Sozialwohnungs-Mangel: Hamburg verpulvert Millionen für zu hohe Mieten
Wer in Hamburg Bürgergeld bekommt, für den übernimmt die Stadt in der Regel die Miete – und auch Menschen mit kleinem Einkommen können einen Zuschuss in Form von Wohngeld beantragen. Eine neue Studie des Pestel-Instituts zeigt jetzt: Die Stadt Hamburg ist gezwungen, Mieten zu zahlen, die deutlich über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Wohnungsverbände sprechen von klarem Missmanagement – laut Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) schneidet sich der Mieterbund mit dieser Studie aber ins eigene Fleisch.
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Wer in Hamburg Bürgergeld bekommt, für den übernimmt die Stadt in der Regel die Miete – und auch Menschen mit kleinem Einkommen können einen Zuschuss in Form von Wohngeld beantragen. Eine neue Studie des Pestel-Instituts zeigt jetzt: Die Stadt Hamburg ist gezwungen, Mieten zu zahlen, die deutlich über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Wohnungsverbände sprechen von klarem Missmanagement – laut Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) schneidet sich der Mieterbund mit dieser Studie aber ins eigene Fleisch.
In Auftrag gegeben wurde die Studie vom Bündnis „Soziales Wohnen“, einem Zusammenschluss des Deutschen Mieterbundes, der IG Bau sowie der Caritas Behindertenhilfe. Demnach hat Hamburg seine Hausaufgaben auf den ersten Blick sogar besser gemacht als die anderen Bundesländer: Im Vergleich zu 2017 nahm der Bestand an günstigen Sozialwohnungen in der Hansestadt zu, während er in Deutschland ansonsten stark rückläufig war.
So viele Sozialwohnungen gibt es aktuell in Hamburg
81.006 Sozialwohnungen zählten die Studienautoren in Hamburg im Jahr 2022, das sind 4694 weniger, als es aus ihrer Sicht eigentlich sein müssten. Zum Vergleich: Bremen fehlen demnach 10.245 günstige Wohnungen, Berlin sogar 131.343.
Allerdings: Weil es eben auch in Hamburg zu wenig Sozialwohnungen und viel zu wenig günstige frei finanzierte Wohnungen gibt, ist die Stadt nach Angaben der Studie dazu gezwungen, eine überdurchschnittlich hohe Miete für diejenigen zu zahlen, die eine Unterstützung erhalten. Beispielhaft musste die Hansestadt im Juni 2022 durchschnittlich 12,17 Euro pro Quadratmeter zahlen – das waren 24 Prozent mehr als die damalige ortsübliche Vergleichsmiete in Höhe 9,29 Euro.
Bündnis wirft dem Staat „Missmanagement“ bei Sozialbau vor
Der Vorsitzende der IG Bau, Robert Feiger, wirft dem Staat ein „Missmanagement“ beim Umgang mit sozialem Wohnraum vor. „Er zahlt lieber – oft viel zu hohe – Mieten an die Vermieter, anstatt intensiv in den Bau von Sozialwohnungen zu investieren“, sagte er. Damit schnellten die Sozialausgaben des Staates nach oben. Gewinner seien die Vermieter, die immer höhere Mieten auf dem Markt durchsetzen könnten. Die Forderung: Mehr Geld in den Bau von günstigen Wohnungen stecken, damit weniger Menschen auf die Unterstützung angewiesen seien.
Nach Stand von August 2023 beziehen in Hamburg 188.227 Menschen Bürgergeld, dazu kommen aktuell 24.328 Hamburger Haushalte, die einen Zuschuss für ihre Heizkosten und Miete erhalten. Dieser beträgt durchschnittlich 370 Euro pro Monat. Seit der Reform des Wohngeldes vor einem Jahr, nach der deutlich mehr Menschen Anspruch darauf haben, hat sich die Anzahl der bedachten Haushalte mehr als verdoppelt.
Hamburger Wohngeld wurde vor einem Jahr reformiert
Aus Sicht von Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD), die am Dienstag zusammen mit Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) Bilanz zum Wohngeld in der Hansestadt zog, schneiden sich die Auftraggeber der Studie ins eigene Fleisch. „Ich kann die Kritik für Hamburg absolut nicht nachvollziehen“, sagte sie. „Wir haben einen Etat von 750 Millionen Euro, von dem 113 Millionen Euro ins Wohngeld investiert werden. Das bedeutet, dass der Bau von günstigen Wohnungen ganz klar unsere erste Priorität ist. Trotzdem müssen wir ja weiterhin diejenigen unterstützen, die die Kosten nicht stemmen können.“
Anke Frieling, Bauexpertin der Hamburger CDU, schlägt währenddessen in die gleiche Kerbe wie die Studien-Autoren: „Selbstverständlich ist es gut, dass Menschen in einer Notsituation finanzielle Unterstützung erhalten. Grundsätzlich bedeutet es doch aber, dass es viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum in Hamburg gibt“, sagte sie.
Bezogen wird das Wohngeld hauptsächlich von Rentnern, Alleinerziehenden und Familien mit zwei Kindern. Die Höhe ist nach der Anzahl der Haushaltsmitglieder, des Wohnraums und des Einkommens festgelegt.
Zuständig ist die Zentrale Wohngeldstelle, die künftig auf die einzelnen Bezirke aufgeteilt wird. Anträge können online, per Post, persönlich oder per E-Mail eingereicht werden. Formulare, Hintergründe und Informationen gibt es online oder über die Hotline 42828-6000.