Spargelpreise im Norden: „Sind die Bauern verrückt geworden?“
Ein Spargelstand auf einem Supermarktparkplatz in Wedel, angeboten wird Spargel aus der Nordheide. 27 Euro kostet ein Kilo geschälter „dicker“ Spargel. Die Kategorie „Krumm“ gibt es für 21,30 Euro. Die Passanten gucken ungläubig: „27 Euro? Sind die verrückt geworden?“, fragt eine Frau. Ein Mann gibt sich sichtlich einen Ruck: „Komm, ist Ostern“, sagt er zu seiner Frau und wählt ein Kilo „Krumme“.
Die bleichen Stangen waren immer ein luxuriöses Saisongemüse, aber in diesem Frühjahr müssen Feinschmecker gefühlt besonders viel für das „weiße Gold“ auf dem Teller bezahlen – und daran ist nicht nur der Mindestlohn schuld. Ein Spargelbauer wagt einen düsteren Blick in die Zukunft des deutschen Spargels.
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Die ganze Welt ist wie verhext, Veronika, der Spargelpreis wächst..! Die bleichen Stangen waren immer ein luxuriöses Saisongemüse, aber in diesem Frühjahr müssen Feinschmecker gefühlt besonders viel für das „weiße Gold“ auf dem Teller bezahlen – und daran ist nicht nur der Mindestlohn schuld. Ein Spargelbauer wagt einen düsteren Blick in die Zukunft des deutschen Spargels.
Ein Spargelstand auf einem Supermarktparkplatz in Wedel, angeboten wird Spargel aus der Nordheide. 27 Euro kostet ein Kilo geschälter „dicker“ Spargel. Die Kategorie „Krumm“ gibt es für 21,30 Euro. Die Passanten gucken ungläubig: „27 Euro? Sind die verrückt geworden?“, fragt eine Frau. Ein Mann gibt sich sichtlich einen Ruck: „Komm, ist Ostern“, sagt er zu seiner Frau und wählt ein Kilo „Krumme“.
Der Stand ist vom Hof Oelkers in Wenzendorf (Landkreis Harburg): „Ja, der Preis klingt hoch“, sagt Bernd Oelkers zu MOPO: „Aber ungeschält kostet das Kilo derzeit 18,90 Euro, das entspricht ungefähr dem Preis von Ostern 2021.“
Verrückt geworden sind die Spargelbauern nicht, erklärt Oelkers, und fängt sofort an, vorzurechnen, wie sich der Anbau des Edelgemüses Knall auf Fall verteuert hat: „Eine Rolle Folie hat bisher 300 Euro gekostet, jetzt kostet die 500 Euro.“
Darum wird deutscher Spargel immer teurer
Die schwarz-weiße Thermofolie wird über die Spargelhügel gelegt, damit sich die Erde erwärmt, darüber kommen zusätzlich Tunnel aus transparenter Folie: „Die Folien halten zwar mehrere Jahre“, sagt der Spargelbauer, „aber einen Teil müssen wir jedes Jahr ersetzen.“ Allein die neuen Folien schlagen mit bis zu 3000 Euro zusätzlich pro Hektar zu Buche.
Nächster Kostenpunkt: Die Akkus der „Spargelspinnen“, jener Maschinen, die die Folien anheben, damit die Spargelstecher weniger Mühsal haben. „Die Akkus muss man nach zwei, drei Jahren erneuern und statt 300 Euro kosten eins derzeit fast 600 Euro.“
Dann kommt der verdoppelte Dieselpreis, unter dem derzeit die ganze Republik ächzt: „Da brauchen wir pro Saison allein 30.000 Liter nur für den Spargel, von den Fahrten zu den Feldern bis zum Transport des Spargels zu den Verkaufsstellen.“
Spargelbauern leiden unter Preisexplosion
An den Spargelständen wartet schon die nächste Preisexplosion: „Die Verpackungstüten kommen aus China und haben bisher zwei Cent gekostet, jetzt 17 Cent.“ Globalisierung heißt: Wenn Shanghai seinen Hafen dicht macht, merkt man das in den Spargelhütten auf deutschen Supermarktparkplätzen.
Bei all dem ist der Mindestlohn noch gar nicht mit eingerechnet: „Für den aktuellen Mindestlohn von 9,82 Euro bekommt man ohnehin keine guten Spargelstecher“, sagt Oekers: „Wir zahlen jetzt schon über zehn Euro. Aber wenn der Mindestlohn im Herbst auf 12 Euro steigt, dann bekommen wir ein echtes Problem.“
Die gute Nachricht: Der Kilopreis für ungeschälten deutschen Spargel wird im Direktverkauf demnächst auf rund 15,90 Euro sinken, weil jeden Tag mehr geerntet werden kann. In der Saison 2021 kostete das Kilo Spargel beim Direktvermarkter im Schnitt 12 Euro, in der Hochsaison der Ernte gar nur sechs, sieben Euro. Das wird in diesem Jahr nicht passieren, so Oelkers‘ Prognose: „Unter neun Euro kann in diesem Jahr kein deutscher Spargelbauer gehen.“
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Das Fazit des Landwirts ist verheerend: „Ich habe die Zukunft für den deutsche Spargel noch nie so dunkel gesehen. Diese arbeitsintensiven Sonderkulturen wird es immer weniger geben. In Polen und Rumänien liegt der Mindestlohn bei drei, vier Euro, und der Spargel ist schnell in Deutschland. Dagegen kommen wir nicht an.“ Er selbst hat seine Spargelhügel zum größten Teil schon eingeebnet: „Vor drei Jahren hatten wir noch 50 Hektar, inzwischen nur noch 18.“