Milliarden-Monopoly: Ein Immobilien-Spekulant im MOPO-Verhör
Er ist ein echter Angeber, ein Lautsprecher und so etwas wie das Gesicht der deutschen Immobilienbranche. Christoph Gröner hat sich einmal als die „Nummer eins auf dem deutschen Immobilienmarkt“ bezeichnet und 2018 angekündigt, allein in Hamburg mal eben 3500 Wohnungen bauen zu wollen. Und heute? Sieht es eher danach aus, dass es kaum 300 Wohnungen werden, die Herr Gröner hier fertigstellen wird. Die MOPO traf den 53-Jährigen auf einem Richtfest in Bahrenfeld.
Tough ist er ja, der umstrittene Immobilienmogul. Direkt aus dem Operationssaal eilte er zur Bahrenfelder Chaussee, um am Richtfest für sein „Bahrenfelder Carrée“ teilzunehmen. 289 Wohnungen sollen hier im kommenden Jahr bezugsfertig sein. Davon allerdings gerade mal 60 gefördert, also bezahlbar. Es ist das allererste Projekt, das der 53-jährige Unternehmer in Hamburg tatsächlich fertigstellt. Bei vier anderen Hamburger Bauprojekten blieb es bei vollmundigen Ankündigungen.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Er ist ein echter Angeber, ein Lautsprecher und so etwas wie das Gesicht der deutschen Immobilienbranche. Christoph Gröner hat sich einmal als die „Nummer eins auf dem deutschen Immobilienmarkt“ bezeichnet und 2018 angekündigt, allein in Hamburg mal eben 3500 Wohnungen bauen zu wollen. Und heute? Sieht es eher danach aus, dass es kaum 300 Wohnungen werden, die Herr Gröner hier fertigstellen wird. Die MOPO traf den 53-Jährigen auf einem Richtfest in Bahrenfeld.
Tough ist er ja, der umstrittene Immobilienmogul. Direkt aus dem Operationssaal eilte er zur Bahrenfelder Chaussee, um am Richtfest für sein „Bahrenfelder Carrée“ teilzunehmen. 289 Wohnungen sollen hier im kommenden Jahr bezugsfertig sein. Davon allerdings gerade mal 60 gefördert, also bezahlbar. Es ist das allererste Projekt, das der 53-jährige Unternehmer in Hamburg tatsächlich fertigstellt. Bei vier anderen Hamburger Bauprojekten blieb es bei vollmundigen Ankündigungen.
Dabei hatte Gröner 2018 hier bei einer Pressekonferenz unter dem Titel „Gemeinsam für den Hamburger Mietwohnungsmarkt“ eine eindeutige Ansage gemacht und versprochen, bis 2026 in der Hansestadt genau 3400 Wohnungen im Wert von fast zwei Milliarden Euro zu bauen. Damals bekräftigte Gröner in der „Welt“ dieses Versprechen: „Wenn wir etwas anfangen, bringen wir es auch zu Ende.“ Tatsächlich? Ist es nicht eher so, dass sein Geschäftsmodell so ausschaut: Konkurrenten überbieten und den Kommunen tolle Versprechungen machen. Wenn der Immobiliendeal gelaufen ist, geschieht lange gar nichts mehr. Dann wird irgendwann weiterverkauft und ein schöner Spekulationsgewinn eingestrichen.
Unternehmer Gröner wortreich – trotz Stimmband-Operation
Jetzt steht der Mann, der dieses Metier meisterhaft beherrscht, in Bahrenfeld im Rohbau in einer zugigen Halle und sagt: „Ich kann kaum sprechen, wurde an den Stimmbändern operiert.“ Und dann redet er doch und auch für die MOPO hat er ein paar Minuten Zeit. Wir hatten in der Redaktion schon früh Zweifel an den Ankündigungen Gröners und baten bereits 2019 um ein Interview. Doch Gröner wollte nicht, lud stattdessen einen als eher unkritisch bekannten Lokaljournalisten nach Berlin ein. Der schrieb dann seinen sehr freundlichen Text über Gröners Erfolgsgeschichte. Erneut kündigte Gröner dem Kollegen gegenüber an, in Hamburg „zahlreiche Großprojekte“ realisieren zu wollen. Das war 2019. Und nun?
Obwohl gesundheitlich angeschlagen, sprüht Gröner im Gespräch mit der MOPO vor Energie. Der Mann kann reden, wohl auch Menschen für sich gewinnen. Doch was ist von seinen wolkigen Ankündigungen zu halten? Wir fragen nach den Bauprojekten, die er vor drei Jahren hier so dynamisch angekündigt hatte: „Neuländer Quarree“ in Harburg, Billwerder Neuer Deich an den Elbbrücken, das „Holsten-Quartier“ auf dem alten Gelände der Holsten Brauerei in Altona und das „Neue Korallusviertel“ in Wilhelmsburg. Das mit rund 100 Millionen Euro Investment mit Abstand kleinste Projekt steht nun in Bahrenfeld tatsächlich vor der Fertigstellung. Und die anderen, Herr Gröner?
Gröner kritzelt neues Geschäftsmodell auf Stück Papier
Es folgt ein Wortschwall und dann zeichnet Gröner mit flottem Strich sein aktuelles Geschäftsmodell kaum entzifferbar auf ein Blatt Papier, hinterlässt den Reporter ratlos. Man kann seine Aussagen so zusammenfassen: Er führe aktuell das erst 2020 gegründete Unternehmen „CG Elementum“, berichtet Gröner. Er sei aus anderen ehemals planenden Unternehmen ausgeschieden. Oder die Stadt habe gewisse Planungsvorgaben nicht eingehalten. Das Ganze gipfelt in der Aussage. „Ich hätte mir von Herzen gewünscht, mit Hochgeschwindigkeit loszulegen.“
Man kann seine Version glauben oder vielleicht einfach vermuten, dass hier Immobilienspekulation auf ganz hohem Niveau betrieben wird. Ja, bei diesem bundesweiten Monopoly-Spiel geht es um Milliarden. 2018 hatte Gröner erklärt, sein Immobilienportfolio habe einen Umfang von annähernd zehn Milliarden Euro. Beispiel Holsten-Quartier: Das Areal an der Holstenstraße kaufte Gröner für 150 Millionen und dann wurde es unter den Augen einer naiven Verwaltung mehrfach weiterverscherbelt – zuletzt für 320 Millionen an die umstrittene und ins Schlingern geratene Adler Group (MOPO berichtete). Mit der hat Gröner natürlich nicht mehr das Geringste zu tun. Und gebaut wurde bis heute nichts.
Gröner sammelte als Kind Fahrräder aus dem Sperrmüll
Um die Person Gröner zu verstehen, lohnt es sich, seinen Werdegang zu betrachten. Nach eigener Angabe habe er schon als Schüler eigenes Geld verdient, indem er Fahrräder aus dem Sperrmüll sammelte, sie reparierte und dann auf dem Flohmarkt verkaufte. Bereits mit 21 machte sich Gröner selbstständig, gründete 1989 in Karlsruhe eine Firma für Bauhilfsdienste. Er folgte 1995 ein Bauunternehmen und erste erfolgreiche Projekte in Leipzig. Dann 2010 der Umzug nach Berlin nach Gründung der „CG-Gruppe“ und der Beginn einer bundesweiten Tätigkeit mit derzeit angeblich 900 Mitarbeitern. 2016 ging das Unternehmen an die Börse. Gröner sagt: „Mit ist nichts in den Schoß gefallen.“ Tatsächlich hat der Unternehmer, dessen Privatvermögen auf 80 Millionen Euro geschätzt wird, nicht wie andere Superreiche etwas geerbt.
Mehr Samstag. Mehr Sonntag. Mehr MOPO!
Unsere extra-dicke MOPO AM WOCHENENDE hat es in sich: Auf 64 Seiten gibt’s aktuelle News, packende Reportagen, spannende Geschichten über Hamburgs unbekannte Orte und die bewegte Historie unserer Stadt, die besten Ausgehtipps für’s Wochenende, jede Menge Rätsel und vieles mehr. Die MOPO AM WOCHENENDE: Jeden Samstag und Sonntag für Sie am Kiosk – oder ganz bequem im Abo unter MOPO.de/abo
Doch die Kritik an seinem Auftreten wächst trotzdem. Bundesweit gibt es diverse Projekte, die Gröner wie in Hamburg einmal groß angekündigt hat und bei denen bis heute nichts geschehen ist. Dazu kommen Aussagen von Gröner in einer TV-Reportage, dass er in seinem Business das Geld aus dem Fenster schmeißen könne, es komme dann aber zur Tür wieder rein.
Das könnte Sie auch interessieren: Meterhohe Flammen – Auto in Hamburg brennt aus
Heute bereut Gröner vermutlich dieses prahlerische Auftreten, sagt aber seinen Kritikern: „Die, die nun über mich herziehen, haben nicht das geschafft, was ich geschafft habe …“ Und er legt noch einen drauf: „Da werden böswillig Gerüchte gestreut und dummes Zeug erzählt.“ Christoph Gröner hat vor Kurzem einen Berater engagiert: den Altkanzler Gerhard Schröder (77). Er wolle das „Netzwerk“ des Politikers nutzen, so der Unternehmer.
Mit den üblichen Dankesworten an Handwerker und Planer beendet Gröner das Richtfest des Bahrenfelder Carrées. Die Menschen prosten sich mit Sekt oder O-Saft zu. Die MOPO bekommt einen Pressetext gemailt. Dort wird Christoph Gröner zitiert, er freue sich sehr, dass die „dringend benötigten Wohnungen“ in Bahrenfeld nun fertig werden, und weiter: „Grundstücke wie dieses werden viel zu oft spekulativ gehandelt, anstatt zu bauen. Dadurch ist den Menschen nicht geholfen, die eine Wohnung suchen.“ Das sagt genau der Richtige.