach 23 Uhr war Eurowings (mit 190) am häufigsten verantwortlich. Darauf folgten Lufthansa (56) und Condor (52).
Hamburger Senat: „Außergewöhnliche Gesamtsituation”
Der nächtliche Flugbetrieb ist immer wieder Thema: 2017 unterzeichneten fast 15.000 Hamburger die BUND-Volkspetition „Nachts ist Ruhe“ und forderten ein konsequentes Nachtflugverbot ab 22 Uhr – vergeblich. 2018 gab es einen speziellen Luftverkehrsgipfel, um Abläufe anzupassen. War das alles für die Katz?
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Die Prozesse seien verbessert worden, so der Senat, aber die Situation sei außergewöhnlich: Der europäische Luftverkehr laufe nach der Pandemie erst wieder an und könne mit der sprunghaft gestiegenen Nachfrage nicht Schritt halten. Besonders der Personalmangel bei der Sicherheitskontrolle sei ein Problem. Und auch der Krieg in der Ukraine wirke sich auf den Luftraum aus.
Airport in Hamburg sieht kaum Einflussmöglichkeiten
Die drei Hauptgründe für die Verspätungen: Rotationsbedingte Verspätungen (also Verspätungen, die sich bei einer Maschine über den Tag summieren; 41 Prozent), Luftraumbeschränkungen (21 Prozent) und Sicherheitskontrollen (7 Prozent).
Der Hamburger Flughafen selbst sieht wenig Handlungsspielraum: „Die Zahl an Verspätungen ist ein Spiegel der branchenweiten Entwicklungen im Luftraum“, sagte eine Sprecherin zur MOPO. Fluggesellschaften würden gezielt angesprochen, wenn Verspätungen durch eine andere Planung reduziert werden könnten. Zudem würden Airlines Flüge streichen.