Sollten wir Antisemiten nicht einfach konsequent abschieben, Herr Abaci?
Viele in Deutschland reiben sich verwundert die Augen: Die Terrorangriffe der Hamas auf Israel haben ans Licht gebracht, wie viel Antisemitismus sich in unserem Land inzwischen wieder angesammelt hat. Da werden die Taten der islamistischen Terroristen bejubelt und gleichzeitig gehen Israel-Fahnen in Flammen auf. Und das auf deutschen Straßen! Die MOPO fragt Kazim Abaci (58), den migrationspolitischen Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion: Sollten wir Antisemiten nicht konsequent abschieben?
Kazim Abaci: Zunächst möchte ich feststellen, dass nicht jeder Muslim ein Antisemit ist. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber ich möchte das trotzdem betonen, weil es da gerade eine Tendenz zur Pauschalisierung gibt. Richtig aber ist: Die deutsche Politik hat lange Zeit nicht thematisiert, dass Antisemitismus ein Phänomen ist, das es nicht allein unter deutschen Rechtsextremisten gibt, sondern auch unter muslimischen Einwanderern. Es gab auch einen Grund, warum das Thema nicht so hoch gehängt wurde: Dahinter steckte die Sorge, dass ...
Viele in Deutschland reiben sich verwundert die Augen: Die Terrorangriffe der Hamas auf Israel haben ans Licht gebracht, wie viel Antisemitismus sich in unserem Land inzwischen wieder angesammelt hat. Da werden die Taten der islamistischen Terroristen bejubelt und gleichzeitig gehen Israel-Fahnen in Flammen auf. Und das auf deutschen Straßen! Die MOPO fragt Kazim Abaci (58), den migrationspolitischen Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion: Sollten wir Antisemiten nicht konsequent abschieben?
Kazim Abaci: Zunächst möchte ich feststellen, dass nicht jeder Muslim ein Antisemit ist. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber ich möchte das trotzdem betonen, weil es da gerade eine Tendenz zur Pauschalisierung gibt. Richtig aber ist: Die deutsche Politik hat lange Zeit nicht thematisiert, dass Antisemitismus ein Phänomen ist, das es nicht allein unter deutschen Rechtsextremisten gibt, sondern auch unter muslimischen Einwanderern. Es gab auch einen Grund, warum das Thema nicht so hoch gehängt wurde: Dahinter steckte die Sorge, dass rechte Parteien wie die AfD es nutzen könnten, um Stimmung gegen Einwanderer generell zu machen. Das Thema nicht von vornherein deutlich angesprochen zu haben, war aus meiner Sicht ein Fehler. Antisemitismus muss bekämpft werden, egal, ob er von Deutschen oder von Fremden ausgeht.
MOPO: Wie schaffen wir es denn jetzt, aus Israel-Hassern Israel-Freunde zu machen?
Da müssen viele Dinge parallel geschehen. Um vorweg eins klarzumachen: Die israelische Regierung und ihre Politik, beispielsweise ihre Siedlungspolitik, zu kritisieren, ist völlig okay. Das tue ich auch. Aber Israels Existenzrecht in Frage zu stellen, ist klar antisemitisch, und das nehmen wir nicht hin. Bei einem Einwanderer, der Israel-Fahnen verbrennt und der die Hamas beklatscht, müssen wir uns die Frage stellen, ob der in unserem Land richtig aufgehoben ist und ob wir ihn wirklich bei uns dulden wollen.
Also abschieben?
Ich bin auf jeden Fall dafür, dass jemand, der durch Israel- bzw. Judenhass aufgefallen ist, keinesfalls die Chance bekommt, eingebürgert zu werden. Und ja, im äußersten Fall muss auch geprüft werden, ob solch ein Einwanderer seine Aufenthaltserlaubnis ganz einbüßt. Allerdings: Wenn ich mir ansehe, wer bei uns gegen Israel auf die Straße geht, dann stelle ich fest: Es sind viele Menschen mit Migrationshintergrund darunter, die in Deutschland geboren sind, und so jemanden können wir gar nicht ausweisen. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir präventiv mehr machen: Jedes zweite Kind an unseren Schulen kommt aus einer Zuwandererfamilie. Hier müssen wir ansetzen und müssen im Unterricht den Themen Rassismus, Nationalsozialismus und Antisemitismus breiteren Raum geben.
Die Frage ist nur, ob das wirklich was bringt – wenn gleichzeitig islamische Gemeinden hier in Hamburg gegen Israel hetzen und die Taten der Hamas glorifizieren. Vor wenigen Tagen hat Ali Erbas, Präsident der türkischen Religionsbehörde Diyanet, der ja gleichzeitig Chef der Ditib ist, die Anschläge der Hamas nicht nur nicht verurteilt, sondern in einer Predigt Allah sogar um Hilfe gebeten für die „unterdrückten palästinensischen Brüder, die vor den Augen der ganzen Welt massakriert werden“. Israel bezeichnete er in derselben Predigt als „rostigen Dolch im Herzen der muslimischen Geographie“. Wenn der Ditib-Chef so etwas sagt, dann müssen wir uns doch nicht wundern, wenn Israel-Fahnen brennen.
„Wer das Existenzrecht Israels in Frage stellt, handelt dem Geist des Staatsvertrags zuwider“
Das ist richtig. Und tatsächlich haben wir das Problem, dass viele islamische Gemeinden in Hamburg in der Hamas immer noch keine Terrororganisation sehen, sondern eine Widerstandsbewegung. Und deshalb tun sich die Gemeinden so schwer, sich von den Taten der Hamas zu distanzieren.
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Aber Hamburg hat doch einen Staatsvertrag mit der Schura, dem Rat der Islamischen Gemeinschaften, und der Ditib. Wäre es nicht konsequent, wenn die Stadt diesen Vertrag kündigt angesichts des offen zur Schau gestellten Antisemitismus?
Ich glaube, ihn zu kündigen, ist nicht der richtige Weg. Denn so lange wir diesen Vertrag haben, gibt er uns die Möglichkeit, Einfluss auf die Gemeinden zu nehmen. Das tun wir bereits, wir müssen es aber noch intensiver tun. Wir müssen uns mit den Gemeinden zusammensetzen und ihnen sagen: Wer das Existenzrecht Israels in Frage stellt und wer sich nicht klar gegen Antisemitismus in unserem Land positioniert, handelt dem Geist des Staatsvertrages zuwider.
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„Das Islamische Zentrum Hamburg muss geschlossen werden – das sehen alle Demokraten so“
Zum Schluss will ich noch auf das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) zu sprechen kommen: Wann endlich wird die Blaue Moschee geschlossen? Worauf wartet die Politik da noch?
Das IZH ist der verlängerte Arm des Mullah-Regimes in Teheran und es ist meine klare Position, dass es geschlossen werden muss. Ich gehe davon aus, dass alle anderen demokratischen Parteien in der Bürgerschaft das genauso sehen. Zuständig allerdings ist die Bundesregierung. Wir sind ein Rechtsstaat und auch das Schließen eines solchen Vereins muss nach rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgen. Das dauert seine Zeit. Wir hoffen aber, dass der Prozess beschleunigt werden kann. Das IZH ist klar antisemitisch, es organisiert Demonstrationen gegen Israel und schüchtert auch hier bei uns in Hamburg Regimegegner ein. Das können wir nicht länger hinnehmen. Ich habe schon vor langer Zeit vor dem IZH gewarnt. Nun muss endlich was passieren.