• Foto: Erich Kauth-Kokshoorn

Stadt will über 100 Jahre alte Bäume fällen : Hamburger Anwohnerin bindet sich an Linde

Hamburg-Billstedt –

Seit 1899 soll es die 13 Linden im Spökelbarg geben – das erzählt Erich Kauth-Kokshoorn. Er wohnt dort schon seit fast 40 Jahren. Vergangenen Montag wurden zwei der Bäume gefällt. Bevor der Dritte gefällt werden konnte, band sich eine Anwohnerin daran fest.

Mit ihrer Aktion hat Verena G. die Baumfällungen fürs erste gestoppt. Anwohner Kauth-Kokshoorn erklärt der MOPO, dass anschließend die Polizei kam, Namen aufnahm und das Gespräch mit den Anwohnern suchte. Er fühle sich von den Verantwortlichen betrogen, es habe an Kommunikation gemangelt.

Anwohner rechneten nicht mit Fällung

„Die Bäume waren kerngesund, haben auch das Orkantief ‚Sabine‘ überstanden“, sagt Kauth-Kokshoorn. Letzte Woche seien dann Schilder aufgestellt worden: Parkverbot – wegen Baumarbeiten. Das habe man bereits aus der Vergangenheit gekannt. Damals wurden allerdings die Bäume gepflegt, etwas zugeschnitten und morsches Holz entfernt. Dass die Bäume komplett verschwinden sollen, habe keiner gewusst. Der Anwohner beschwert sich: „Auf dem Schild stand Baumarbeiten, nicht Baumfällung oder Fällarbeiten.“

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Am vergangenen Montagmorgen habe sich dann seine Nachbarin bei ihm gemeldet: „Die schneiden die Bäume nicht, die fällen die!“ Die ersten beiden Linden seien da bereits weg gewesen, bei der dritten habe sich Verena G. noch rechtzeitig an der Linde festgebunden. Später soll sogar Frank Ramlow von der SPD vorbeigekommen sein. 

Linden sollen Platz für Gehweg machen

Wie sich herausstellte, hat das Bezirksamt Hamburg-Mitte die Bäume zur Verkehrssicherheit fällen wollen. Eine Sprecherin des Amts teilte mit: „Die Gehwegoberflächen sind aktuell nicht verkehrssicher. Besonders betroffen ist die Gehwegseite der westlichen Fahrbahnseite der Einbahnstraße. Diese stellt aktuell eine akute Unfallgefahrenlage für Fußgänger und Rollator-Nutzer dar.“ Das gehe aus einer Feststellung der Polizei hervor.

Bereits seit 2017 sei das Projekt in Planung. Anfang 2019 sei es dann beschlossen worden: „Die nicht mehr nutzbare westliche Gehwegfläche soll entsiegelt und auf der östlichen Fahrbahnseite die Bäume entfernt werden, um so den östlichen Gehweg verkehrssicher wiederherzustellen.“ Dazu wurde bei einer Bezirksversammlung der Plan vorgelegt, im Spökelbarg zehn Linden zu fällen.

„In dieser Straße hat es in 38 Jahren keinen Personenschaden gegeben“, so Kauth-Kokshoorn – Verkehrssicherheit sei nicht das Problem. Nur einmal habe es dort gekracht, angeblich sei damals ein betrunkener Autofahrer in zwei parkende Autos gefahren. Das wäre aber schon vor vielen Jahren gewesen. Es ginge stattdessen um „Muttis, die da mit dem Kinderwagen Probleme haben. Das stimmt auch“, führt er aus.

Vorschlag der Anwohner – gibt es eine Chance?

Daher habe er sich zusammen mit rund 35 weiteren Anwohnern im August 2019 dafür ausgesprochen, dass die Straße zu einem verkehrsberuhigten Bereich gemacht werden soll. Dadurch würden die Bäume kein Problem darstellen und Kinderwägen und Rollatoren hätten ausreichend Platz. Ob der Vorschlag überhaupt richtig zur Kenntnis genommen wurde, sei unklar.

Zwei der Linden im Spökelbarg konnten nicht gerettet werden.

Zwei der Linden im Spökelbarg konnten nicht gerettet werden. Die Zukunft der restlichen Bäume bleibt vorerst ungewiss.

Foto:

Kauth-Kokshoorn

Für Kauth-Kokshoorn ist das gerade in Zeiten von Klima- und Umweltschutzdebatten ein Unding. „Umweltschutz ist irgendwie noch nicht richtig in der Verwaltung angekommen“, sagt er. Jemand müsse sich gegen solche Maßnahmen zur Wehr setzen. „Die Bäume haben keine Lobby, die sind zwar auf ihre Weise stark, aber manchmal halt auch schwach“, führt er weiter aus.

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„Die Fällung der Bäume ist aktuell ausgesetzt. Wir prüfen das weitere Vorgehen und werden erneut den Dialog suchen“, so die Sprecherin des Bezirksamts. Etwas Hoffnung für die Bäume und die Anwohner – möglicherweise kommt man mit Kauth-Kokshoorn und Co. doch noch auf einen Nenner. In letzter Zeit sind bereits viele Bäume aus Hamburg verschwunden. Vielleicht bleibt den Linden im Spökelbarg dieses Schicksal ja doch erspart.

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